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Kristall der Träume

Kristall der Träume

Titel: Kristall der Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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dorthin, woher sie gekommen waren. Sie blieben nicht stehen, schauten sich nicht um nach Löwe und seiner kleinen Schar, die unbeirrbar nach Westen zog, sondern bemühten sich, trotz der ausholenden Schritte der Großen nicht den Anschluss zu ihr zu verlieren. Unterwegs sammelten sie Straußeneier und füllten sie mit frischem Wasser, und bei der Nahrungssuche ermahnte die Große ihre Gefährten, nicht alles aufzuessen, sondern einen Teil der Samen und Nüsse mitzunehmen, als Vorsichtsmaßnahme gegen späteren Hunger.
    Die Erde rumorte weiterhin, und dann explodierte der Berg. In Windeseile breitete sich eine gewaltige schwarze Wolke am Himmel aus, die die Sonne verdeckte und den Westen in ein beispielloses Inferno verwandelte – der letzte Ausbruch eines Vulkans, der sehr viel später einmal Kilimandscharo genannt werden sollte und jetzt in Bruchteilen von Sekunden Löwe und seine kleine Schar verschlang.

    Interim

    Voller Trauer über den Tod des jungen Mannes, der ihr so viel bedeutet hatte, und mit dem festen Vorsatz, ihn niemals zu vergessen, kehrte die Große dem Gebiet, das einstmals ihre Welt gewesen war, den Rücken zu. Im Vertrauen auf den Wasserkristall, den sie bei sich trug und dem sie zuschrieb, dass er ihr die Macht verlieh, sich an die Spitze ihres Volkes zu stellen, geleitete sie die Familie immer weiter nach Osten, wo sie, wie vorhergesehen, sauberes Wasser fanden. Sie unterbrach ihren Marsch lange genug, um ihr erstes Kind zu gebären, ohne zu wissen, dass der Junge mit Zutun des Mannes namens Dorn in ihr gewachsen war. Zu gegebener Zeit zogen sie weiter, bis sie schließlich eine Meeresküste erreichten, wo es Schalentiere in Hülle und Fülle gab und, wenn sie ein Loch in die Erde gruben, Wasser. Auch auf eine bislang unbekannte Baumart stießen sie, die ihren Bedarf an Nahrung und Flüssigkeit deckte und zudem Schatten spendete: Kokospalmen, die auf Schritt und Tritt anzutreffen waren. In diesem Gebiet hielt sich die Familie weitere tausend Jahre auf, bis sie zahlenmäßig zu sehr anwuchs und die Ernährung nicht mehr sichergestellt war, weshalb sie sich abermals aufspalten musste. Eine Gruppe brach entlang der Küste nach Süden auf und ließ sich im südlichen Afrika nieder; die meisten machten sich auf nach Norden, in Gegenden, die sehr viel später die Bezeichnungen Kenia, Äthiopien und Ägypten erhalten sollten.
    Generationen lang hielten sie sich jeweils in einem Landstrich auf und bevölkerten ihn, dann setzten sie ihren Weg fort, ständig auf der Suche nach neuen Nahrungsquellen und unberührten Territorien.
    Und der blaue Kristall, der von Generation zu Generation weitergegeben wurde, begleitete sie. Im Laufe der Jahrtausende breiteten sich Nachkömmlinge der Großen an Flüssen und in Tälern aus, über Berge und Wälder, wagten sich vor auf Gebiete, die fernab ihrer ursprünglichen Heimat lagen. Sie lernten, Unterkünfte zu bauen oder in Höhlen zu leben, erschufen Wörter und Möglichkeiten der Verständigung. Sie entwickelten zusätzliche Werkzeuge und Waffen und Jagdmethoden. Die zunehmend bessere Verständigung wirkte sich auch auf ihr Zusammenleben aus und ermöglichte die Entwicklung von Jagdtechniken mit verteilten Aufgaben. Aus den sich von Kadavern ernährenden Menschen wurden Jäger, die auf frisches Fleisch erpicht waren. Sie fingen an zu denken und nachzudenken und folglich Fragen zu stellen, und aus den Fragen ergab sich die Suche nach Antworten. Begriffe wie Geister, Tabus, richtig und falsch, Spuk und Zauberei fanden Eingang. Weshalb auch der blaue Kristall, der funkelnde Splitter eines vor Urzeiten niedergegangenen Meteors, der die Menschen begleitet hatte und von ihnen verehrt worden war, nicht länger als solcher für mächtig erachtet wurde, sondern weil ein Geist in ihm wohnte.
    Als die Nachkömmlinge der Großen den Nil erreichten, teilten sie sich abermals. Die einen blieben, die anderen zogen weiter. Der blaue Kristall gelangte nach Norden, wo Berge im Winter von eisigem Schnee bedeckt waren. Die Menschen trafen auf andere Menschenwesen, die dort heimisch waren – auf ein Volk, das von anderen Vorfahren abstammte und nicht nur stämmiger gebaut, sondern auch dichter behaart war. Mit Waffen ausgetragene Auseinandersetzungen um Gebietsansprüche waren unvermeidlich, und so kam es, dass der wundersame Wasserkristall zu guter Letzt in die Hände eines gegnerischen Clans fiel, der Wölfe verehrte.
    Nachdem eine Medizinfrau dieses Wolfsclans tief in das Herz des

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