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Kristin Lavranstochter 1

Titel: Kristin Lavranstochter 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Undset
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Kälte den Kopf zu verlieren - und wenn es schmal herging mit Mehl und Butter und Getränken und sie sich um ihre Weiber rauften und das Leben auf der Insel kaum mehr auszuhalten war. Er hatte ein wenig davon zu sehen bekommen, als er mit Gissur Galle als Junge dort oben war. Hoho, dort konnte man sich nicht auf die faule Haut legen!
    Jetzt saß Ingolf Peit dort, er war ganz tüchtig. Aber Erling hatte völlig recht: dort oben mußte ein Mann aus der Ritterschaft sich der Dinge annehmen - vorher würde niemand begreifen, daß es der feste Wille des norwegischen Königs war, seine Herrschaft über dieses Land zu behaupten. Hoho, in diesem Land würde er sein wie eine Nähnadel in einem Webstück. Weit und breit keine norwegische Ansiedlung bis ganz hinunter nach Malang.
    Ingolf war ein tüchtiger Mann - wenn er einen über sich hatte. Erlend würde Ingolf die Führung über Hugrekken überlassen. Margygren war das prächtigste Schiff, das hatte er jetzt erkannt. Erlend lachte leise und glücklich. Er hatte es so oft zu Kristin gesagt - diese Nebenfrau mußte sie ertragen.
    Er erwachte davon, daß im Finstern ein Kind schrie. Er hörte, wie sich Kristin drüben im Bett an der anderen Wand rührte und leise und beruhigend redete - es war Björgulv, der jammerte. Es kam öfters vor, daß der Knabe nachts erwachte und ihm die Augen ganz zugeklebt waren; dann feuchtete die Mutter sie mit der Zunge an. Erlend hatte stets gefunden, dies sei schrecklich anzusehen.
    Kristin summte leise da drüben. Der kleine dünne Ton quälte ihn.

Erlend entsann sich, was er geträumt hatte. Er ging irgendwo an einem Strand entlang - es war Ebbe, und er sprang von Stein zu Stein. Weit draußen lag das Wasser bleich und glänzend und leckte im Tang - es war wie in einer stillen, bewölkten Sommernacht, keine Sonne. Vor der silberhellen Fjordöffnung sah er das Schiff vor Anker liegen, schwarz und schlank, wie es sich ganz leise auf den Wellen wiegte. Es roch so heidnisch herrlich nach See und Algen.
    Das Herz wurde ihm krank vor Sehnsucht. Jetzt in der Finsternis der Nacht, wie er so hier im Gastbett lag und ihm der einförmige Ton der Ammenweise im Ohr bohrte, jetzt empfand er, wie er sich sehnte. Fort von daheim und den Kindern, von denen das Haus überquoll, fort von allem Gerede über Hofwirtschaft, Gesinde, Pächter und Kinder - und fort von der Herzensangst um sie, die stets krank umherging und mit der er immer Mitleid empfinden mußte.
    Er preßte die Hände über seinem Herzen zusammen. Es war, als höre es auf zu schlagen, liege nur still da und bebe vor Schrecken in der Brust. Er sehnte sich fort von ihr. Wenn er daran dachte, was sie nun durchmachen mußte, so schwach und kraftlos, wie sie jetzt war - er wußte, es konnte zu jeder Stunde eintreten -, dann dünkte ihn, er müsse vor Angst ersticken. Aber wenn er Kristin verlieren würde - er konnte sich nicht ausdenken, wie er dann weiterleben sollte. Doch er vermochte auch nicht mit ihr zusammen zu leben - nicht jetzt; er wollte fort von alledem und aufatmen, es war, als gelte es für ihn das Leben.
    Jesus, mein Erlöser! Oh, was war er doch für ein Mann! Er sah es jetzt in dieser Nacht. Kristin, mein süßes, mein liebstes Weib - so richtig herzenstiefe Freude hatte er bei ihr nur damals gekannt, da er sie auf Abwege führte.
    Er, der so sicher geglaubt hatte, an dem Tag, da er Kristin vor Gott und den Menschen zur Ehe und zu eigen bekäme, würde
    alles Böse so völlig aus seinem Leben gestrichen sein, daß er alles Frühere vergessen müßte.
    Es war wohl so um ihn bestellt, daß er einen wirklich guten und reinen Menschen nicht in seiner Nähe ertrug. Denn Kristin - ja, seitdem sie sich befreit hatte von Sünde und Unreinheit, in die er sie hineingeführt - war wie ein Engel aus dem Reiche Gottes. Mild und treu, sanftmütig, tüchtig, aller Ehren würdig. Die Ehre hatte sie wieder nach Husaby gebracht. Sie war wiederum die gleiche wie damals in jener Sommernacht, als die blutjunge, zarte, reine Jungfrau sich dort im Klostergarten unter seinen Umhang geschmiegt hatte und er, während er den feinen jungen Körper an seiner Seite fühlte, dachte: der Teufel selbst brächte es nicht über sich, dieses Kind zu kränken oder ihm Kummer zu bereiten.
    Die Tränen strömten Erlend über das Gesicht.
    So war es also wahr, was sie ihm gesagt hatten, die Priester, daß Sünde die Seele eines Mannes wie Rost auffresse - denn nun fand er weder Ruhe noch Frieden hier bei seinem geliebten

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