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Kristin Lavranstochter 1

Titel: Kristin Lavranstochter 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Undset
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gesehen hatte, war Kristin so scheckhaft, daß sie sich am liebsten drinnen bei der Mutter aufhielt - sie fürchtete sich sogar davor, einen von den Männern zu sehen, die an jenem Tage mit auf dem Berge gewesen waren und wußten, was ihr widerfahren war. Sie war froh, daß der Vater verboten hatte, die Erscheinung zu erwähnen.
    Aber als einige Zeit verstrichen war, verspürte sie Lust, davon zu sprechen. Innerlich erzählte sie irgend jemand davon - sie wußte nicht, wem und das Seltsame war: je mehr die Zeit verging, desto besser glaubte sie sich zu entsinnen, und desto klarer und klarer wurde die Erinnerung an die blonde Frau.
    Das Allerseltsamste aber war, daß sie jedesmal, wenn sie an das Elfenmädchen dachte, sich so sehr nach der Reise nach Skog sehnte, und sie fürchtete immer mehr und mehr, der Vater könnte sie nicht mitnehmen.
    Schließlich wachte sie eines Morgens auf und sah, daß Alt Gunhild und die Mutter auf der Türschwelle saßen und die gebündelten Eichhörnchenfelle Lavrans’ durchsahen. Gunhild war eine Witwe, die auf den Höfen umherwanderte und Pelzfutter für Umhänge und ähnliche Sachen nähte. Kristin verstand aus ihrem Gespräch, daß sie nun einen neuen Umhang bekommen sollte, mit Eichhörnchenpelz gefüttert und mit Marder verbrämt. Da wußte sie, daß sie mit dem Vater reisen durfte, und sie fuhr im Bett auf und schrie vor Freude.
    Die Mutter ging zu ihr hin und strich ihr über die Wange.
    „Freust du dich denn so, meine Tochter, so weit von mir wegzugehen ?“
    Das gleiche sagte Ragnfrid an jenem Morgen, da sie vom Hofe wegreiten sollten. Sie waren schon zu früher Morgenstunde auf, draußen war es dunkel, und dichter Nebel stand zwischen den Häusern, als Kristin zur Türe hinausspähte, um nach dem Wetter zu sehen - um die Lichter und vor den offenen Türen der Häuser wogte grauer Rauch. Leute liefen zwischen den Ställen und den Scheunen hin und her, und Frauen kamen Vom Küchenhaus mit dampfenden Grützeschüsseln und Trögen mit gekochtem Fleisch und Speck, die Leute sollten eine reichliche und starke Mahlzeit einnehmen, ehe sie in die Morgenkälte hinausritten.
    Drinnen wurden die Fellsäcke mit dem Reisegut geöffnet und vergessene Dinge hineingelegt. Ragnfrid erinnerte ihren Mann an alles, was er für sie auf der Reise besorgen sollte, sprach von Verwandten und Bekannten, die am Wege wohnten - diesen sollte er grüßen und nicht vergessen, nach jenem zu fragen.
    Kristin lief aus und ein, sagte allen im Hause viele Male Lebewohl und konnte nirgends Ruhe finden.
    „Freust du dich denn so, Kristin, so weit und auf so lange Zeit von mir wegzugehen?“ fragte die Mutter. Kristin wurde befangen und niedergeschlagen zugleich und wünschte, die Mutter hätte das nicht gesagt. Aber sie antwortete, so gut sie vermochte:
    „Nein, liebe Mutter, aber ich freue mich, weil ich meinen Vater begleiten darf.“
    „Ja, du freust dich wohl“, sagte Ragnfrid und seufzte. Dann küßte sie das Kind und zupfte die Kleider des Mädchens ein wenig zurecht.
    Und endlich saßen sie in den Sätteln, das ganze Reisegefolge - Kristin ritt auf Morvin, der früher das Reitpferd des Vaters gewesen war, er war alt, klug und zuverlässig. Ragnfrid reichte ihrem Gatten den silbernen Becher mit der letzten Herzstärkung hinauf, legte eine Hand auf das Knie der Tochter und bat sie, an alles zu denken, was sie ihr ans Herz gelegt habe.
    Dann ritten sie im Morgengrauen zum Hofe hinaus. Der Nebel lag weiß wie Milch über dem Tal. Nach einiger Zeit wurde er lichter, und dann sickerte der Sonnenschein durch. Und triefend vom Tau leuchteten in dem weißen Dunst Wiesen, die grün von Grummet waren, und fahle Stoppelfelder und gelbe Bäume und Ebereschen mit glänzenden roten Beeren. Die Berghänge schimmerten blau und ragten aus Dunst und Nebelrauch empor - dann zerriß der Nebel und trieb in Fetzen zwischen den Hängen hin, und die Schar ritt im herrlichsten Sonnenschein durch das Tal, Kristin neben ihrem Vater an der Spitze.
    Nach Hamar kamen sie an einem dunklen und regnerischen Abend, und Kristin saß vor ihrem Vater im Sattel, denn sie war so müde, daß vor ihren Blicken alles verschwamm - der See, der zur Rechten bleich leuchtete, und die dunklen Bäume, die nasse Tropfen auf sie herabschüttelten, wenn sie unter ihnen durchritten, und die finstern Häusergruppen auf den farblosen, nassen Wiesenflächen längs dem Wege.
    Sie hatte aufgehört, die Tage zu zählen - es dünkte sic, sie befinde sich schon

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