Kris Longknife: Unter Quarantäne: Roman (German Edition)
aber verkneifen, den Kiefer zu bewegen.
»Was ist passiert, Vater?«, fragte der jüngere Sohn und klang dabei fast wie ein Kind.
»Ich weiß nicht«, sagte Nabil. »Vielleicht erfahren wir heute Abend aus den Nachrichten mehr.«
»Nur, wenn wir es überhaupt erfahren sollen«, sagte der Ältere und warf Kris einen Blick zu. Er wollte etwas sagen, schien es sich anders zu überlegen, verschränkte die Arme noch fester auf der Brust und lehnte sich zurück.
Nabil fuhr weiter und atmete dabei schnell und flach. Er bog um mehrere Ecken und schien keine bestimmte Richtung einzuschlagen. Schließlich warf er Kris einen Blick zu. »Sohn des Schwagers meiner Schwester, du bist langsam, ungeschickt und hättest mich jeden Penny kosten können, den ich heute verdiene, wenn du das Lamm fallen gelassen hättest und diese Frau es sich genommen und selbst daraus Gewinn geschlagen hätte.«
Kris zog den Kopf ein und riskierte kein einziges Wort.
»Ich rede heute Abend mit meiner Schwester, aber du wirst heute nicht länger für mich arbeiten.« Der Lastwagen wurde langsamer, und Nabil zog ihn an einer roten Ampel zum Bordstein hinüber. »Fatimas Küche liegt ein Stück weiter an dieser Straße«, sagte er und wies für Kris nach rechts. »Du kannst zu Fuß dorthin zurückkehren, während ich die letzten Lieferadressen anfahre.«
Kris duckte erneut den Kopf, öffnete rasch die Tür und stieg auf den rissigen und aufgebrochenen Beton des Bürgersteigs hinab. Als der ältere Sohn die Tür hinter ihr zuklappte, hörte sie den jüngeren sagen: »Vater, dieser Junge war ein …«
»Still, Junge, wir reden darüber heute kein Wort mehr.«
Der ältere Sohn beugte sich aus dem offenen Fenster und blinzelte Kris zu, während der Lastwagen weiterfuhr. Kris tat zwei Schritte in Richtung auf Sorirs Restaurant und entschied, dass ihre Tarnung nicht erforderlich machte, auf dem ganzen Rückweg zu hinken. Sie lehnte sich im Schatten eines Lederwarengeschäfts kurz an und entfernte den Schotterstein, den jemand freundlicherweise in den Absatz des Schuhs geklebt hatte.Er hatte keine Laufmasche im kugelsicheren Strumpf erzeugen können, aber Kris ganz gewiss eine schlimme Zeit beschert.
Das Gehen fiel ihr ab jetzt leicht. Kris ertappte sich dabei, mit den Armen zu schlenkern; ihr Gang wechselte ganz natürlich in den vom Ausbilder geforderten gleichmäßigen Schritt. Der Tag war nach wie vor grau, aber Kris fühlte sich verdammt gut in Anbetracht einer schwierigen Aufgabe, die sie gut erledigt hatte. Sie empfand das Bedürfnis, ein Marschlied zu pfeifen, schluckte es aber herunter. Es wäre hier vollkommen fehl am Platz gewesen. Trotzdem legte sie die Distanz beschwingt zurück.
Ein schwarz-weißer Wagen, an den Seiten mit Polizei beschriftet, fuhr langsam vorbei. Das übliche irre Gedränge auf der Straße wich sofort, um ihm Platz zu machen. Kris nahm ihr Schritttempo zurück, senkte den Kopf und führte die Darstellung eines angemessen bescheidenen arabischen Teenagers fort. Die Frau auf dem Beifahrersitz des Polizeiwagens behielt auf die gleiche Art, die man bei Jack verfolgen konnte, die gesamte Umgebung im Auge. Ihr Blick stoppte, als er auf Kris fiel, wanderte dann jedoch weiter.
Kann ich mir jetzt die aufgenommenen Daten ansehen, Kris?
Warum hast du mir nicht gesagt, dass ein Polizeifahrzeug näher kam?
Du hattest mich nicht dazu angewiesen. Kann ich mir jetzt unsere Daten ansehen?
Nelly, für einen Computer entwickelst du einen ganz schön eingleisigen Verstand.
Ich beherrsche das Multitasking komplett, Kris. Du gibst mir aber sehr verwirrende Anweisungen. Erst weist du mich an, völlig still zu sein und nur noch ein Rinnsal an Stromversorgung aufrechtzuerhalten. Dann fragst du mich, warum ich unsere Umgebung nicht umfassend unter Überwachung halte. Sag mir, was du möchtest! Und kann ich mir ansehen, was unsere Wanzen gefunden haben?
Kris erinnerte sich, mit Eddy, ihrem sechs Jahre alten Bruder, solche Auseinandersetzungen geführt zu haben. Eddy war jedoch vor zwölf langen Jahren entführt und umgebracht worden. Kris schauderte; dann holte sie tief Luft und atmete die Gespenster aus, zwang sich zur Konzentration auf den jetzigen Augenblick.
Du kannst dir die Daten gleich ansehen. Verrate mir erst mal, ob wir überwacht werden. Verfolgen Kameras unseren Weg? Belauschen uns Wanzen? Ist noch mehr Polizei in der Gegend?
Nein, nein, ja. Ein weiterer Cop holt zu uns auf.
Nein, nein? Kris’ Eingeweide führten einen
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