Kris Longknife: Unter Quarantäne: Roman (German Edition)
Brauchen wir etwas?
Kris überlegte, ob sie Nelly beauftragen sollte zu prüfen, wer sich auf der Ranch aufhielt und wer auf der Yacht, und anschließend einen Abgleich mit der Parteizugehörigkeit vorzunehmen. Nein, Nelly. Kris saß im Boot eines kleinen Mädchens, nicht auf der Präsidentenyacht, und alles Weitere war turantische Innenpolitik. Mord sollte weder hier noch auf irgendeinem Planeten eine politische Option darstellen.
Also, wer hat Winford umgebracht?
Der Startschuss lenkte Kris gleich wieder von dieser Frage ab. Nara hatte ihre Jolle weit nach vorn manövriert, während sie sich der Startlinie näherten. Jetzt legte sie das Ruder enger in den Wind und gewann an Tempo. Kris beugte sich über das Schandeck, um den Winddruck auszubalancieren. Das Hauptsegel versperrte ihr die Sicht auf die Partyflotte und ebenfalls auf Jack und das Begleitboot. Nun, sie hatte ihre Aufgabe, und er hatte seine.
Nara hielt sich eng am Wind, lavierte dann und fierte Fock und Hauptsegel auf, um den Folgewind einzufangen. Ringsherum taten andere Segler das Gleiche und suchten sich selbst ihre Kurse; Manövrierspielraum bestand reichlich. Das galt für alle, abgesehen von zwei Booten, die ein ganz eigenes Duell überein bestimmtes Stück Seeoberfläche auszutragen schienen. Sie lavierten kreuz und quer und versuchten sich gegenseitig den Wind aus den Segeln zu nehmen.
»Ist das erlaubt?«, schrie Kris.
»Das sind nur Sandy und Sam. Sie haben sich gerade getrennt. Sie versuchen ständig, sich gegenseitig das Wasser abzugraben, aber heute wird es besonders schlimm. Ich wette, dass sie das Ziel nicht erreichen.« Kris war nicht bereit, dagegen zu wetten.
Nara umrundete die erste Boje als zweite, womit ein Achtel der gesamten Regattadistanz zurückgelegt war. Sie entschied sich, auf der Backbordseite gegen den Wind zu kreuzen, und überließ es dem Führungsboot, es mit der anderen Seite des Sees zu versuchen. Die übrigen Boote folgten teils dem einen, teils dem anderen Vorbild. Sandy und Sam erreichten die Boje verspätet; einer stieß den anderen an und drängte ihn damit gegen den Schwimmkörper. Kris hing so weit über Bord, wie sie es wagte, hielt aber trotzdem nach einer Schiedsrichterflagge Ausschau. Es wurde keine geschwenkt. Entweder gestanden die Punktrichter dem Boot, das an die Boje geprallt war, etwas mehr Spielraum zu, da das andere Boot die Schuld an dem Rempler trug, oder zu viele Zuschauer genossen die Regatta als Kontaktsport, als dass die Punktrichter gewillt gewesen wären, hier einzuschreiten.
Na ja, wir von den Randwelten haben ohnehin die Neigung, nach und nach unsere eigenen Regeln aufzustellen. Kris grinste.
Der Wind legte zu und hatte eine Geschwindigkeit von vielleicht fünfundzwanzig Knoten erreicht, als sie um die zweite Boje wirbelten. Er fuhr inzwischen auch quer über den Kurs. Auf Wardhaven wären die Streckenmarkierungen jetzt versetzt worden, damit die Rennstrecke auf dem einen Kurs gegen den Wind geführt hätte und auf der Gegenbahn mit dem Wind verlaufen wäre. Vielleicht war das für das Erwachsenenrennen auch geplant. Für den Juniorenwettkampf blieben die Bojen aber anOrt und Stelle, und die Partyschiffe der Zuschauer an ihren Ankerplätzen.
Nara lag in Führung, als das Rennen den dritten Durchgang erreichte. Diesmal entschied sie sich dafür, die andere Seite zu nehmen und somit in einem langen Schlag unter Land einem etwas ruhigeren Kurs zu folgen. Das führte sie dicht an die Yachten heran, ehe sie das Ruder umlegte, die beiden Segel auf der anderen Seite hart dichtholte und einen direkten Kurs auf die Boje anlegte.
Von den Partyschiffen drangen die Geräusche von Menschen herüber, die geselligen Umgang pflegten und plauschten. Nur wenige schienen sich für das Rennen zu interessieren. Wenigstens Jack war in der Nähe, da die Barkasse unmittelbar auf der anderen Seite der Zuschauerlinie blieb und auf dem Weg die Rennstrecke hinauf und hinab mit Kris’ Boot auf gleicher Höhe blieb.
Kris winkte.
Jack winkte nicht zurück. Penny und Senatorin Krief taten es. Kriefs Gatte und Tom hingegen schienen zu schwach, um auch nur die Köpfe zu heben. Der arme Tom. Wieder mal hatte ihn Kris in eine trübselige Lage geführt. Na ja, diesmal schwebte er wenigstens nicht in Lebensgefahr. Andererseits hatte Kris schon see- und weltraumkranke Menschen darüber jammern gehört, dass Sterben die bessere Option war.
Naras schärfster Konkurrent, eine weiße Jolle mit blauen und roten Segeln,
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