Kristin Hannah - Wenn das Herz ruft
Gangs, daran, wie er mit der Hand durch sein langes schwarzbraunes Haar fuhr. Vor allem aber erinnerte sie sich an seine malachitgrünen Augen, tief unter pechschwarzen Brauen sitzend, die ihn gefährlich aussehen ließen. Bis er lächelte.
Selbst nach so vielen Jahren erinnerte sie sich an die Macht dieses Lächelns. Es war wie das Klischee vom Sonnenschein, der die Wolken durchdringt.
Francis. Sie dachte plötzlich an ihn und wusste, dass die Nachricht ihm das Herz brechen würde. Sein kleiner Bruder war krank ... starb vielleicht... Gott, wie sollte sie ihm das nur beibringen?
»Madelaine?« Chris' Stimme drang in ihre Gedanken.
Sie schaute ihn über den Schreibtisch hinweg an, versuchte, die richtigen Worte zu finden, aber stattdessen waren da nur Erinnerungen, Bilder und eine große, plötzliche Furcht. »Ich kann diesen Patienten nicht nehmen, Chris.« »Was?«
»Angel ist der Bruder von Vater Francis.«
»Ah. Ihr Priester. Kennen Sie Angelo?«
Madelaine brauchte eine Sekunde, um sich zu fassen. »Ja. Nein. Nicht wirklich.« Sie zuckte die Schultern. »Ich kannte ihn vor langer Zeit. Als wir Kinder waren.«
Chris' Augen verengten sich. »Als ihr Kinder wart, hm? Sind Sie mit ihm in Verbindung geblieben?«
»Nein.«
»Hassen Sie ihn?«
Madelaine schluckte schwer und dachte nach. »Nein«, sagte sie schließlich. »Ich hasse ihn nicht.«
Er lächelte. »Lieben Sie ihn?«
Die Frage traf sie unvorbereitet. In Gedanken sah sie ein Dutzend Bilder von Angel, wie er einmal gewesen war. Den lachenden, dunkelhaarigen Jungen mit den kühnen Träumen, den Jungen, der ihr Herz gestohlen und sie zum ersten Mal geküsst hatte. Dann kamen die dunkleren Bilder, die Erinnerungen, die schmerzten. »Nein. Ich liebe ihn nicht.«
»Gut.« Er erhob sich und legte seine Hände auf ihren Schreibtisch, wobei er sie bedeutungsvoll ansah. »Er braucht Sie, Madelaine.«
»Tun Sie mir das nicht an, Chris. Geben Sie ihn jemand anders.«
»Es gibt niemand, der so gut ist wie Sie, verdammt, und das wissen Sie. Dieser junge Mann wird sterben, Madelaine. Sie sind seine einzige Hoffnung. Gehen Sie wenigstens zu ihm.«
Sie starrte Allenford an, wusste, dass sie keine andere Wahl hatte. Sie konnte Angel nicht einfach sterben lassen. »Okay, Chris.«
Er lächelte. »Prima.« Er drehte sich um und ging zur Tür. Als er sie gerade geöffnet hatte, drehte er sich wieder um. »Ich brauche Ihren Bericht noch heute. Wenn er ein neues Herz bekommen soll, muss er sofort auf die UNOS-Liste gesetzt werden. Und vergessen Sie nicht, dass wir absolutes Stillschweigen über seine Berühmtheit wahren müssen. Ich will nicht, dass die Reputation dieses Krankenhauses Schaden erleidet.«
»In Ordnung.«
Allenford verließ ihr Büro und schloss die Tür hinter sich.
Madelaine setzte sich, noch immer benommen, ihre Augen starr auf die Tür gerichtet.
Angel DeMarco war zurückgekommen.
Kapitel 6
Sie stand so lange vor der Tür von Angels Zimmer, dass es auffiel. Schließlich näherten sich Schritte hinter ihr und dann fasste eine warme, knochige Hand sie bei der Schulter.
»Alles okay, Madelaine?«
Sie versteifte sich, hob ihr Kinn und wandte ihren Blick von dem Namen ab, der an der Tür stand. »Mir geht's gut, Hilda«, sagte sie und drehte sich langsam um, um die kleine, ernste Krankenschwester anzusehen, die das Transplantationsteam wie ein Feldwebel beim Militär führte.
Hilda strahlte sie an, neigte ihren vogelähnlichen Kopf plötzlich nach rechts. »Ich wollte gerade unseren Mr Jones besuchen. Soll ich warten, bis Sie fertig sind?«
»Ja. Ich würde gern mit ihm eine Weile allein sein.« Hilda zwinkerte ihr zu. »Wenn die Mitarbeiterinnen wüssten, wer er ist, würden Sie umgerannt werden. Nur Sarah, Karen und ich dürfen zu ihm hineingehen. Wir kümmern uns um die Sicherheit. «
Madelaine versuchte, sich zu einem Lächeln zu zwingen. Sie gab sich wirklich Mühe. »Gut.«
»Hollywoodtypen«, sagte Hilda missbilligend. »Dem Enquirer zufolge - und Gott weiß, dass die in solchen Dingen angesehen sind - ist er ein Schluckspecht und bumst alles, was größere Titten hat als er.« Hilda klopfte ihr nochmals auf die Schulter und eilte den Korridor hinunter, um schließlich in ihrem Büro zu verschwinden.
Madelaine atmete tief ein, um ruhig zu werden, und marschierte in die Höhle des Löwen.
Er schlief. Gott sei Dank.
Sie schloss die Tür leise hinter sich. Das Licht der schwachen Herbstsonne fiel durch das kleine Fenster und nahm dem
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