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Kristin Hannah - Wenn das Herz ruft

Titel: Kristin Hannah - Wenn das Herz ruft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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der zu dem bescheidenen weißen Haus der Fiorellis führte. Das Unkraut und das Gras, die den Weg besetzten und sich hartnäckig zwischen die Herbstblumen geschlichen hatten, waren nicht zu übersehen.
    Im vergangenen Sommer war dieser Garten elegant und gepflegt gewesen. Jetzt verwilderte er. Die Rosensträucher hielten ihre toten und sterbenden Blüten fest. Der Boden war mit vielfarbigen Blütenblättern übersät, deren Ränder eingerollt und braun und zerrissen waren.
    Er erreichte die Eingangstür und blieb stehen. Ein kleines Vordach hielt die Strahlen der Mittagssonne davon ab, in seine Augen zu fallen, und tauchte ihn in die willkommene Kühle des Schattens. In einer Nische rechts von der Tür stand eine alte, verwitterte Christusstatue. Er hielt seine schimmelbefleckten Hände grüßend ausgestreckt.
    Für eine Sekunde empfand Francis Widerwillen, einzutreten. Er spürte den Blick der gemalten Augen der Statue auf sich und verfluchte stumm seine Feigheit. Die Fiorellis waren Freunde gewesen, so lange er denken konnte. Damals, als er und Angel noch Kinder waren, hatten sie auf diesem Hof gespielt, hatten Tausende von Baseballbällen mit den Enkeln der Fiorellis hin und her geschlagen.
    Aber diese Tage waren längst vorbei und er war aus einem anderen Grunde gekommen. Er nahm einen langen, letzten Atemzug von der nach Rosen duftenden Luft und klopfte schließlich.
    Drinnen gab es ein schlurfendes Geräusch, dann schwang die schlichte weiße Tür weit auf und im Eingang stand ein dünner, alter Mann mit gebeugten Schultern. Sein gefurchtes Gesicht breitete sich zu einem Grinsen, bei dem er seine Zähne entblößte. »Hallo, Vater Francis. Kommen Sie herein, kommen Sie herein.« Der alte Mann trat beiseite.
    Francis tauchte in das kühle, dunkle Innere. Das Erste, was er bemerkte, war der Geruch - der kaum merkliche, modrige Geruch eines baufälligen Hauses, eines Hauses, dessen Dach ebenso dringend einer Pflege bedurfte wie der Rosengarten. Der winzige Korridor ging unmittelbar in ein kleines, ovales Vorderzimmer über, das an drei Seiten von früher einmal eleganten Stuckbögen begrenzt war. Dutzende von Familienbildern hingen schief und staubig an absackenden Haken, Schulfotos von Kindern, die jetzt selber Kinder hatten. Ein alter RCA-Fernseher, der ein dumpfes und gedämpftes Rauschen in dem ansonsten stillen Raum von sich gab, stand in einer Ecke.
    Im letzten Jahr noch hatten ein wunderschönes viktorianisches Sofa nebst Tisch diesen Raum geschmückt. Sie waren jetzt verschwunden. Ihren Platz nahm nun ein Krankenhausbett ein, wuchtig und bedrohlich in dem winzigen Zimmer. Ein Rollstuhl stand in der Ecke und wartete darauf, benutzt zu werden.
    Ach, selbst die Zeit dafür war längst vorbei.
    Francis spürte ihn wieder, diesen Widerwillen, in ihren Kummer einzudringen. »Hallo.« Das war alles, was er sagen konnte, weil er diesen Kloß in der Kehle hatte.
    Der alte Mann blickte auf. Sein Gesicht wirkte bedrückt und war blass. Für einen Sekundenbruchteil erinnerte sich Francis an den Mann mit den dunklen Augen, den er einst gekannt hatte. Er pflegte immer zu lachen, hatte sogar Schwierigkeiten, nicht zu lächeln, wenn er das Abendmahl nahm. Und er hatte bei der Beichte immer einen Scherz für Francis bereit, eine »Sünde«, die einen jungen Priester garantiert dazu brachte, hinter der Sicherheit der hölzernen Trennwand zu grinsen. Vergeben Sie mir, Vater, denn ich habe Thunfisch in den Hühnchensalat getan.
    »Darf ich Ihnen etwas zu trinken anbieten, Vater?«, fragte Mr Fiorelli mit respektvoller Stimme. Diesmal ohne ein Lächeln.
    Francis schüttelte seinen Kopf, legte tröstend eine Hand auf die Schulter des Mannes und merkte dabei, wie spindeldürr er geworden war. »Nein, danke, Edward. Wie geht es ihr heute?«
    Edward blickte wieder auf und in dem blassen Licht schien sein Gesicht einzufallen, in einem Morast von Falten zu versinken. »Nicht gut.«
    Francis trat neben das Bett und setzte sich auf den wackeligen Holzhocker, rückte näher. Seine Knie stießen mit einem dumpfen Geräusch gegen das Metallgestell.
    Die Frau in dem Bett, Ilya Fiorelli, blinzelte, als sie langsam erwachte. Bei seinem Anblick lächelte sie. »Vater Francis.«
    Edward begab sich auf die andere Seite des Bettes und setzte sich, legte seine altersfleckige, großknöchelige Hand um die seiner Frau.
    »Ich wusste, dass Sie heute kommen würden«, flüsterte sie. Sie wollte mehr sagen, aber dann erschütterte ein rasselnder,

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