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Kristin Lavranstochter 1

Titel: Kristin Lavranstochter 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Undset
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vorzustellen, es hätte in irgendeine! Weise besser um ihn gestanden damals, da er in Sündenketten mit einer anderen lebte - und mit ihr selbst. Immer deutlicher und deutlicher sah sie sein Gesicht in jener Zeit vor sich: verheert von Sorgen, verzerrt von Leidenschaft. Nein, nein, es war gut so, wie es jetzt war. Er war nur ein wenig zu sorglos und unbedacht.
    Erlend kam kurz vor der Mikalsmesse heim. Er hatte gehofft, Kristin im Bett zu finden, aber sie ging immer noch umher. Sie kam ihm unten auf dem Weg entgegen. Diesmal war ihr Gang entsetzlich schwerfällig - aber wie immer trug sie Gaute auf dem Arm; die beiden größeren Söhne liefen vor ihr her.
    Erlend sprang vom Gaul und setzte die Knaben in den Sattel. Dann nahm er der Gattin den jüngsten Sohn ab und wollte ihn tragen. Es leuchtete in Kristins weißem, abgezehrtem Gesicht auf, als Gaute sich nicht vor dem Vater fürchtete - so erkannte der Knabe ihn wohl wieder. Sie erkundigte sich nicht nach den Erlebnissen des Mannes, sondern sprach nur von den vier Zähnen, die Gaute bekommen hatte; die hatten ihn so krank gemacht.
    Dann brach der Knabe in ein Geschrei aus: er hatte sich die Wange an des Vaters Brustschließe blutig gerissen. Nun verlangte er wieder zur Mutter zurück, und sie wollte ihn nehmen, sosehr Erlend auch dagegen war.
    Erst am Abend, als sie allein in der Halle saßen und die Kinder schliefen, fragte Kristin ihren Mann nach seiner Björgvin-Fahrt - als sei dies etwas, dessen sie sich erst jetzt erinnere. Erlend blickte seine Frau heimlich an. Arme liebste Freundin - sie sah so elend aus. Dann erzählte er zuerst allerlei Kleinigkeiten. Erling hatte ihn gebeten, sie zu grüßen und ihr dieses hier zu geben - es war ein Bronzedolch, von Grünspan verzehrt. Sie hatten ihn draußen auf Giske in einem Geröll gefunden. So etwas helfe gegen Gliederkrankheit, sagte man; wenn es das war, woran Gaute litt, sollte sie es in die Wiege legen.
    Kristin hüllte den Dolch wieder in das Tuch, erhob sich mühsam und ging zur Wiege. Sie legte das Bündel zu all dem anderen, was unter den Kissen lag: eine Steinaxt, die man im Erdboden gefunden hatte, ein Bibergeil, Kreuze, aus Bast geflochten, Silber und Feuerstahl, Wurzeln von Marienhand und Olavsbart.
    „Leg dich jetzt, meine Kristin“, bat Erlend liebevoll. Er kam herzu und zog ihr Schuhe und Strümpfe aus. Währenddessen erzählte er ihr.
    Haakon Ogmundssohn war zurückgekommen, und der Frieden mit den Russen und Karelen war geschlossen und besiegelt. Er selbst würde nun im Herbst nach Norden fahren. Denn es war wohl kaum anzunehmen, daß dort so schnell Ruhe herrschen würde. Es wurde daher notwendig, daß auf Vargöy ein Mann saß, der das Land kannte. Ja, er war dort als Burghauptmann des Königs mit aller Vollmacht ausgerüstet - die Burg mußte stärker befestigt werden, damit der Friede dort oben bei den neuen Landesgrenzen verteidigt werden konnte.
    Erlend sah seiner Frau gespannt ins Gesicht. Sie schien ein wenig erschrocken - aber sie fragte nicht viel, und es war klar, daß sie nicht ganz begriff, was diese Nachrichten bedeuteten. Er sah, wie müde sie war, darum sprach er nicht mehr weiter davon, sondern blieb noch eine Weile auf dem Bett bei ihr sitzen.
    Er selbst wußte, was er auf sich genommen hatte. Er lachte still vor sich hin, während er beim Auskleiden hin und her ging. Das bedeutete kein Daheimsitzen mit dem silbernen Gürtel um den Wanst, kein Biergelage für Freunde und Verwandte, da konnte man nicht seine Nägel fein und gleichmäßig beschneiden, während man seine Lehensmänner und Unteranführer dahin und dorthin schickte - so wie es hier südlich im Lande die Burghauptleute des Königs trieben. Die Burg auf Vargöy war nun aber auch eine Festung von eigener Art.
    Lappen, Russen, Karelen und ein gemischtes Gezücht von allerlei Trollpack, Zauberern, Heidenhunden und Lieblingslämmern des Teufels, denen beigebracht werden sollte, den Sendboten des Reiches Zins und Zehent zu entrichten und die norwegischen Heimstätten, die in einem Umkreis wie von hier nach Möre zerstreut lagen, in Frieden zu lassen. Frieden - vielleicht konnte dort oben mit der Zeit einmal Landfrieden werden; solange seine Zeit dort währte, war wohl nur dann mit Frieden zu rechnen, wenn der Teufel in der Messe war. Und außerdem hatte er seine eigenen verwegenen Tollköpfe im Zaum zu halten. So gegen den Frühling zu, wenn sie anfingen von der Dunkelheit und dem Sturm, dem Höllenlärm des Meeres und der

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