Kristin Lavranstochter 1
Gjesling, hatte Sundbu durch Heirat und Tausch wiedererhalten, aber diese Angelegenheit hatte eine unendliche Reihe von Reibereien und Uneinigkeiten mit sich gebracht. Lavrans selbst lachte darüber; der Teil der Beute, den er für seine Gattin fordern konnte, war die Kalbshaut und das Wachs nicht wert, das er in dieser Sache verbraucht hatte - nicht zu reden von den Anstrengungen und Reisen. Aber nun steckte er schon seit seiner Heirat in der Sache, und nun wollte er auch an dem Seinen festhalten.
Aber Eindride Gjesling feierte mit einem anderen Mädchen Hochzeit, und auf Jörundhof schien man darüber nicht traurig zu sein. Man war zur Hochzeit geladen, und Ramborg erzählte stolz, als sie nach Hause kam, daß vier Männer bei Lavrans um sie gefreit hatten, für sich selbst oder für Verwandte. Lavrans hatte darauf geantwortet, er wolle keinen Handel für die Tochter abschließen, ehe sie alt genug sei, in der Sache selbst ein Wort mitzureden.
Dabei blieb es bis zum Frühling jenes Jahres, da Ramborg vierzehn Winter alt war. Da stand sie eines Abends bei Simon im Stall auf Formo und sah ein Kalb an, das sie dort bekommen hatten. Es war weiß, mit großen braunen Flecken, und Ramborg fand, die Flecke glichen genau einer Kirche. Simon saß auf der trennenden Holzwand, das Mädchen stützte sich auf seine Knie, und er zog sie an den Zöpfen.
„Das bedeutet wohl, daß du bald deinen Brautritt zur Kirche machen wirst, Ramborg.“
„Ja, du weißt wohl, daß mein Vater dir nicht nein antworten wird an dem Tag, an dem du um mich wirbst“, sagte sie. „Ich bin jetzt so erwachsen, daß ich gut in diesem Jahr heiraten kann.“
Simon zuckte innerlich ein wenig zusammen, aber er versuchte zu lachen.
„Kommst du jetzt wieder mit diesem Unsinn!“
„Du weißt genau, daß es kein Unsinn ist“, sagte das Mädchen und schlug ihre großen Augen zu ihm auf. „Ich habe es seit langem gewußt, daß ich am liebsten zu dir hierher nach Formo ziehen möchte. Warum hast du mich in diesen Jahren so oft geküßt und auf deinen Schoß genommen, wenn du mich nicht haben Willst?“
„Haben wollte ich dich wohl gern, meine Ramborg. Aber ich habe nie geglaubt, daß eine so schöne und junge Maid mir bestimmt sein könnte. Ich bin siebzehn Jahre älter als du - du hast wohl noch nie bedacht, daß du einmal einen alten, griesgrämigen, dickbäuchigen Gatten haben würdest, während du selbst ein Weib in seinen besten Jahren wärst..
„Meine besten Jahre sind jetzt“, sagte sie strahlend. „Und noch bist du nicht sehr hinfällig, Simon!“
„Häßlich bin ich auch - du wirst es bald satt haben, mich zu küssen!“
„Das zu glauben, hast du keine Ursache“, antwortete sie lachend wie zuvor und reichte ihm ihren Mund dar. Aber er küßte sie nicht.
„Ich will mir deinen Unverstand nicht zunutze machen, du Süße, du. Lavrans will dich in diesem Sommer mit nach Süden nehmen. Hast du deinen Sinn nicht geändert, bis du zurückkommst, dann will ich Gott und Unserer Lieben Frau für ein Glück danken, das größer ist, als ich mir erwartet habe - aber dich binden will ich nicht, holde Ramborg.“
Er nahm seine Hunde, Speer' und Bogen und ging noch denselben Abend ins Gebirge hinauf. Droben lag noch sehr viel Schnee; er ging an seiner Alm vorbei und nahm von dort die Schneeschuhe mit, hielt sich dann an dem See südlich der Eberkämme auf und jagte eine Woche lang Renntiere. Aber an dem Abend, an dem er heimwärts zog, wurde er wiederum unruhig und furchtsam. Es sah Ramborg ähnlich, daß sie trotzdem mit ihrem Vater gesprochen hatte. Als er an der Alm von Jörundhof vorbeiglitt, sah er Rauch und Funken aus dem Dach aufsteigen, er dachte, Lavrans selbst sei vielleicht drin, und begab sich hinauf.
An dem Wesen des anderen glaubte er zu erkennen, daß er richtig vermutet hatte. Aber sie blieben sitzen und redeten über den letzten schlechten Sommer und darüber, wann man wohl daran denken könne, in diesem Jahr das Stallvieh auf die Alm zu treiben, redeten von der Jagd und von Lavrans’ neuem Falken, der mit rauschenden Schwingen über den Eingeweiden der erbeuteten Vögel am Boden saß; die Vögel selbst brieten am Spieß über dem Feuer. Lavrans war nur hinaufgegangen, um sich nach der Hütte seiner Pferdehirten im Ilmandstal umzusehen - sie sollte eingestürzt sein, hatten einige Leute aus dem Östertal erzählt, die in den letzten Tagen vorbeigekommen waren. So verging der größte Teil des, Abends. Da fing Simon
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