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Kristin Hannah - Wenn das Herz ruft

Titel: Kristin Hannah - Wenn das Herz ruft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Warten auf einen Spender. Das bringt einen dazu, sich hässlich zu fühlen, krank und entstellt. Und verflucht.«
    Angel hatte den Mann schließlich angesehen, sein verschwollenes, von Medikamenten aufgedunsenes Gesicht, sein dünnes Krankenhaushemd, das eine Vielzahl von blutigen, tropfenden, intubierten Scheußlichkeiten verdeckte, seine müden, ach so müden Augen, und er hatte das Gefühl, in die Zukunft zu schauen.
    Angel stellte zu seinem Entsetzen fest, dass er zu weinen begann. Er konnte sich nicht erinnern, wann er jemals so beschämt gewesen war. »Gott«, murmelte er und wischte sich sein Gesicht mit dem Ärmel ab.
    »Ich habe mehr Tränen vergossen als ein Baby. Machen Sie sich darüber keine Sorgen.« Tom beugte sich näher zu ihm. »Sie müssen sich darauf konzentrieren, wie viel besser Sie sich fühlen werden, wenn es vorbei ist. Ich weiß, es macht einem Angst, daran zu denken, aber wenn es erst vorbei ist, dann ist es wie ... ein Geschenk.«
    Angel seufzte, wünschte sich, auch einen so schlichten Glauben haben zu können. »Bei mir wird das nicht passieren, Mann. Gott wird mir keine zweite Chance geben.« Er zwang sich zu einem anmaßenden Lächeln. »Ich kann dem alten Mann nicht mal einen Vorwurf machen. Ich bin ein ziemliches Arschloch gewesen.«
    »Tun Sie sich das nicht selbst an«, sagte Tom. »Kommen Sie nicht mit Moral oder Güte oder Erlösung. Es geht allein um Medizin. Schlicht und einfach. Gute Menschen werden ebenso oft ermordet wie schlechte Menschen. Und jeder verdient eine zweite Chance.«
    Angel wollte das glauben, aber es war in seinem Leben zu spät, etwas radikal zu ändern. Er war egoistisch und ignorant. Er hatte das Temperament des Teufels persönlich. Er hatte es immer gehabt. Und seine Berühmtheit hatte das noch schlimmer gemacht.
    Er hatte die Wahrheit über sich schon vor langer Zeit akzeptiert - es war so sicher wie das Amen in der Kirche, dass er sich jetzt nicht ändern würde. Wozu auch?
    Er starb. Das begriff er jetzt, und nachdem Tom gegangen war, hatte Angel dort gelegen, auf seinen nächsten Atemzug gewartet, und auf den nächsten und den nächsten, hatte auf jeden schwachen Schlag seines Herzens gewartet. Eine Welle von Einsamkeit hatte ihn darauf überkommen, sich tief und schwer in sein krankes Herz gesenkt. Er hatte sich gewünscht, jemand - irgendwer - säße neben ihm, hielte seine Hand und sagte ihm, alles würde gut werden.
    Er ist nicht wie du, Angel. Er ist leicht verletzbar.
    Ihre Worte waren ihm wieder eingefallen, drangen in sein Bewusstsein. Er hatte in seinem ganzen Leben nur zwei Menschen wirklich geliebt - Francis und Madelaine - und er hatte beide verletzt.
    Das Verrückte daran war, dass er das eigentlich niemals beabsichtigt oder zumindest nicht wirklich gewollt hatte. Plötzlich dachte er an die Vergangenheit, an die Zeiten, in denen sein großer Bruder - selbst nicht einmal ganz acht Jahre alt -Angel vor ihrer betrunkenen Mutter versteckt hatte, die Zeiten, in denen Francis vergeblich versucht hatte, ihre Wut auf sich zu lenken anstatt auf... Zeiten, in denen sie auf diesem alten, von Unkraut überwucherten Gelände neben dem Wohnwagenstellplatz gesessen und gemeinsam ihren Träumen nachgehangen hatten.
    Wie hatte er das alles vergessen können? Wie hatte er sich von all dem gelöst?
    Er streckte langsam eine Hand aus und griff nach dem Telefon, wählte die Nummer, die Madelaine ihm hinterlassen hatte. Ein Anrufbeantworter schaltete sich beim dritten Läuten ein.
    Angel hinterließ eine Nachricht und legte auf.
     
    Angel lag im Halbschlaf, als er hörte, dass seine Tür sich öffnete. Leise Schritte bewegten sich in das Zimmer.
    Ah, dachte er erleichtert, Attila, die Krankenschwester, mit seiner Injektion.
    Er öffnete seine Augen und sah einen großen Mann an der Tür stehen. Er hatte weizenblondes Haar, blasse Haut und blaue Augen, und er trug ein graues UW-Sweatshirt und ausgebleichte Levi's. Für eine Sekunde wusste Angel nicht, wer das war, dann erkannte er ihn.
    »Mein Gott«, flüsterte er. »Bist du es, Francis?«
    »Hi, Angel.« Es war dieselbe Stimme nach all diesen Jahren.
    Angels erste Emotion war reine freudige Erregung, ein schnelles Danke, Gott, dass sich jemand sorgte, dass jemand gekommen war. Dann dachte er an Madelaine, an Francis und Madelaine zusammen, und Eifersucht kam so plötzlich wie ein Pfeil, durchstieß die Freude und riss ein kleines Stück davon weg. Dann war da Schuldgefühl, beißend und bitter, die

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