Kristin Lavranstochter 1
in dem noch einige gelbe und rote Früchte an den Bäumen hingen. Zwei Predigerbrüder in schwarzen und weißen Gewändern rechten im Garten welkes Bohnenkraut zusammen.
Das Kloster war nicht viel anders beschaffen als ein Bauernhof, und die Herberge, in die der Mönch Kristin führte, glich am ehesten einer ärmlichen Bauernstube, doch waren viele Bettstellen darin. In einem der Betten lag ein alter Mann, und bei der Feuerstätte saß eine Frau und wickelte einen Säugling; zwei größere Kinder, ein Knabe und ein Mädchen, standen bei ihr.
Sie klagten beide, der Mann wie die Frau, weil sie noch kein Frühstück bekommen hatten.
„Aber sie mögen uns nichts zu essen bringen, wir können gerne verhungern, während du in der Stadt herumrennst, Bruder Edvin!“
„Sei nur nicht böse, Steinulv“, sagte der Mönch. „Komm her und grüße, Kristin. - Sieh, dieses feine, schöne kleine Mädchen soll heute hier bei uns bleiben und mit uns essen.“
Er erzählte Kristin, daß Steinulv auf der Heimreise von einer Zusammenkunft krank geworden war und daß man ihm erlaubt hatte, statt im Spital hier in der Herberge des Klosters zu liegen, weil im Spital eine Verwandte von ihm wohnte, die so böse war, daß er es dort nicht aushalten konnte.
„Aber ich merke schon, ihr seid es bald satt, mich hierzuhaben“, sagte der Bauer. „Wenn du von hier weggehst, Bruder Edvin, dann ist wohl niemand mehr da, der Zeit hat, mich zu warten, und dann stecken sie mich wohl doch noch ins Spital.“
„Oh, du bist längst wieder gesund, ehe ich mit meiner Arbeit in der Kirche fertig bin“, sagte Bruder Edvin. „Dann kommt dein Sohn und holt dich.“ - Er nahm einen Kessel mit warmem Wasser von der Feuerstelle und ließ ihn Kristin halten, während er Steinulv wusch. Da wurde der Alte ein wenig besserer Laune, und gleich darauf kam ein Mönch und brachte ihnen zu essen und zu trinken.
Bruder Edvin sprach ein Gebet über das Essen und nahm auf der Bettkante bei Steinulv Platz, um ihm behilflich zu sein. Da setzte Kristin sich zu der Frau und fütterte ihren Knaben, denn er war so klein, daß er nicht gut zu der Schüssel hinaufreichen konnte und vertropfte, wenn er den Löffel in die Schüssel mit Bier getaucht hatte. Die Frau war aus dem Hadeland mit ihrem Mann und den Kindern hierhergekommen, um ihren Bruder, der hier im Kloster Mönch war, zu begrüßen. Aber dieser wanderte draußen in den Gemeinden umher, und sie klagte sehr darüber, daß sie nun hierbleiben und die Zeit versäumen mußten.
Bruder Edvin redete der Frau gut zu; sie solle doch nicht sagen, daß sie ihre Zeit versäume, wenn sie hier in Bischofs-Hamar sei, hier gäbe es alle die prächtigen Kirchen, und die Mönche und die Domherren hielten Messen und sängen den ganzen Tag, jeder zu seiner Zeit - und die Stadt sei so schön, schöner noch als Oslo, wenn sie auch etwas kleiner sei, hier aber
habe fast jeder Hof seinen Garten. „Du hättest es sehen sollen: als ich im Frühling hierherkam, da war die ganze Stadt weiß von Blüten. Und als dann die Apfelblüten aufsprangen ..
„Ja, hilft mir das jetzt etwas!“ sagte die Frau mürrisch. „Und hier ist mehr von Heiligtümern als von Heiligkeit zu sehen, will mir scheinen.“
Der Mönch lachte ein wenig und schüttelte den Kopf. Dann wühlte er im Stroh seines Bettes und brachte einen großen Beutel Äpfel und Birnen zum Vorschein, die er unter die Kinder verteilte. Kristin hatte nie so gute Früchte gegessen. Der Saft rann ihr bei jedem Bissen aus den Mundwinkeln.
Jetzt aber mußte Bruder Edvin in die Kirche hinüber, und er sagte, Kristin solle mitkommen. Sie überquerten den Klosterhof, und durch eine kleine Seitentür betraten sie den Chor.
Auch an dieser Kirche wurde noch gebaut, und es war auch hier, wo Langschiff und Querschiff zusammentrafen, ein Gerüst errichtet. Bischof Ingjald lasse den Chor ausbessern und ausschmücken, erzählte Bruder Edvin - der Bischof sei sehr reich und verwende seinen ganzen Reichtum darauf, die Kirchen hier in der Stadt zu schmücken; er sei ein hervorragender Bischof und ein guter Mann. Die Predigerbrüder im Olavskloster seien auch gute Männer, führten einen reinen Lebenswandel, seien gelehrt und demütig; es sei ein armes Kloster, doch man habe ihn dort gut aufgenommen. - Bruder Edvin war im Minoritenkloster in Oslo daheim, man hatte ihm aber erlaubt, in der Diözese Hamar milde Gaben zu sammeln.
„Aber komm nun mit“, sagte er und führte Kristin an den Fuß des
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