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Kristin Lavranstochter 1

Titel: Kristin Lavranstochter 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Undset
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sorgen, daß wieder Unruhe entstand. Erlend lachte. Sie waren miteinander beinahe bis nach Trjanema gesegelt, und dort war Haftor eine Lappenfrau untergekommen, die er mit sich nahm. Erlend redete auf ihn ein, er solle bedenken, es gelte den Heiden zu zeigen, daß die Norweger die Herren seien - und da müsse man sich vorsehen, die Leute nicht unnötig aufzureizen, in Anbetracht der geringen Anzahl von Männern, die man um sich hätte. Man dürfe sich auch nicht dreinmischen, wenn die Lappen untereinander kämpften und sich umbrächten; die Freude müsse man ihnen ungestört lassen, dagegen aber gelte es, wie ein Habicht hinter den Russen und den Kolaleuten, oder wie das Pack eben heiße, her zu sein. Die Weiber aber müsse man in Frieden lassen: erstens einmal wären sie alle miteinander Hexen, und zweitens gebe es genug, die sich selber anböten. Aber der Junge von Godöy mußte es treiben, wie er wollte, bis er dazugelernt hatte.
    Haftor wollte von seinen Höfen und von seiner Frau weg. Und Erlend wollte zu den Seinen heim. Er sehnte sich ganz krank nach Kristin und Husaby und der Heimat und allen seinen Kindern - nach allem daheim bei Kristin.
    Im Lyngs-Fjord wurde ihm von einem Schiff erzählt, das einige Mönchpriester an Bord hatte. Es sollten Prädikanten von Nidaros sein, die nach Norden fahren und versuchen wollten, unter den Heiden und Ketzern in den Grenzgegenden den wahren Glauben einzupflanzen.
    Erlend glaubte sicher zu sein, daß Gunnulv sich unter ihnen befand. Und drei Nächte später saß er wirklich allein mit seinem Bruder in einer Erdgamme, die zu einem kleinen norwegischen Hof an jenem Strand gehörte, wo sie einander gefunden hatten.
    Erlend war seltsam bewegt. Er hatte die Messe gehört und war mit seiner Schiffsmannschaft zum Altar gegangen - das einzige Mal beinahe hier im Norden, außer wenn er auf Bjarköy war. Die Kirche auf Vargöy war ohne Priester; in der Burg lebte ein Diakon, und der hatte wohl versucht, die Feiertage für sie in Ordnung zu halten, im übrigen aber war es um die Seelenhilfe der Norweger dort oben im Norden nicht sonderlich bestellt. Sie mußten sich eben damit trösten, daß sie wie auf einer Art Kreuzzug lebten und daß ihnen ihre Sünden also nicht allzu streng angerechnet würden.
    Darüber sprach er nun gerade mit Gunnulv, und der Bruder hörte mit einem fernen und seltsamen Lächeln um den schmalen Mund zu. Es sah stets aus, als ziehe er die Unterlippe ein wenig ein, wie man es gern tut, wenn man über irgend etwas heftig nachdenkt, es beinahe begreift, aber die Sache noch nicht ganz geklärt hat.
    Die Nacht ging schon fast zu Ende. Alle übrigen Leute auf dem Hof schliefen; die Brüder wußten, daß nur sie allein wachten. Und sie waren beide von dem Seltsamen ergriffen, das darin lag, daß sie hier allein saßen.
    Das Rauschen des Meeres und des Sturmes erreichte schwach und gedämpft durch die Erdwand ihr Ohr. Dann und wann stieß ein Lufthauch herein, fachte die Glut auf der Feuerstätte an und ließ die Flamme der Tranlampe ein wenig aufflackern. Es fand sich kein Hausgerät in der Hütte; die Brüder saßen auf der niederen Erdbank, die an drei Seiten des Raumes entlanglief, und zwischen ihnen lag Gunnulvs Schreibbrett mit dem Tintenhorn, der Schreibfeder und einer Rolle Pergament. Gunnulv hatte Verschiedenes aufgeschrieben, was ihm der Bruder von Zusammenkünften und Ansiedlern dort, von Peilungen und Wetterzeichen und von Wörtern aus der Sprache der Samen, der Lappen, erzählt hatte - gerade wie es Erlend eben eingefallen war. Gunnulv hatte selbst den Befehl über das Schiff - Sunnivasuden hieß es, denn die Prädikantenbrüder hatten Sankta Sunniva zur Schutzheiligen für ihr Vorhaben auserwählt.
    „Ja, wenn es euch nur nicht so ergeht wie den Märtyrern von Selja“, meinte Erlend, und wiederum lächelte Gunnulv ein wenig.
    „Du nennst mich unruhig, du, Gunnulv“, fing er wieder an. „Wie sollte man dich dann nennen? Erst bist du die ganzen Jahre im Süden umhergewandert, und kaum bist du heimgekehrt, so läufst du von Amt und Pfründen davon, um dem Teufel und seinen Kindern oben im Norden, in Velli-aa, zu predigen. Dabei kannst du ihre Sprache nicht, und sie verstehen nicht die deine. Mich dünkt es, du seist noch unsteter als ich.“
    „Ich brauche weder für Güter noch für Verwandte zu sorgen“, erwiderte der Mönch. „Ich habe mich nun von allen Banden befreit, du aber hast dich gebunden, Bruder.“
    „Ach ja. Wer nichts besitzt, der

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