Kris Longknife: Unter Quarantäne: Roman (German Edition)
die Mutter die Tochter.
»Doch, Mutter, jede Menge, aber sie sitzen alle in einem Boot, mit dem sie selbst das Rennen fahren. Warum hast du mir nicht schon gestern von dieser politischen Sache erzählt?«
»Weil ich erst vor einer Stunde davon erfuhr, als Ann dich anrief. Es ist ja nicht so, dass der Präsident mich jemals auf seine Ranch einladen würde.«
»Na ja, ich brauche jedenfalls jemanden.«
»Ich schätze, ich könnte mitfahren«, schlug die Mutter zögernd vor.
»Darling, du kannst nicht schwimmen«, gab Mel zu bedenken.
»Mut-ter, du möchtest bestimmt nicht in mein Boot steigen. Wer immer als Zweiter mitfährt, muss sich über die Reling hängen. Du wärst dabei keine Hilfe.«
»Ich könnte mitkommen«, sagte der Vater matt.
»Va-ter, du würdest nur über der Bordwand hängen und jedes Frühstück seit einer Woche erbrechen!«, erklärte die Tochter mit jener Vehemenz, wie sie nur bei Menschen mit echten Seemannsbeinen zu finden war.
Kris fasste Jack ins Auge, dann den Rest ihrer Gruppe. Niemandem war eine Ausrede eingefallen, einer Yacht fernzubleiben, die auf einmal keineswegs seetauglich schien. Sie wandte sich wieder der Senatorin zu.
»Ich dachte, das hier wäre der Nachwuchswettkampf. Ich wusste gar nicht, dass Sie mit Ihrer Tochter segeln dürfen.«
»Es geht um Familienwerte«, erklärte Mel. »Turantic erlaubt Eltern, mit ihren Kindern zu segeln, solange das Kind Ruder und Segel bedient. Das bringt eine Menge Arbeit mit sich, aber hey, wie könnten wir eine Bestimmung haben, die Eltern von ihren Kindern fernhält?«
Kris war froh, dass Wardhaven es mit Familienwerten nie so weit getrieben hatte. Manchmal brauchte ein Kind Distanz. »Also, dürfen nur Eltern einspringen?«
»Eltern oder offizielle Ersatzkandidaten«, antwortete die Senatorin. »Es mussten schließlich Vorkehrungen für behinderte oder anderweitig verhinderte Eltern getroffen werden, die immer noch sicherstellen wollen, dass ihre Kinder …«
»… keinen Spaß haben«, mischte sich die Tochter ein. »Und wenn ich nicht noch in dieser Minute jemanden in dieses Boot holen kann, dann habe ich heute überhaupt keinen Spaß. Dad, ich vermute, du wirst es sein müssen.«
Kris gestattete sich ein breites Grinsen. »Ich würde mich wirklich über Zeit auf dem See freuen, besonders in einem Boot, das den Wind in den Segeln fängt.«
»Sie segeln?«, kam ein Kreischen aus dem Boot.
»Nara, die Prinzessin hier ist die Juniorenmeisterin von Wardhaven im Orbitalskiffrennen.« Ihr Vater seufzte.
»Wasserboote sind anders«, teilte die Senatorin Kris mit.
»Ich habe schon Segelbootrennen gefahren, ehe ich mein erstes Skiff zu sehen bekam«, entgegnete Kris.
»Möchten Sie mitkommen?« Nara war beinahe außer sich. »Mom, Dad, lasst sie mitkommen!« Sie blickte sich unter den übrigen Booten um, die derzeit vom Pier weggeschoben wurden, Segel setzten und Kurs auf die Rennstrecke nahmen. »Und möglichst sofort, lieber gestern als heute!«
»Macht es Ihnen nichts aus?«, fragte Mel.
»Gar nichts. Ich liebe es, den Wind in den Haaren zu spüren.«
»Macht es Ihren Sicherheitsleuten nichts aus?«, fragte die Senatorin.
»Nicht, solange sie eine Schwimmweste trägt«, sagte Jack und legte Kris eine an. »Wir bleiben in einem Begleitboot in der Nähe.«
»Das müsste reichen«, sagte Kris und schloss die Weste.
Jack griff in seine Tasche und brachte ein langes Taschenmesser zum Vorschein. »Harvey hat mir erzählt, dass du dich einmal in den Kabeln verstrickt hast, als du gekentert bist.«
»Das liegt Jahre zurück!«
»Na ja, gib auf dieses Ding acht, für den Fall, dass du es brauchst«, sagte er und drückte ihr das Messer in die Hand. Kris funkelte ihn an wie einen nervösen Deppen, steckte aber das Messer in die Tasche und sprang ins Boot. Mel warf die Leinen los. Kris hisste die Fock, und Nara lenkte das Fahrzeug virtuos in den Strom weiterer Boote, die auf den See hinausstrebten. Wenige Minuten später war Nara so weit, das Hauptsegel zu hissen. Kris zog es hoch, bis das Segel in Position war, und band sachkundig die Sicherungstaue fest.
»Sie können ja wirklich mit einem Segelboot umgehen. Ich dachte, Sie würden nur diese Prinzessinnensache durchziehen, wissen Sie? Dieses Ich-kann-alles-Ding.«
»Etwas, das ich bei dieser Prinzessinnensache früh gelernt habe«, sagte Kris, »ist, dass man um Hilfe bittet, wenn man sie braucht, und froh ist, dass sich andere Leute auf eine Menge Dinge verstehen, von denen
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