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Kristin Hannah - Wenn das Herz ruft

Titel: Kristin Hannah - Wenn das Herz ruft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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das, was er sein ganzes Leben lang gebraucht, aber niemals wirklich gehabt hatte. Angel hatte all den Mut ihrer Familie, und Francis hatte all den Glauben bekommen.
    Wenn er Mut gehabt hätte, nur ein klein wenig Mut vor langer Zeit, vielleicht hätte er andere Entscheidungen getroffen, etwas anderes getan.
    Aber er war den leichten Weg vor vielen Jahren gegangen. Damals, als Madelaine schwanger und allein war, hatte Francis ihr angeboten, sie zu heiraten. Nur, dass er sie nicht wirklich hatte heiraten wollen, und sie hatte das gewusst, so wie sie immer alles über ihn gewusst hatte. Sie wusste, dass seine Liebe zu Gott die große Leidenschaft seines Lebens war und immer sein würde.
    Nein, Francis, hatte sie leise gesagt und geweint. Sei mein bester Freund, sei der beste Freund meines Babys. Bitte ...
    Und sie hatten nie wieder darüber gesprochen. Es gab so viele Dinge, über die sie niemals gesprochen hatten ...
    Er schloss seine Augen und betete laut, ebenso für sich wie für Ilya. »Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer des Himmels und der Erde, und an Jesus Christus, seinen eingeborenen Sohn, unsern Herrn.« Die Worte ergossen sich in seinen Verstand wie Wasser aus einem Eimer, eines nach dem anderen, tröstend, reinigend, und er verlor sich in ihnen.
    Ilyas Stimme fiel in seine ein. »Ich glaube an den Heiligen Geist, die heilige katholische Kirche, Gemeinschaft der Heiligen, Vergebung der Sünden, Auferstehung der Toten und das ewige Leben. Amen.«
    Vergebung der Sünden.
    Die Scham kam wieder und bot Francis keinen Platz zum Verstecken. Er hätte Madelaine dazu ermutigen sollen, Lina die Wahrheit über ihren Vater zu sagen, oder er hätte Lina die Wahrheit sagen sollen.
    Er wusste, dass es so lange keine wirkliche Vergebung geben konnte, bis er die Dinge in Ordnung gebracht hatte.
    »Vater?« Die Stimme von Mrs Fiorelli brachte ihn schlagartig in die Gegenwart zurück.
    Er schüttelte die Gedanken ab und lächelte die alte Frau an. »Verzeihen Sie, Mrs Fiorelli.«
    »Sie haben für eine Sekunde traurig ausgesehen, Vater«, sagte Ilya. »Worüber kann ein gut aussehender junger Priester wie Sie traurig sein?«
    Er sollte sie vielleicht anlügen, sollte den Mantel der Vollkommenheit um sich legen, die von ihm erwartet wurde, aber er hatte nicht den Mut dazu. »Bedauern vielleicht«, antwortete er ruhig.
    Sie streckte eine welke, zitternde Hand aus und berührte sein Kinn mit einer flüchtigen Geste von Zuneigung. »Glauben Sie mir dies, Vater. Das Leben ist schnell vorbei und man bedauert nur, was man nicht getan hat.«
    »Manchmal ist es zu spät.«
    »Niemals«, keuchte sie. »Es ist niemals zu spät.«
    Angel lag in seinem unbequemen Krankenhausbett und starrte an die geflieste Decke.
    Gott, er fühlte sich schlecht. Schlimmer als schlecht. Er hatte fast überall Schmerzen und die wenigen Stellen, die nicht schmerzten, waren geschwächt. Das Atmen war nur noch schmerzhafte, unbefriedigende Routine. Seine Finger waren kalt geworden. Zuerst hatte er geglaubt, es habe nichts zu bedeuten, aber dann waren seine Zehen blau geworden.
    Durchblutungsstörungen.
    Das war das Wort, das die Krankenschwestern benutzten, aber Angel konnte die Bedeutung hören, die hinter den Worten steckte. Es war zu Ende. Sein Leben verrann. Gestern noch war er bereit gewesen, dafür zu kämpfen, aber heute war er zu müde dazu.
    Er fragte sich, wofür er gelebt hatte, und noch während er diesen Gedanken hatte, kotzte es ihn an. Er hatte ein Leben gelebt, ohne einen Stempel zu hinterlassen, ein Leben, das keine wirkliche Bedeutung hatte. Das sah er jetzt, sah das mit einer Klarheit, die er die ganze Zeit hätte haben sollen.
    Gestern hatte ihn der Mann aus dem Zimmer nebenan besucht. Tom Grant.
    »Es ist verdammt erschreckend«, hatte Tom gesagt. Einfach so hatte er die Furcht und Unsicherheit auf das Bett zwischen ihnen geworfen, als ob es nichts gäbe, dessen man sich schämen müsste, als ob ein Mann nicht stark sein müsste.
    Angel hatte sich zuerst von seiner unsympathischen Seite gezeigt. Er hatte sich nicht selbst in Tom Grant sehen wollen, hatte nicht zugeben wollen, dass er ebenso krank war wie Tom. »Ah«, hatte er auf gemeine Art gesagt, »Sie sind also der Herztransplantationspatient, der zweimal dran war.«
    Tom hatte gelacht. Ein schwaches Lachen.
    Es war das Lachen, das Angels Ärger entschärfte, und die Ehrlichkeit, die seine Rüstung durchdrang.
    »Das Schlimmste«, sagte Tom, »ist das

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