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Kristin Lavranstochter 1

Titel: Kristin Lavranstochter 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Undset
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Sonne. Zwischen dem Rauschen des Flusses hörte sie dann und wann den Ton der Sensen in den Wiesen draußen - zuweilen schlug das Eisen auf einen Stein. Der Vater und das Gesinde arbeiteten emsig, um mit der Heuernte fertig zu werden. Es gab ja so vieles zu tun bis zu ihrer Hochzeit.
    Der Geruch der lauwarmen Treber und die bittere Ausdünstung der Schweine - ihr wurde wieder übel. Und die Mittagshitze ließ sie schwindlig und matt werden. Blaß und steif im Rücken saß sie da und wartete, daß es vorübergehen sollte - sie wollte nicht wieder krank werden.
    So hatte sie sich früher noch nie gefühlt. Es nützte auch nichts, wenn sie sich damit zu trösten versuchte, daß es noch nicht sicher sei, sie könne sich noch irren. Das, was zwischen dem Bottich und ihr war.
    Achtzehn Renntiere. An die zweihundert Hochzeitsgäste. -Die Leute würden etwas zu lachen haben, wenn es aufkam, daß dieses ganze Aufgebot nur um einer schwangeren Frau willen gemacht worden war, die man noch rechtzeitig vorher hatte verheiraten wollen.
    O nein. Sie warf das Spinngerät von sich und fuhr auf. Die Stirne an die Wand des Brauhauses gelehnt, erbrach sie sich in die Nesseln, die dort üppig wucherten. Es wimmelte von braunen Raupen auf den Nesseln - als sie das sah, wurde ihr noch übler. Kristin fuhr mit den Händen über die vom Schweiß nassen Schläfen. O nein, es war ganz sicher.
    Sie sollten am zweiten Sonntag nach der Mikalsmesse getraut werden, und dann sollte ihre Hochzeit fünf Tage lang gefeiert werden. Bis dahin waren es noch mehr als zwei Monate. Da konnten sie es ihr wohl ansehen - die Mutter und die anderen Frauen im Tale. Die waren immer so klug in solchen Dingen, wußten es stets, wenn eine Frau ein Kind erwartete, Monate bevor Kristin begreifen konnte, woran sie es erkannten. - Die Ärmste, sie ist so blaß. Ungeduldig rieb Kristin ihre Wangen mit den Händen, denn sie fühlte, daß diese blutlos und bleich waren.
    Früher, da hatte sie ja so oft gedacht, dies müßte wohl einmal eintreffen. Und sie hatte sich nicht so entsetzlich davor gefürchtet. Aber damals wäre es nicht das gleiche gewesen, da sie einander nicht auf gesetzliche Weise bekommen konnten und durften. Man rechnete es ja gewiß für eine Schande und für eine Sünde dazu; galt es aber jungen Leuten, die sich nicht durch Zwang voneinander trennen lassen wollten , so urteilte man nachsichtig und sprach mit Wohlwollen von ihnen. Sie hätte sich nicht geschämt. Aber wenn so etwas zwischen Brautleuten vorkam - dann wurde nur darüber gelacht und derb gescherzt. Sie fand selbst - daß es lächerlich sei; hier brauten sie Bier und mischten Wein, es sollte geschlachtet und gebacken und gebraten werden für eine Hochzeit, die von sich reden machen würde - und ihr, der Braut, wurde schlecht, wenn sie nur das Essen roch. Sie schlich sich mit kaltem Schweiß auf der Stirne hinter die Wirtschaftsgebäude und fühlte sich elend.
    Erlend! Sie biß die Zähne vor Zorn aufeinander. Er hätte ihr das ersparen können. Denn sie hatte nicht gewollt. Er hätte daran denken sollen, daß früher, als alles so ungewiß für sie gewesen war, als sie auf nichts anderes als auf seine Liebe ver-trauen konnte, daß sie ihm da immer, immer zu Willen gewesen war. Er hätte sie lassen sollen, als sie versuchte, sich zu weigern, weil sie fand, es sei nicht schön von ihnen, sich etwas zu stehlen, nachdem der Vater im Beisein ihrer beider Verwandten ihre Hände zusammengelegt hatte. Aber er hatte sie genommen, halb mit Gewalt und mit Lachen und Liebkosen, so daß es ihr nicht möglich gewesen war zu zeigen, wie ernsthaft ihr Widerstreben gemeint war.
    Sie ging hinein und sah nach dem Bier, kam wieder zurück und beugte sich über den Zaun. Das Korn wogte schwach in einem leisen Luftzug und glänzte in der Sonne. Sie konnte sich nicht erinnern, die Felder je so dicht und üppig gesehen zu haben wie in diesem Jahr. Draußen blitzte der Fluß, und sie hörte die Stimme ihres Vaters - die Worte konnte sie nicht unterscheiden, aber sie lachten, die Leute draußen auf der Insel im Fluß.
    Ob sie zu ihrem Vater gehen sollte und es ihm sagen? Ihm sagen, es sei besser, all diesen Aufwand zu unterlassen, sie und Erlend still zusammenzugeben, ohne feierliche Trauung in der Kirche und ohne großes Gelage - nun, da es sich nur noch darum handelte, ihr den Frauennamen zu verleihen, ehe es für alle Menschen sichtbar wurde, daß sie Erlends Kind schon unter dem Herzen trug.
    Auch Erlend wurde zum

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