Kris Longknife: Die Rebellin: Roman (German Edition)
»erkennt seinesgleichen eine Möglichkeit, von hier zu entkommen.«
»Richtig. Treibe ein paar knallharte Handlanger auf, dazu Schusswaffen, und suche Leute, die hungernd im Sumpf sitzen. Versprich ihnen eine Mahlzeit, wenn sie dir helfen, es den Leuten heimzuzahlen, die sie hinaus in den Schlamm geschickt haben. Den Rest der Geschichte kennen Sie.«
Tommy schüttelte den Kopf. »Aber die Vergewaltigungen!«
»Es sind nicht immer nur die Anführer und ihre Spießgesellen. Manche Feldarbeiter tragen eine Menge Wut mit sich herum. Ich habe aber auch schon ein paar Frauen hier aufgenommen, deren Brüder oder Ehemänner versucht hatten, dem Einhalt zu gebieten. Sie erwischten eine Kugel oder eine Tracht Prügel für den Versuch.«
Kris musterte ihre Gefangenen. Irgendwie kamen sie ihr schon weniger widerwärtig vor. »Denken Sie, ich habe auch Anführer oder Schergen erwischt?«
»Ich weiß nicht. Manche meiner Leute haben noch Angehörige im Sumpf. Der Freund Marias, die Ihren Gefangenen Wasser gegeben hat, ist immer noch da draußen.« Kris betrachtete den Farmer finster. Er schüttelte den Kopf. »Milo findet hier Arbeit, wann immer er sie haben möchte. Traurig ist, dass er einen kleinen Bruder hat, der denkt, eine Knarre zu schwingen wäre das, was einen richtigen Mann aus ihm macht. Milo versucht, ihn aus Schwierigkeiten herauszuhalten, bis er ihm etwas Vernunft einreden kann.«
»Was ist mit denen?« Tom deutete auf die Gefangenen. »Was passiert, wenn wir sie den Behörden in Port Athens übergeben?«
»Keine Ahnung. Selbst wenn es keine Mörder oder Vergewaltiger sind, so haben sie doch mit denen gemeinsame Sache gemacht. Die Geschworenen werden verzweifelte, verängstigte und wütende Menschen sein. Keine gute Kombination, wenn es um Gerechtigkeit geht.«
»So viel zur Suche nach Wahrheit.« Tommy seufzte.
Kris nickte, aber sie ging gerade in Gedanken noch mal das Scharmützel im Sumpf durch. »Ich habe zuerst die Schützen hinter der Straßenblockade aufs Korn genommen, darunter der Mann mit dem Megafon. Ich habe auch die Ersten erwischt, die an den Straßenseiten aus dem Wasser aufstanden.«
»Und danach hat der Rest keinen großen Kampf mehr geliefert.« Tommy nickte. »Die meisten schienen bereit auszureißen. Welche Schuld haben unsere Gefangenen damit auf sich geladen? Die, so hungrig zu sein wie ihre Opfer. Sich abzuwenden, wenn die ganz Harten ihren Spaß hatten. Verdammt! Auf Santa Maria fasst kein Mann eine Frau an, die es nicht möchte. Sollte irgendjemand das mal nicht verstanden haben, wird jeder Mann und jede Frau in Hörweite ihm diese Lektion sehr schnell nachträglich einbläuen.« Tommy verzog schmerzlich das Gesicht, während er den Kopf schüttelte. »Mein Seelsorger hat mir beigebracht, dass ein armer Mann das Recht hat, das Brot eines Reichen zu stehlen, damit er eine hungernde Familie damit ernähren kann. Er wusste jedoch keine Antwort auf meine Frage, wie die Sache aussieht, wenn die Armen die Armen bestehlen. Verdammt, Kris, das ist ein fürchterliches Dilemma! Niemand fasst jedoch eine Frau an. Kein Mann wendet sich ab, wenn eine Frau um Hilfe ruft.« Er blickte zu den Lkw hinüber, die jetzt nur noch die Gefangenen an Bord hatten. »Verdammt, da hast du mich in einen Schlamassel gezerrt, Longknife!«
Kris hörte Tommys Gejammer darüber, wer Recht hatte und wer schuldig war, nur mit halbem Ohr zu. Sie hatte ein größeres Problem. Sie hatte eine Menge bewaffnete Finsterlinge verärgert. Was machst du jetzt, schlaues Mädchen?
»Wie wollen Sie es zurück in die Stadt schaffen?«, fragte der Farmer.
»Die Straße entlang.« Kris winkte geistesabwesend.
»Durch die Büffelsuhle?«
Kris holte ihren Datenleser hervor und betrachtete die Karte gemeinsam mit dem Farmer. Die Straße verlief recht geradlinig durch ein Wäldchen. Überraschend gut gepflegte Bäume, jetzt, wo Kris das Bild vor Augen hatte. Der Farmer deutete voller Stolz darauf. »Das war auch mal Sumpfland. Wir haben dort Walnussbäume gepflanzt, um das Land trockenzulegen und den Säuregehalt des Bodens zu verändern. Noch zwei Jahre, und ich kann sie fällen und meine Anbaufläche verdoppeln.«
»Da man dort anscheinend nicht viel stehendes Wasser antrifft, hielt ich es für eine sichere Rückkehrroute.«
Der Farmer schüttelte den Kopf. »Eine Menge Lkw sind heute Nachmittag in diese Richtung gefahren. Ich denke, Sie haben in ein Wespennest gestochen. Falls es Leuten wie Ihnen und Ihrem Lebensmittelkonvoi
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