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Kristall der Träume

Kristall der Träume

Titel: Kristall der Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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fragenden Blick hin wiederholte er das Wort immer wieder und zeigte auf den Grabhügel, bis sie begriff, dass er den Namen des Kindes sagte.
    Erschrocken sprang sie auf und zeichnete hastig magische Schutzzeichen in die Luft, während ihre Blicke die Höhle nach dem Geist des Jungen absuchten.
    Zant verstand ihr Verhalten nicht. Er liebte es, den Namen des Jungen auszusprechen. Das brachte ihm Trost. Warum aber machte ihr das Angst? Er ging noch einmal zu dem kleinen Hügel, kniete nieder und klopfte die frisch angehäufte Erde liebevoll glatt. Laliari verfolgte sein Tun mit ängstlichem Blick.
    Zant überlegte eine Weile. Schließlich hockte er sich wieder ans Feuer, griff in das Fell über seiner Brust und zog einen kleinen grauen Stein heraus, den er Laliari reichte.
    Als sie zögerte, sagte er ein Wort und lächelte dazu. Sein ganzes Gesicht veränderte sich. Auf einmal erschien er ihr beinahe vertraut.
    Schließlich nahm sie die Gabe und betrachtete sie mit gefurchter Stirn.
    Der graue Stein, der offensichtlich bearbeitet worden war, schmiegte sich in ihre Handfläche. Er war am oberen und unteren Ende zugespitzt und wies in der Mitte glatte, runde Wölbungen auf.
    Laliari hatte keine Vorstellung, was sie bedeuten sollten, bis Zant ihr mit dem Finger auf die nackte Brust tippte und dann auf eine der Rundungen des Steins deutete. Sie musterte den Stein eingehender, und da nahm er plötzlich Gestalt an. Es war eine schwangere Frau.
    Laliari hielt den Atem an. Noch nie zuvor hatte sie die Darstellung eines Menschenwesens gesehen. Was für ein Zauber bewirkte, dass sie eine kleine Frau in den Händen halten konnte? Als der Feuerschein etwas in der Figurine aufblitzen ließ, gewahrte Laliari im Bauch der Statuette den schönsten blauen Stein, den sie je gesehen hatte. Er sah wie gefrorenes Wasser oder wie ein Stück vom Sommerhimmel aus. Er war wie das Blau von Zants Augen und funkelte im Widerschein der Flammen so betörend, dass Laliari wie gebannt war.
    Sie hielt den Kristall näher an die Augen und studierte sein durchsichtiges Herz. Das Feuer knackte, Bellek schnarchte in seiner Ecke. Laliari starrte verzaubert in die kristallblauen Tiefen des Steins, bis sie erkannte und aufschrie.
    Mitten in dem blauen Stein konnte sie ein Baby im Mutterleib sehen!
    Wie Zant ihr zu erklären versuchte, hatten seine Vorfahren den blauen Kristall vor unendlich langer Zeit Eindringlingen aus dem Süden abgenommen, und eine Medizinfrau seines Clans hatte ihn in den Bauch einer kleinen Steinfigur setzen lassen. Zants Vorfahren hatten bei ihrem Zug nach Süden in wärmere Zonen den blauen Stein in das Gebiet seiner ursprünglichen Eigentümer zurückgebracht, den Nachfahren der Großen nämlich, zu denen auch Laliari gehörte.
    Jetzt versuchte er die Verbindung zwischen der schwangeren Steinfigur und dem toten Kind zu erklären, doch Laliari vermochte ihm beim besten Willen nicht zu folgen.
    Plötzlich kam ein lautes Stöhnen aus einer Ecke der Höhle, Bellek rief nach Laliari. Sie fand ihn auf der Seite liegend und vor Kälte zitternd. Obwohl sie versuchte, seine kalten Glieder warm zu reiben, und ihren Atem über ihn blies, schüttelte es ihn immer heftiger, und seine Lippen liefen blau an. Zant schob Laliari sanft beiseite, hob den Mann von seinem Lager und trug ihn ans Feuer.
    Dort bettete er ihn auf seine eigenen Schlaffelle und deckte ihn sorgfältig zu. Als Bellek nach einer Weile friedlich schlief, legte Zant ihm seine kräftige Hand auf die Stirn und murmelte für Laliari unverständliche Worte.
    Belleks Zustand verschlechterte sich. Seine Wunde eiterte, und in seinem Körper brannte ein heftiges Fieber. Zant kümmerte sich rührend um den alten Mann. Selbst bei stärkstem Regen wagte er sich aus der Höhle und kehrte mit leicht zu kauender Kost für den Alten zurück – weichen Wurzeln und Eiern, zu Brei zerstoßenen Nüssen – und heilenden Mitteln – Aloe für die Wunde, ein Sud aus Weidenborke für das Fieber. Als Laliari sah, wie liebevoll Zant den alten Schamanen umsorgte, wie er den geschwächten Bellek mit seinen kräftigen Armen stützte, um ihm beim Trinken zu helfen, und dabei leise in seiner eigenen Sprache sang, begannen ihr ursprüngliches Misstrauen und ihre Abneigung zu schwinden.
    Dennoch blieb er ein Mann voller Rätsel.
    Warum war er allein? Wo war sein Volk? War sein Clan ausgestorben, weil es keinen Mond gab? War das Kind unter dem Grabhügel sein letzter Angehöriger gewesen?
    Was war mit den

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