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Kristin Lavranstochter 1

Titel: Kristin Lavranstochter 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Undset
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gegangen war. Wie schön, wie schön er war. Sie glaubte zu sehen, daß er der Sippe ihres Vaters nachschlug: seine Augen waren dunkelgrau und das Haar hell wie Flachs, dick und seidenweich.
    Jetzt fing er wieder an zu jammern. Kristin stand auf und ging mit ihm auf und ab. So klein und schmächtig er war, so war er auf die Dauer doch schwer - aber Gaute wollte nirgends anders sein als in den Armen der Mutter. So trug sie ihn denn herum und schläferte ihn ein, während sie in der dämmerigen Halle auf und nieder ging.
    Draußen ritt jemand in den Hofplatz ein. Ulv Haldorssohns Stimme dröhnte zwischen den Häusern. Kristin trat in die Türe des Vorraumes, mit dem Kind auf den Armen.
    „Du mußt heute abend dein Pferd wohl selber absatteln, Ulv, die Knechte sind alle beim Tanz. Es tut mir leid, daß du damit geplagt wirst, aber du mußt entschuldigen ...“
    Ulv murmelte ärgerlich etwas vor sich hin, während er absattelte. Unterdessen drängten Naakkve und Björgulv sich um ihn und wollten auf das Pferd aufsitzen dürfen, wenn es auf die Weide hinübergeführt würde.
    „Nein, du mußt bei Gaute bleiben, mein Naakkve - mußt mit deinem Bruder spielen, damit er nicht weint, während ich im Küchenhaus bin.“
    Der Knabe machte ein saures Gesicht. Aber gleich darauf kroch er auf allen vieren, brummte und stieß mit dem Kopf gegen den Kleinen, den Kristin neben der Türe auf ein Kissen gesetzt hatte. Die Mutter beugte sich hinab und strich Naakkve übers Haar. Er war so gut zu seinen kleinen Brüdern.
    Als Kristin mit der großen Schüssel in den Armen wieder die Halle betrat, saß Ulv Haldorssohn auf der Bank und spielte mit den Kindern. Gaute war gern bei Ulv, solange die Mutter nicht zu sehen war - jetzt aber wimmerte er gleich wieder und streckte die Arme nach ihr aus. Kristin stellte das Gefäß ab und nahm Gaute zu sich.
    Ulv blies den Schaum von dem frisch abgezapften Bier, trank und stocherte in den kleinen Näpfen in der großen Schüssel herum.
    „Sind deine Mägde heute abend alle weg?“
    Kristin erwiderte:
    „Es sind Geigen und Trommeln und Pfeifen gekommen -eine Schar Spielleute, die nach einer Hochzeit von Orkedal herübergewandert ist. Du kannst dir denken, als sie das erfuhren - es sind ja junge Mädchen ...“
    „Du läßt sie wegrennen und ausfliegen, Kristin. Ich glaube fast, du hast Angst, es könnte zum Herbst schwer sein, eine Amme zu finden.“
    Unwillkürlich glättete Kristin das Kleid über ihrer schlanken Mitte. Sie war bei den Worten des Mannes dunkelrot im Gesicht geworden. Ulv lachte kurz und hart.
    „Wenn du aber die ganze Zeit Gaute mit dir herumträgst, dann wird es dir wohl so gehen wie voriges Jahr. Komm her zu deinem Pflegevater, Junge, dann darfst du mit mir aus einer Schüssel essen.“
    Kristin gab keine Antwort. Sie setzte ihre drei kleinen Söhne in einer Reihe auf die Bank an der anderen Wand, holte die Schüssel mit Milchgrütze herbei und zog sich einen kleinen Hocker heran. Da saß sie und fütterte die Kinder, obgleich Naakkve und Björgulv aufbegehrten - sie wollten Löffel haben und selber essen. Der eine war nun vier und der andere bald drei Jahre alt.
    „Wo ist Erlend?“ fragte Ulv.
    „Margret wollte zum Tanz, da ging er mit ihr.“
    „Es ist nur gut, daß er soviel Verstand hat, seine Tochter zu hüten“, sagte Ulv.
    Wiederum gab Kristin keine Antwort. Sie zog die Kinder aus und legte sie schlafen, Gaute in die Wiege und die beiden anderen ins Ehebett. Erlend hatte sich dreingefunden, sie dort zu haben seitdem Kristin im Jahr zuvor von der schweren Krankheit wieder aufgestanden war.
    Als Ulv satt war, streckte er sich auf der Bank aus. Kristin zog den Kubbestuhl* zur Wiege hin, holte den Korb mit Wollgarnen und machte sich daran, Knäuel zu ihrem Gewebe zu wickeln, während sie leise und langsam die Wiege bewegte.    
    „Willst du nicht schlafen gehen?“ fragte sie einmal, ohne den Kopf zu wenden. „Du bist doch wohl müde, Ulv?“
    Der Mann erhob sich, legte Holz aufs Feuer und trat dann zur Hausfrau. Er setzte sich auf die Bank ihr gerade gegenüber.
    * Aus einem Baumstamm in einem Stück herausgeschnitzter Stuhl.
    Kristin sah, daß er nicht so verkommen vom Zechen aussah wie sonst, wenn er einige Tage in Nidaros gewesen war.
    „Du fragst nicht einmal nach Neuigkeiten aus der Stadt, Kristin?“ sagte er und sah sie an, vorgebeugt und die Ellbogen auf die Schenkel gestützt.
    Ihr Herz begann vor Furcht zu pochen - sie verstand aus der Miene und dem

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