Kris Longknife: Die Rebellin: Roman (German Edition)
und war nicht besonders glücklich. Schlafpfeile eröffneten die Möglichkeit, erst alle niederzuschießen und sie dann zu sortieren, aber der Wind frischte auf. Die Schlafpfeile mit ihrer geringen kinetischen Energie würden quer durchs Gelände geblasen werden und gar nichts treffen. Sieh der Sache ins Gesicht, Prinzessin: Das wird eine Übung mit scharfer Munition.
Kris zog zum Schutz vor dem Regen die Schultern hoch und stand auf. »Tom, lassen wir die Leute aufsitzen.«
Tom richtete sich auf, schüttelte sich, blickte sich um. »Ich denke, ich bin froh, dass das dein Problem ist«, brummte er. Während er zu den Lkw hinübermarschierte, gab er sein übliches Geplauder zum Besten. »Ihr habt das Chefmädel gehört. Wir verschwinden von hier. Lkw-Führer, lassen Sie Ihre Teams aufsitzen.« Es dauerte nicht lange. Die Zivilisten versammelten sich zu einer Abschiedsfeier. Einige der Rekruten schienen eingeladen, aber als ihre Befehlshaber brüllten, kamen sie. Tom stand neben dem Führungs-Lkw und verfolgte gerade, wie die Besatzungen der übrigen Fahrzeuge einstiegen, als sich Kris zu ihm gesellte. »Wie soll es laufen? Umgehen wir diese Typen mit Hilfe des Spionauges, das uns der Colonel schickt, oder bringen wir noch ein paar Vergewaltiger mehr um?«
»Was hältst du von einem Kampf?«
Tom stieß den Atem in einem langen Zug hervor. »Das sind zweihundert Mann. Wir sind nur dreißig und haben gerade erst heute Morgen erlebt, was für einen tollen Haufen Berserker wir abgeben. Trotzdem würde mir mein Papa den Arsch versohlen, wenn ich dem Hilferuf einer Frau nicht Folge leistete. Meine Großmutter aber wäre sehr enttäuscht, falls ich nicht mehr nach Hause käme. Also erkläre mir, Ensign Longknife: Wie gehen wir vor?«
»Auf die einzig mögliche Art: Wir kämpfen gegen die, die einen Kampf wollen. Soll der Rest ruhig abhauen, wenn er möchte.«
»Selbst wenn es Vergewaltiger sind? Selbst wenn sie sich abgewendet haben?«
»Wir müssen den wirklich üblen Typen das Rückgrat brechen. Ich möchte unsere Leute sicher zurückbringen. Ich kann mir nicht erlauben, mir den Kopf über andere Gesichtspunkte zu zerbrechen.«
»Wenn wir gefahrlos zurückkehren wollten, würden wir diese Bande einfach umfahren«, gab Tom zu bedenken.
»Wir müssen sie brechen.« Kris war nicht bereit, in diesem Punkt nachzugeben. »Das geht leichter, wenn wir sie alle zusammen erwischen.«
Tom schüttelte den Kopf. »Sie schlachten uns ab. Die Hälfte unserer Leute konnte nicht mal ihre Waffen entsichern. Die meisten der Übrigen hatten nicht den Nerv zu schießen. Undheute Morgen standen dreißig von uns gegen zwanzig von denen. Jetzt sind es zweihundert von denen!«
»Das war heute Morgen. Jetzt hatten wir es schon einmal. Jetzt sind wir Veteranen.«
Tom sah sie an, als wäre sie verrückt.
»Oder vielleicht habe ich nur ein paar harte Lektionen gelernt. Hör mal, Tom, wir müssen das machen!«
Tom musterte sie ausgiebig; mit einem rasselnden Seufzen sagte er dann: »Hat mein Papa mich nicht gewarnt: ›Wenn du des Königs Münze nimmst, gehören ihm dein Körper und deine Seele. Und du tust, was dir gesagt wird.‹« Tom wandte sich ab und ging auf seine Seite des Lkw.
Kris stieg aufs Trittbrett, schüttelte so viel Wasser wie nur irgend möglich von ihrem Regenumhang und setzte sich auf ihren Platz, wobei sie für die drei Rekruten auf der Rückbank ein aufmunterndes Lächeln übrig hatte. Sie wanden sich aus ihren Regenumhängen und bereiteten sich auf eine lange Fahrt zurück zum Stützpunkt vor. Die Frau warf einen Blick auf Kris und bemerkte, dass diese ihren Umhang nicht ablegte. Ihre Augen wurden groß. Das freundschaftliche Geplauder, das auf der Rückbank um sich gegriffen hatte, erstarb, als die Männer dem Blick ihrer Kameradin auf Kris folgten.
»Oh Scheiße!«, schnaubte der gescheiterte Held.
»Marines, ich möchte Wagen sechs direkt hinter mir haben«, sprach Kris leise in ihr Mikro.
»Heißt das, dass Sie ein paar Ziele für uns haben, Ma’am?«
»Wir halten an, sobald wir ein paar Kilometer hinter uns haben, und reden darüber«, informierte Kris alle übers Netz. Die Antwort war Stille.
Das Wäldchen ragte neben der Straße auf, und die offenen Felder boten Kris eine weite Sicht auf mögliche Angreifer. Die tropfnassen Baumkronen boten etwas Schutz vor dem Regen. Kris versammelte ihre Leute nach Lkw-Teams geordnet um sich;sie kamen leise. Sie wartete, bis alle rings um sie Aufstellung genommen
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