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Kristall der Macht

Kristall der Macht

Titel: Kristall der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Felten
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verändert.« Noelani machte eine bedeutungsvolle Pause und sagte dann: »Ich habe es mir nicht ausgesucht, Kaori. Die Götter haben es so gewollt. Darum haben sie mir all diese Prüfungen auferlegt.«
    Die beiden schwiegen eine Weile, dann fragte Noelani: »Was soll ich tun, Kaori? Was nur?«
    »Willst du darauf wirklich eine Antwort?«
    »Warum nicht?«
    »Weil ich spüre, dass du dich längst entschieden hast.«
    »Bin ich so leicht zu durchschauen?«
    »Für andere nicht. Für mich schon.« Das klang, als lächelte Kaori. »Du konntest mir früher schon nichts vormachen und jetzt erst recht nicht.«
    »Wirst du mich hassen, wenn ich dem König helfe?«, fragte Noelani.
    »Nein. Nein, das werde ich nicht. Ich möchte nicht mit dir tauschen, aber ich verstehe deine Beweggründe, und wer weiß, wenn wir es klug anstellen, können wir vielleicht auch mit wenig Wirkung viel erreichen.«
    »Wie meinst du das?« Noelani horchte auf. Sie hatte so sehr darauf gehofft, dass Kaori einen Rat wusste, aber den Glauben daran schon fast verloren. Nun schöpfte sie neue Hoffnung.
    »Ich weiß, wo das Lager der Rakschun ist«, sagte Kaori. »Lass uns hinfliegen und es uns ansehen. Dann können wir gemeinsam beraten, was zu tun ist.«
    »Ich habe so sehr gehofft, dass du das sagst.« Noelani lächelte, streckte die Hand aus und spürte Kaoris vertraute Kühle in der Handfläche. »Komm, lass uns keine Zeit verlieren. Ich habe dem König versprochen, ihm meine Entscheidung morgen mitzuteilen.«

5
    Was Noelani in dieser Nacht erblickte, war erschreckend und furchteinflößend, gleichzeitig aber auch von einer so ergreifenden Schönheit geprägt, die sie nicht in Worte zu fassen vermochte.
    Der Wind hatte nachgelassen, die Wolken hatten sich verzogen und den Regen mit sich genommen, sodass nun wieder Mond und Sterne am Himmel zu sehen waren. An der Seite ihrer Schwester glitt Noelani über das schlafende, menschenleere Land hinweg, dorthin, wo in der Ferne das Band des Gonwe im Mondlicht funkelte. Weiter ging es flussaufwärts, bis am Horizont der Widerschein von Feuer zu sehen war. Was zunächst wie ein mitternächtlicher Sonnenaufgang anmutete, entpuppte sich beim Näherkommen als der Schein unzähliger Lagerfeuer, die sich wie Abertausende leuchtender Käfer in einem weiten Umkreis auf dem Boden niedergelassen hatten.
    Der Anblick der Lichtpunkte in der Dunkelheit übte auf Noelani eine ungeheure Faszination aus. Ein Kunstwerk von außergewöhnlicher Gestalt, das unbewusst entstanden war und das ob des ungewöhnlichen Blickwinkels wohl sonst nur von den Vögeln bewundert werden konnte.
    Bei aller Begeisterung entging ihr nicht, dass die meisten Feuer auf der rechten Seite des Flusses brannten. Nur ein kleiner Teil war auf der linken Seite zu sehen. General Triffin und der König hatten die Wahrheit gesagt. Gemessen an der Zahl der Feuerstellen, war das Heer von Baha-Uddin dem der Rakschun vier zu eins unterlegen, und es stand zu befürchten, dass die wahre Truppenstärke noch ein viel schlechteres Verhältnis aufzeigen würde.
    Gern hätte Noelani noch länger so hoch über den beiden Heerlagern geschwebt, aber Kaori schien keinen Sinn für die Schönheit der vielen Lichter am Boden zu haben, denn sie hielt zielstrebig auf das Lager der Rakschun in der Nähe des Flusses zu.
    Hier gab es nur wenige Lagerfeuer, dafür viele Rundzelte, Stapel von Baumstämmen und anderen Baumaterialien, die auf dem ufernahen Schwemmland lagerten. Einen Herzschlag später erreichten sie das Flussufer. Noelani erschrak. Der König und General Triffin hatten ihr erzählt, dass die Rakschun den Gonwe mithilfe von Flößen überqueren wollten. Sie kannte Flöße von Nintau und hatte geglaubt, eine Vorstellung davon zu haben, was sie im Lager vorfinden würde. Doch was hier im seichten Wasser lag und sich mit den Wellen friedlich auf und ab bewegte, übertraf selbst ihre kühnsten Erwartungen. Die Flöße waren riesig und so gebaut, dass mindestens hundert Mann darauf Platz fanden. Ein doppelter Boden sorgte für den nötigen Auftrieb, und eine massive Reling stellte sicher, dass bei dem zu erwartenden Gedränge niemand ins Wasser fallen würde.
    Zwanzig solcher Flöße lagen am Ufer vertäut und zum Ablegen bereit. Mindestens ebenso viele waren dahinter so geschickt aufgereiht, dass sie schnell zu Wasser gelassen werden konnten, ohne dass man sie von der anderen Seite des Flusses aus jetzt schon sehen konnte. Auch in diesem Punkt hatte der König die

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