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Kristin Lavranstochter 1

Titel: Kristin Lavranstochter 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Undset
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trat vor und sagte:
    „Ihr müßt mit mir in die Stube kommen, Eline Ormstochter -so viel Sitte haben wir doch hier auf dem Hof, daß wir unsere Gäste nicht im Küchenhaus empfangen.“
    „Ich erwarte mir nicht, Frau Aashild“, erwiderte die andere, „daß Erlends Verwandte mich als Gast begrüßen. - Fragtest du, woher ich komme - ich komme von Husaby, das wirst du wohl wissen, ich kann dich von Orm und Margret grüßen; es geht ihnen gut.“
    Erlend antwortete nicht.
    „Als ich hörte, daß du Gissur Arnfinssohn Geld für dich holen ließest und daß du wieder nach Süden wolltest“, fuhr sie fort, „da dachte ich, du würdest wohl dieses Mal bei deinen Verwandten im Gudbrandstal haltmachen. Ich wußte, daß du um die Tochter des Nachbarn hattest fragen lassen.“
    Sie sah zum erstenmal zu Kristin hinüber und begegnete den Augen des Mädchens. Kristin war sehr bleich, aber sie blickte die andere ruhig und forschend an.
    Sie war ruhig wie Stein und war sich dessen vom ersten
    Augenblick an bewußt, als sie hörte, wer gekommen war - der Gedanke an Eline Ormstochter war es, vor dem sie beständig geflohen war; sie hatte ihn mit Trotz und Unruhe und Ungeduld betäuben wollen. Die ganze Zeit hatte sie sich bemüht, nicht darüber nachzudenken, ob sich Erlend ganz und gar von seiner früheren Buhle frei gemacht habe. Nun war sie eingeholt worden, nutzlos war es, länger dagegen anzukämpfen. Aber sie bat nicht für sich.
    Sie sah, daß Eline Ormstochter schön war. Eline war nicht mehr jung, aber schön, und einstmals mußte sie strahlend schön gewesen sein. Sie hatte die Haube zurückgeschlagen; ihr Kopf war kugelrund und hart. Die Backenknochen standen ein wenig vor - aber man konnte gut sehen, daß sie doch einmal hold gewesen sein mußte. Das Kopftuch bedeckte nur den Hinterkopf; während des Sprechens strich Eline das gewellte goldglänzende Haar unter das Linnen zurück. Kristin hatte nie so große Augen an einer Frau gesehen, sie waren dunkelbraun, rund und hart, aber unter den schmalen kohlschwarzen Brauen und den langen Wimpern nahmen sie sich seltsam schön aus gegen das goldene Haar. Ihre Haut und die Lippen waren nach dem Ritt in der Kälte rauh, aber das konnte ihr nicht zuviel Abbruch tun; dazu war sie zu schön. Der schwere Reiseumhang verhüllte ihre Gestalt, jedoch sie bewegte sich und hielt sich, wie es nur eine Frau tut, die den sichersten Stolz über die Pracht ihres Körpers in sich trägt. Sie war kaum so groß wie Kristin, hatte aber eine solch aufrechte Haltung, daß sie größer wirkte als das schlanke und zartgliedrige Mädchen.
    „War sie die ganze Zeit bei dir auf Husaby?“ fragte Kristin leise.
    „Ich bin nicht auf Husaby gewesen“, sagte Erlend kurz und wurde wieder rot. „Ich war den größten Teil dieses Sommers auf Hestnaes.“
    „Dies ist nun die Nachricht, die ich dir bringen wollte, Erlend“, sagte Eline. „Du brauchst dich nicht mehr bei deinen Verwandten herumzutreiben und deren Gastfreundschaft in Anspruch zu nehmen, weil ich dein Haus verwalte. Ich bin jetzt im Herbst Witwe geworden.“
    Erlend stand da wie vorher.
    „Nicht ich habe dich gebeten, im vorigen Jahr nach Husaby zu kommen und dort zu walten“, brachte er mühsam heraus.
    „Ich hörte, daß dort alles darniederlag“, sagte Eline. „Und da ich soviel Wohlwollen für dich von alters her hatte, Erlend, dünkte mich, ich müsse mich deines Wohlergehens annehmen -obgleich Gott wissen mag, daß du gegen unsere Kinder und mich nicht recht gehandelt hast.“
    „Für die Kinder habe ich getan, was ich konnte“, sagte Erlend. „Und du weißt sehr gut, daß es um ihretwillen geschah, wenn ich mich in dein Bleiben auf Husaby fand. Daß du ihnen oder mir dadurch genützt hättest, kannst du wohl selbst nicht meinen“, sagte er und lächelte höhnisch. „Gissur wäre gewiß auch ohne deine Hilfe zurechtgekommen.“
    „Ja, du hast immer soviel auf Gissur vertraut“, sagte Eline und lachte leise. „Aber, Erlend - jetzt bin ich frei. Wenn du willst, so kannst du nun das Versprechen einlösen, das du mir einmal gegeben hast.“
    Erlend schwieg.
    „Entsinnst du dich“, fragte Eline, „der Nacht, da ich deinen Sohn gebar? Da versprachst du, mich zu ehelichen, wenn Sigurd
    stürbe.“
    Erlend fuhr mit der Hand durch sein vom Schweiß nasses Haar.
    „Ja, ich entsinne mich“, sagte er.
    „Willst du dieses Wort nun einlösen?“ fragte Eline.
    „Nein“, erwiderte Erlend.
    Eline Ormstochter blickte zu

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