Kristin Hannah - Wenn das Herz ruft
konnte durch seinen Verrat nicht gebrochen gewesen sein, konnte nicht lange getrauert haben. Und offensichtlich hatte das Geld ihres Daddy die bestmögliche Ausbildung finanziert.
»Angel«, sagte sie mit dieser Barfrauenstimme, die er nie ganz hatte vergessen können. »Wie ... interessant, dich wiederzusehen. «
»Du bist sehr gut allein zurechtgekommen, Mad«, sagte er bitter. Bitterer, als er beabsichtigt hatte.
»Nenn mich nicht Mad.« Sie schenkte ihm ein durch und durch förmliches Lächeln und schlug seine Patientenakte auf. »Man hat mir gesagt, dass du ein neues Herz brauchst.«
»Es sollte dich nicht überraschen.«
»Das tut es nicht.«
Er konnte die Verurteilung spüren, die sie ausstrahlte. Das war alles, was er jetzt noch brauchte - ein weiteres Paar vorwurfsvoller Augen, noch ein Mensch, der ihn nach irgendeinem unsichtbaren Standard beurteilte und fand, dass er den Ansprüchen nicht genügte. »Hör zu, Mad, ich denke, wir sind uns einig, dass ich einen anderen Arzt haben sollte.«
»Ja. Finde ich auch. Unglücklicherweise will Allenford, dass du den besten bekommst.«
»Ich auch, aber...«
»Ich bin der beste, den es hier gibt, Angel. Du kannst glücklich sein, dass du mich hast.« Sie schaute etwas freundlicher drein. »Aber wenn du mich nicht willst, werde ich dich an einen anderen überweisen lassen.«
Er spürte etwas wie Verärgerung. »Du willst mich nicht als Patienten haben?«
»Ich bin nicht scharf darauf.«
»Dann will ich dich«, sagte er schroff und bedauerte das im selben Augenblick, als er es sagte. Aber er hatte an ihrem Käfig rütteln wollen, diese Frau erschüttern wollen, die er so persönlich kennen sollte und doch überhaupt nicht kannte.
Sie studierte seine Akte. »Ich Glückspilz.«
Der harsche Ton ihrer Stimme wirkte auf absurde Weise untypisch für diese gepflegte, geradezu perfekte Frau neben ihm. Er konnte nicht anders und musste einfach lachen. »Ich denke, die kleine Mad ist erwachsen geworden.«
Sie schaute ihn hart an. »Das bewirkt das Medizinstudium bei einem Mädchen.« Sie wandte ihren Blick von seinem Gesicht ab und studierte die Papiere in ihrem Schoß. »Du scheinst dich überhaupt nicht geändert zu haben, Angel.«
»Das ist nicht wahr. Ich muss mich jetzt jeden Tag rasieren.«
Sie lächelte daraufhin nicht. »Deine Blutwerte sehen ganz gut aus. Trotz offensichtlichen Alkoholmissbrauchs funktionieren all deine Organe gut. Jetzt können wir nur abwarten. Hoffentlich finden wir rechtzeitig einen geeigneten Spender. Wie dir wahrscheinlich gesagt worden ist, sind weniger als ein Prozent aller Unfalltoten geeignete Spender. Gehirntod ist außerordentlich selten.«
»So, also abwarten«, sagte er und spürte den Ärger in sich aufsteigen. Er sagte sich, dass sie seine Kardiologin sei - die Person, die sein Leben in ihren Händen hielt. Aber er schien den Ärger nicht unterdrücken zu können. Sie war der letzte Mensch auf Erden, der ihm einen anständigen Drink geben würde.
»Wenn dein Zustand sich beträchtlich verbessert, kannst du vielleicht außerhalb des Krankenhauses leben. Aber jetzt bist du natürlich zu krank, als dass das möglich wäre.«
Er konnte es nicht glauben. Sie saß da, redete zu ihm, als sei er ein Kind, und sah ihn an, als sei er ein Insekt. So verdammt doktormäßig. Als ob sie ihn vorher nie gekannt hätte, er ihr egal gewesen wäre. Er wusste, dass es unvernünftig war, plötzlich wütend zu sein, aber er war niemals ein wirklich rationaler Typ gewesen und sah keinen Anlass, jetzt damit anzufangen. »Nein.«
Das überraschte sie. Sie schaute tatsächlich von ihren Papieren auf und wandte sich an ihn. »Nein? Nein, was?«
»Nein, Doktor Hillyard, ich werde hier nicht wie ein Nadelkissen liegen und auf das warten, was Sie euphemistisch einen >Spender< nennen.«
Sie legte den Ordner langsam wieder ab. »Angel...«
»Und nennen Sie mich Mr DeMarco. Sie wissen einen Dreck von mir, Lady. Ich habe nicht die Absicht, herumzusitzen und zu hoffen , dass irgendein total netter Bursche von einem Schwertransporter platt gewalzt wird. Das ist es doch, worüber wir hier reden, oder? Jemand stirbt und ich bekomme eine Chance zu leben?«
Es dauerte, bis sie antwortete. »Ja. Darüber reden wir, Angel. Organspenden kommen aus einem Körper, bei dem der Hirntod festgestellt worden ist.«
Er erschauerte bei dem Gedanken. Irgendwer lag auf einer Metallplatte und Ärzte ernteten gierig seine Organe. »Also dann, nein, danke.«
Sie
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