Kris Longknife: Unter Quarantäne: Roman (German Edition)
hatte sich für mehrere kurze Schläge entschieden und näherte sich der Boje jetzt auch hart am Wind. Naras Boot lag stark in den Wind gekrängt und Kris suchte nach einer Möglichkeit, sich weiter hinauszulehnen, um die Neigung besser ausgleichen zu können. Vielleicht wenn sie ein Seil fand und es um den Mast führte.
»Nicht nötig!«, rief Nara, als könnte sie Kris’ Gedanken lesen. »Diese Boote können einfach nicht noch härter an den Windgehen. Einer von uns beiden muss jetzt einfach nachgeben. Und das werde nicht ich sein.«
Von Rechts wegen musste es wohl das andere Boot sein. Es lag auf der windzugewandten Seite, und Luv hatte Lee den Weg freizugeben. Trotzdem zeigte der Junge am Ruder nicht mehr Neigung zum Nachgeben als Nara. »Macht den Weg frei!«, brüllte sein zweiter Mann über das kleine Stückchen Wasser, das die beiden Jollen noch trennte.
»Gebt lieber ihr mir den Weg frei!«, rief Nara zurück.
»Mache ich nicht, für keine Prinzessin.«
Kris blinzelte; niemand hätte wissen dürfen, dass sie hier war. Wieso war der Junge darüber im Bild?
»Nur weil du dich für eine Art Prinz hältst, Billy, ist das noch kein Grund für mich, dich gewinnen zu lassen!«, rief Nara zurück und gab indes keinen Zentimeter nach. »Meine Mom ist Senatorin, genau wie deine.«
Oh, das ist eine Kindersache. Kris dachte daran zurück, wie das damals in den Juniorenkämpfen für sie gewesen war. Sie hatte die Regeln des gegenseitigen Runterputzens beim Fußball gelernt.
Der Wind suchte sich diesen Moment aus, um ein Stück weiter nach Osten zu springen. Auf einmal fuhren beide Boote zu hart am Wind, und die Hauptsegel knatterten lautstark in der Luftströmung, als der Druck nachließ. Beide mussten nachgeben und ihren Kurs ändern. Weder Nara noch Billy konnten die Boje jetzt noch ohne erneute Wende erreichen. Sie mussten über die Boje hinausschießen und dann mit einer neuen Kehre in den Wind gehen. Das Boot, das als Zweites wendete, lief dabei Gefahr, dass das andere ihm den Wind abschnitt und so Geschwindigkeit raubte.
Kris wartete darauf, dass Nara ihre Entscheidung traf.
Nara hielt ein Auge auf die Boje gerichtet, das andere auf den Wind. Bei erster Gelegenheit riss sie das Ruder herum. Kriskrabbelte ins Boot zurück, als sie gerade an der Boje vorbeisegelten. Nara fierte das Hauptsegel ganz nach Steuerbord auf, und Kris wendete die Fock nach Backbord und setzte sich in die Bootsmitte, den Blick nach achtern gerichtet.
»Was macht Billy?«, fragte Nara, die Augen auf die Boje voraus gerichtet. Jetzt war es dem hinten liegenden Boot möglich, durch geschicktes Manövrieren dem vorausfahrenden den Wind aus den Segeln zu nehmen.
»Er halst gerade.«
Nara riskierte einen kurzen Blick über die Schulter. »Hatte ich erwartet. Er jagt gerne den Mädchen nach. Der Trick besteht darin, sich von ihm so treiben zu lassen, dass man ihn dorthin bekommt, wo man ihn haben möchte.« Sie lächelte.
»Für diese Lektion habe ich viel länger gebraucht«, gestand Kris.
»Daran ist Mom schuld. Sie ist kein dämliches Häschen, und sie zieht auch keines groß.«
So segelten die beiden führenden Jollen über die gesamte Vorwindstrecke zur nächsten Wendemarke; Nara immer darauf bedacht, nicht in den Windschatten ihres Verfolgers zu geraten. »Was macht er?« fragte sie, als sie sich der nächsten Boje näherten.
»Hat die Segel genau wie du ausgerichtet. Direkt hinter dir.«
»Dreißig Sekunden bis zur Boje«, flüsterte Nara und korrigierte ihren Kurs ein klein wenig nach Steuerbord. »Halten Sie sich bereit, die Fock dichtzuholen.«
Kris machte sich bereit, ohne dass dies offensichtlich wurde. Nara wollte Billy überraschen, und Kris wollte nicht daran schuld sein, dass er ihr Manöver erriet.
Billy holte auf und begann, ihnen den Wind aus den Segeln zu nehmen. Der wurde gerade schwächer, als Nara das Ruder um zehn Grad nach Backbord bewegte und das Hauptsegel zur Halse herumriss. Kris löste die Fock und holte das Vorsegel etwas dichter, während Nara aus dem Windschatten des Verfolgerbootes heraussegelte. Hinter ihnen ertönten ein paar lautstarke Flüche, als Billy ebenfalls den Kurs änderte und seine Segel herumschwenkte. Billy und sein Vorschoter brachten das Manöver aber nicht so elegant zuwege wie Nara und Kris.
Nara umrundete die Boje und löste sich mit einem raschen Schwenk von ihrem Verfolger, ehe Billy eine weitere Gelegenheit erhielt, ihnen den Weg abzuschneiden und die Vorfahrt zu
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