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Kristall der Träume

Kristall der Träume

Titel: Kristall der Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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rückte.
    Den Kopf auf den schwangeren Leib der Großen gebettet, schloss Alte Mutter für immer die Augen. Die Familie wimmerte und schlug mit Stöcken auf den Boden; dann ließen sie den Leichnam im hohen Gras zurück.
    Eines Morgens, als der Himmel mit Rauch überzogen war und die Erde rumorte, beobachtete Honigfinderins älteste Tochter, die gerade ihre Kindheit hinter gelassen hatte und allerlei neue Instinkte an sich entdeckte, dass Dorn eine weitere Schleuder aus den abgetrennten Sehnen einer verendeten Elenantilope fertigte.
    Beeindruckt von seinen breiten Schultern und starken Armen näherte sich das junge Mädchen kichernd und beugte sich vor, wackelte herausfordernd mit dem nackten Hintern. Dorn war sofort erregt.
    Allerdings war das junge Mädchen nicht die Frau, die er begehrte. Er sprang auf, hielt Ausschau nach der Großen, und als er sie beim Entkernen von Baobabknollen sah, rannte er zu ihr. Er neckte sie, spielte mit ihrem Haar, sprang um sie herum und stieß komische Laute aus. Lachend zog die Große ihn ins Gebüsch, wo sie sich unter der heißen Sonne paarten.
    Löwe sah es missmutig mit an. Seit dieser Fremde bei ihnen war, hörten die Frauen auf, sich ihm, Löwe, anzubieten. Die Kinder folgten dem Neuling auf Schritt und Tritt, die Männer bewunderten ihn. Mit seinen tödlichen Steinen gelang es Dorn, hin und wieder einen Vogel, der dem rauchverhangenen Himmel trotzte, zur Strecke zu bringen. Nachts sorgte er mit komischen Einlagen für gute Laune.
    Alle waren von Dorn begeistert.
    Die Idee stammte von Honigsucherin, die sich nicht damit abfinden konnte, wie Dorn die Machtverteilung in der Familie ausgehebelt hatte. Jetzt, da Löwe entthront war, war auch sie von der mittlerweile schwangeren Großen als die tonangebende Frau abgelöst worden. Lächelnd und mit freundschaftlichen Gesten näherten sich Lowes Getreue – Beule, der Hungrige, Nüster und Honigfinderin – Dorn, der im Schatten einer Akazie weitere Schleudern fertigte. Er hatte die langen Sehnen aus dem verwesten Kadaver einer Giraffe herausgelöst, und jetzt kaute er mal darauf herum, mal bearbeitete er sie mit einem Stein, um sie elastisch zu machen und als Waffe verwenden zu können.
    Er blickte auf zu der grinsenden Honigfinderin, die ihm eine Hand voll verschrumpelter kleiner Äpfel darbot. Dorn freute sich darüber, hatte ihn diese kräftige Frau doch bisher links liegen gelassen. Jetzt schien sie ihn also endlich zu akzeptieren. Als er sich erhob und nach den Äpfeln griff, tauchten unvermittelt Löwe und die anderen Männer seiner Gefolgschaft auf, mit Keulen und Stöcken und großen Steinen bewaffnet.
    Dorn war verblüfft. Dann lächelte er und hielt ihnen ein paar Äpfel hin. Als Löwe sie ihm aus der Hand schlug, versteinerte Dorns Miene, und im nächsten Moment stürzten sie sich auf ihn, fünf stämmige Männer, die mit erhobener Waffe auf den wehrlosen Jüngling losgingen.
    Dorn riss zum Schutz die Arme hoch, taumelte rückwärts und prallte an einen Baum. Als die Schläge auf ihn niederprasselten, versuchte er verzweifelt zu begreifen, was hier vorging. Er sank auf die Knie und kroch auf eine der im Gras liegenden Schleudern zu, hielt sie bereits in der Hand, als Lowes Keule gegen seine Unterarme krachte. Dorn versuchte es mit einer Posse, wollte, obwohl seine Nase und sein Schädel bereits bluteten, die Angreifer zum Lachen bringen. Warum?, bedeutete seine fragend erhobene Hand. Aber schon landete Lowes Keule hart an seinem Kopf. Dorn rollte sich zusammen, um weniger Angriffsfläche zu bieten, schrie auf, als es weiterhin Schläge und Fußtritte hagelte. Ehe er das Bewusstsein verlor, tauchten in rascher Abfolge Bilder aus längst vergessenen Zeiten vor ihm auf: von der Frau, die ihn geboren hatte, vom Lager in dem Tal, in dem er aufgewachsen war, von seinen Geschwistern, mit denen er zusammen gelacht hatte, von der endlosen Weite der sonnendurchglühten Savanne. Und dann überschwemmte ihn der Schmerz wie eine schwarze Flutwelle. Der letzte Gedanke vor seinem Tod galt der Großen. Die Große, die die Schreie gehört hatte, kam mit den anderen herbeigelaufen. Als sie Dorns so schrecklich zugerichteten Körper sah, entrang sich ihr ein Schrei. Sie warf sich über ihn und heulte wutentbrannt auf, rüttelte ihn an den Schultern, versuchte, ihn aufzuwecken; sie leckte seine Wunden, sie umfasste sein zerschundenes Gesicht und ließ ihre Tränen auf das offen daliegende Fleisch fallen. Aber Dorn gab kein Lebenszeichen mehr

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