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Kristin Lavranstochter 1

Titel: Kristin Lavranstochter 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Undset
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Spott, genauso wie sie selbst - oder es wurde ihm noch schlimmer ausgelegt; er war doch kein Junge mehr. Aber er war es gewesen, der diese Hochzeit gewünscht hatte, er hatte sie als Braut in Seide und Samt und hoher Goldkrone sehen wollen - er hatte dies gewollt und hatte sie außerdem noch in allen jenen süßen heimlichen Stunden besitzen wollen. Sie hatte sich ihm in allem und jedem gefügt. Sie wollte ihm nun auch" in allem anderen weiter zu Willen sein.
    Dann würde er zuletzt wohl sehen, daß niemand beides auf einmal haben konnte. Er, der von dem großen Weihnachtsgelage gesprochen hatte, das er auf Husaby abhalten wollte, im ersten Jahr, in dem sie als seine Hausfrau auf dem Hofe sitzen würde - da wollte er allen seinen Verwandten und Freunden und den Leuten aus den Gemeinden im weiten Umkreis die schöne Krone zeigen, die er bekommen hatte. Kristin lächelte höhnisch. Dieses Gelage würde nun das kommende Weihnachten kaum abgehalten werden können.
    Zur Gregorsmesse ungefähr würde es soweit sein. Ein Sturm von Gedanken erfaßte sie, wenn sie sich sagte, daß sie um die Gregorsmesse ein Kind gebären sollte. Ein wenig Angst davor hatte sie auch - sie erinnerte sich der Schreie ihrer Mutter, die zwei Tage und Nächte lang über den Hof hingegellt hatten, damals, als Ulvhild zur Welt kam. Drüben auf Ulvshold waren zwei junge Frauen hintereinander bei der Geburt gestorben -und die beiden ersten Frauen von Sigurd auf Loptshof. Und ihre eigene Großmutter, nach der sie genannt worden war.
    Aber sie fühlte auch anderes als Angst. Sie hatte es sich in diesen Jahren so oft ausgedacht, immer wieder, wenn sie bemerkt hatte, daß sie noch nicht schwanger war: vielleicht sollte das die Strafe für sie und Erlend sein, daß sie nun weiterhin unfruchtbar bleiben würde. Sie sollten vergebens warten und warten müssen auf das, was sie früher befürchtet hatten, sollten so grundlos hoffen müssen, wie sie vorher grundlos gefürchtet hatten. Bis sie schließlich wissen würden, daß man sie einmal einsam aus Erlends altererbtem Hofe hinaustragen werde und sie dann dahingegangen wären - sein Bruder war ja Priester, die Kinder, die der hatte, konnten ihn nie beerben. Munan Stumpe und seine Söhne würden auf den Hof kommen und sich auf ihren Platz setzen, und Erlend würde aus dem Geschlecht ausgelöscht sein.
    Sie drückte die Hand fest gegen den Leib. Es war da - zwischen dem Zaun und ihr, zwischen dem Bottich und ihr. Zwischen ihr und der ganzen Welt war es - Erlends echter Sohn. Sie hatte die Probe, von der sie Frau Aashild einmal hatte sprechen hören, bereits gemacht, die Probe mit Blut aus dem rechten und aus dem linken Arm. Es war ein Sohn, den sie trug. Was er ihr wohl bringen würde? - Sie entsann sich ihrer toten kleinen Brüder, der traurigen Gesichter der Eltern, sooft man ihrer erwähnte, sie entsann sich, wie oft sie die Eltern um Ulvhilds willen verzweifelt gesehen hatte - und der Nacht, da Ulvhild starb. Und sie dachte an all den Kummer, den sie selbst ihnen bereitet hatte, an das vergrämte Gesicht des Vaters - und noch war kein Ende der Sorgen abzusehen, die sie über Vater und Mutter bringen würde.
    Trotzdem, trotzdem. Kristin senkte ihren Kopf auf den Arm, der auf dem Zaun lag; die andere Hand hielt sie noch über ihrem Leib. Wenn es ihr auch neuen Kummer brachte, wenn es ihr auch den Tod bringen würde - sie wollte lieber sterben, um Erlend einen Sohn zu gebären, als daß nach ihrer beider Tod die Höfe leer stehen und das Getreide auf ihren Äckern für Fremde wogen sollte.
    Es kam jemand in den Vorraum. Das Bier! dachte Kristin
    - ich hätte längst danach sehen sollen. Sie richtete sich auf - da tauchte Erlend unter dem Türrahmen auf und trat in den Sonnenschein heraus - strahlend und froh.
    „Stehst du hier!“ sagte er. „Und du gehst mir nicht einmal einen Schritt entgegen?“ fragte er sie. Er trat auf sie zu und umarmte sie.
    „Liebster, bist du zu uns gekommen?“ fragte sie erstaunt.
    Er mußte soeben vom Pferde gesprungen sein - hatte noch den Umhang über den Schultern und das Schwert an der Seite, hatte Bartstoppeln ums Kinn, war schmutzig und ganz staubig. Er war in einen roten Kittel gekleidet, der in Falten vom Halsausschnitt herabfiel und an den Seiten bis fast unter die Arme aufgeschlitzt war. Während sie durch das Brauhaus und über den Hofplatz dahinschritten, schlug sich sein Gewand so auf, daß seine Schenkel bis zur Hüfte sichtbar wurden. Es war merkwürdig - sie

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