Kris Longknife: Unter Quarantäne: Roman (German Edition)
Jack an. Der Agent zückte eine dicke Rolle Wardhaven-Banknoten.
»Behalten Sie das Wechselgeld und vergessen Sie diese Fahrt«, sagte Jack.
Abu nahm das Geld entgegen, betrachtete es kurz und sah schließlich Kris an. »Sie kommen mir bekannt vor. Ihr Gesicht wirkt vertraut. Wo habe ich Sie schon mal gesehen?«
»Es wäre besser, wenn Sie mein Gesicht wieder vergessen«, antwortete Kris und nahm einen Mantel von Abby entgegen. Die Kammerdienerin öffnete irgendeinen Verschluss, und auf einmal war der Mantel körperlang. »Erwähnen Sie uns Miriam gegenüber nicht mal. Morgen wird alles in Ordnung sein. Oh, und Ihre zweite und vierte Zündkerze müssen ausgewechselt werden.«
»Das erklärt, warum der Wagen mehr Treibstoff säuft als ein durstiges Kamel.« Er seufzte. »Allah sei mit Ihnen, denn Er ist gnädig«, sagte er und fuhr in den Regen davon.
»Wir sollten Tom lieber zu einem Arzt bringen«, sagte Penny und legte ihm ihren Mantel um die Schultern.
»Ich möchte ihn mir erst mal selbst ansehen. Zu Kris’ Gepäck gehört eine Erste-Hilfe-Tasche«, sagte Abby.
Dreißig Minuten später waren sie zurück in ihrer Hilton-Suite. Abby brachte eine Arzttasche zum Vorschein, die so groß war, dass sie einen von Kris’ Schrankkoffern halb ausfüllte; einen derer, die in der Farbe leicht von den anderen abwichen. Ein qualifizierter Chirurg hätte mit der darin enthaltenen Ausrüstung vermutlich eine Notoperation am Hirn durchführen können. Kris wusste nicht so recht, ob sie es zugelassen hätte, dass Abby eine Gehirnoperation an Tom durchführte. Andererseits war sie auch nicht sicher, ob sie es hätte verhindern wollen.
Tommy brauchte jedoch keinen Gehirnchirurgen, sondern eine Behandlung gegen Schock, Unterkühlung, Überdosierung und eine akute Infektion. »Die Drecksäcke haben ihre Nadeln nicht sterilisiert«, knurrte Abby. »Aber wir haben es hier mit nichts zu tun, womit wir nicht fertig würden«, erklärte sie, während sie einen Tropf anlegte.
»Möchtest du Tommy in meinem Zimmer unterbringen?«, fragte Kris gähnend. Verdammt, das war ein langer Tag gewesen!
»Nein. Mein Zimmer ist dafür besser eingerichtet«, beharrteAbby. »Penny und ich können uns heute Nacht abwechselnd um ihn kümmern. Auf diese Weise finden wir beide etwas Schlaf.«
Jack schlenderte in das Zimmer der Kammerdienerin, drei Wanzensucher in der Hand. »Keine neuen Wanzen. Sehe aber keinen Grund, ihnen zu verheimlichen, dass wir zurück sind und Tommy dabeihaben.«
»Sollen sie doch in ihrer Frustration kochen. Besorgen wir uns Schlaf«, befahl Kris. Sie hatte Versprechungen zu erfüllen, aber während der Nacht konnte sie in dieser Hinsicht nichts unternehmen.
Und so schlief sie in Makeup und Körperpanzerung.
8
K ris kämpfte sich durch drückende Träume hindurch dem Erwachen entgegen: Sie musste jeden einzelnen Stern vom Himmel pflücken und in den Korb mit der jeweils richtigen Farbe legen. Dann rannte sie in der Residenz des Premierministers die Flure entlang und versuchte die richtige Tür zu öffnen oder einfach das richtige Wort zu finden, um ihrem Vater zu gefallen. Und Mutter war …
Sie wurde wach. Sie lag auf einer Bettdecke, die von den verwüsteten Überresten des gestrigen Makeups verschmiert war. Sie versuchte sich zu strecken, aber die Körperpanzerung war nicht im Hinblick auf eine solche Bewegung konzipiert worden. Kris tastete nach ihrem Nacken; Nelly war nach wie vor eingestöpselt.
Nelly, hast du schon an Tante Trus Stein gearbeitet?
Ja, Kris, ich denke, dass ich die Energiefrage gelöst habe. Ich bin jetzt bereit, auf dem Chip ernsthaft nach Aktivität zu suchen.
Kris rieb sich die Augen und versuchte die Gefühle abzuschütteln, die von den Träumen aufgerührt worden waren. Ich denke, da färbt etwas auf mich ab.
Das kann nicht sein. Ich arbeite hinter drei Schichten Puffern daran. Ich habe nichts hindurchgelassen. Es war auch noch gar nichts da, das man hätte hindurchlassen können.
Kris war sich da nicht so sicher. Nelly, wir haben nicht die ein oder zwei ruhigen Wochen, mit denen ich gerechnet hatte. Wir sind auch nicht nur eine kurze Fahrt von Tru entfernt, damit sie dich mal überprüfen kann. Das ist keine gute Zeit für eine Aktivität, die dich durcheinanderbringen kann.
Ich verstehe, Kris, sagte Nelly.
Nachdem das geklärt war, läutete Kris nach Abby und dem Frühstück.
»Autsch, das tut weh!«, quiekte Kris. Sie hatte nie viel Körperbehaarung gehabt, doch nachdem Abby
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