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Kristin Lavranstochter 1

Titel: Kristin Lavranstochter 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Undset
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sie soll euch verzaubern, und dann sollt ihr weiße Bären werden und im wilden Wald herumlaufen, meine Tochter aber wird alles erben, was ich besitze.“
    Die Kinder schrien und kletterten auf das Bett zur Mutter hinauf - Gaute verstand nichts, schrie jedoch mit und krabbelte auch hinauf, weil die Brüder es taten. Kristin klagte - Erlend dürfe nicht so schlimme Scherze machen. Naakkve aber taumelte wieder herunter; ganz verzückt vor Lachen und Schrecken, fuhr er auf den Vater los, hängte sich ihm an den Gürtel und biß schreiend und jubelnd nach Erlends Händen.
    Auch dieses Mal bekam Erlend nicht die Tochter, die er sich so sehr wünschte. Kristin gebar ihm zwei große, schöne Söhne, die sie aber beinahe das Leben kosteten.
    Erlend ließ die Knaben taufen, den einen nach Ivar Gjesling, den anderen aber nach König Skule. Dessen Name war sonst in der Sippe nicht erhalten geblieben - Frau Ragnfrid hatte gesagt, ihr Vater sei ein Unglücksmann gewesen, und deshalb solle niemand nach ihm genannt werden. Aber Erlend schwor darauf, daß keiner seiner Söhne einen stolzeren Namen trage als dieser jüngste.
    Es war nun inzwischen so spät im Herbst geworden, daß Erlend nach Norden reisen mußte, sobald Kristin über die schlimmste Gefahr hinweg war. Und er meinte in seinem Herzen, es sei ganz gut, daß er schon wegfahre, ehe sie wieder vom Bett aufstand. Fünf Söhne in fünf Jahren - das konnte wohl genug sein, und er wollte nicht in der Angst leben müssen, sie könnte im Kindbett sterben, während er oben auf Vargöy saß.
    Auch Kristin dachte ähnlich, das merkte er wohl. Sie beklagte sich nicht mehr, daß er von ihr wegfahren wollte. Sie hatte jedes Kind, das kommen sollte, als eine kostbare Gabe Gottes betrachtet und die Qualen hingenommen als etwas, dem sie sich unterwerfen mußte. Diesmal aber hatte sie so entsetzlich Schweres durchgemacht, daß Erlend begriff, wie ihr aller Mut vergangen war. Sie lag da, mit einem Antlitz, gelb wie Lehm, und betrachtete die beiden kleinen Bündel an ihrer Seite, und ihre Augen sahen nicht so glücklich drein wie sonst nach dem Kommen der anderen.
    Erlend saß bei ihr und machte in Gedanken die ganze Reise nach Norden. Eine schwere Seefahrt würde es jetzt so spät im Herbst wohl werden - und seltsam würde es sein, in diese lange Nacht hinaufzukommen. Aber er empfand unaussprechliche Sehnsucht. Diese letzte Angst um seine Frau hatte allen Widerstand in seinem Inneren vollkommen gebrochen - willenlos überließ er sich der Sehnsucht, von zu Hause wegzukommen.
    4
    Erlend Nikulaussohn lebte beinahe zwei Jahre als Landesverteidiger und Hauptmann des Königs auf der Festung auf Vargöy. Während dieser ganzen Zeit kam er nicht südlicher als einmal nach Bjarköy, als er und Herr Erling Vidkunssohn eine Zusammenkunft verabredet hatten. Im zweiten Sommer, den Erlend weg war, starb endlich Henning Alvssohn, und Erlend wurde sein Nachfolger als Vogt im Orkdölagau. Haftor Graut kam nach Norden, um ihn auf Vargöy abzulösen.
    Erlend war froh und glücklich, als er im Herbst, einige Tage nach der Marienmesse, nach Süden segelte. Jenes Amt zu erhalten, das sein Vater einmal innegehabt hatte, war die Genugtuung, nach der er sich in allen diesen Jahren gesehnt hatte. -Nicht, als ob es ein Ziel gewesen wäre, das zu erreichen er sich jemals bemüht hatte, aber es war ihm stets bewußt gewesen: er brauchte dieses Amt, um auf jenen Platz zu gelangen, der ihm gebührte - sowohl in seinen eigenen Augen als in denen seiner Standesgenossen. Jetzt hatte es nichts mehr zu bedeuten, daß man ihn für ein wenig andersgeartet ansah als die anderen, die Stubenhocker - es war nichts Falsches mehr in seiner Sonderstellung.    
    Und er sehnte sich heim. Es war friedlicher gewesen in Finnmarken, als er erwartet hatte. Schon der erste Winter hatte ihm zugesetzt - er lebte untätig dort in der Burg und konnte auch die Ausbesserung der Festung nicht fördern. Sie war vor siebzehn Jahren gut instand gesetzt worden, nun aber völlig verfallen.
    Dann kamen der Frühling und der Sommer und Leben und Unruhe - da und dort in den Fjorden fanden Zusammenkünfte mit den norwegischen und halbnorwegischen Steuereintreibern und den Wortführern der Stämme aus dem Inneren des Landes statt.
    Erlend fuhr mit seinen beiden Schiffen umher, dieses Leben gefiel ihm. Auf der Insel wurden die Gebäude ausgebessert und die Befestigungen verstärkt. Aber im Jahr darauf war es wieder still.
    Haftor würde nun wohl dafür

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