Kristin Lavranstochter 1
die Kleinen wollten nicht gewaschen werden, und die Größeren spritzten das Wasser umher, und alle miteinander fuhren zwischen jedem Kleidungsstück, das die Frauen ihnen auszogen, in der Stube hin und her. Endlich waren sie allesamt in dem einen Bett untergebracht, dort aber fuhren sie fort, herumzutollen und einander zu necken und zu stoßen und zu lachen und zu schreien, und Kissen und Decken und Laken wurden umhergeschleudert, so daß der Staub aufwirbelte und es in der ganzen Stube nach Heu roch. Kristin lachte und sagte gleichmütig, die Kinder seien so munter, weil sie sich in einem fremden Haus befänden.
Ramborg ging mit ihrem Verlobten hinaus und begleitete ihn in der Frühlingsnacht ein Stück des Weges. Gyrd und Geirmund waren vorausgeritten. Simon stand da und sagte gute Nacht. Er hatte den einen Fuß bereits im Steigbügel - da wandte er sich noch einmal dem Mädchen zu, nahm sie in seine Arme und drückte das zarte Kind an sich, so daß sie dabei leise und glückselig aufächzte.
„Gott segne dich, meine Ramborg; wie fein und schön du bist - allzu fein und schön für mich“, murmelte er in ihre wilden Locken hinein.
Ramborg stand da und sah ihm nach, als er in dem dunstigen Mondlicht davonritt. Sie rieb sich den Arm - sein Griff war so fest gewesen, daß es schmerzte. Unsinnig vor Freude, dachte sie daran, daß es jetzt nur noch drei Tage dauerte, bis sie mit ihm verheiratet sein würde.
Lavrans stand mit Kristin vor dem Lager der Kinder und sah ihr zu, wie sie die kleinen Körper zurechtbettete. Die Ältesten waren bereits große Knaben, mit magerem Rumpf und schlanken, hageren Gliedern, aber die beiden Kleinen waren rundlich und rosigweiß mit Falten und Grübchen an den Gelenken. Ihn dünkte es ein schöner Anblick, wie sie rot und warm dalagen, das üppige Haar feucht von Schweiß, im Schlaf gleichmäßig atmend. Es waren gesunde, schöne Kinder - aber nie hatte er so schlechterzogene Knaben gesehen wie diese seine Tochtersöhne. Es war nur gut, daß Simons Schwester und Schwägerin an diesem Abend nicht hiergewesen waren. Aber er durfte wohl nicht von Kindererziehung reden, er... Lavrans seufzte leise und machte das Kreuzeszeichen über den kleinen Köpfen.
Dann feierte Simon Andressohn seine Hochzeit mit Ramborg Lavranstochter, und es verlief alles in jeder Beziehung schön und prächtig. Braut und Bräutigam sahen froh aus, und es schien vielen, daß Ramborg an ihrem Ehrentag lieblicher sei, als Kristin gewesen war - nicht so blendend schön wie Kristin, aber viel froher und sanfter; alle konnten es den klaren, unschuldigen Augen dieser Braut ansehen, daß sie heute die goldene Krone der Gjesling-Sippe mit vollen Ehren trug.
Und froh und stolz saß sie mit aufgestecktem Haar in dem Armstuhl vor ihrem Brautbett, als die Gäste am ersten Morgen zu dem jungen Paar heraufkamen. Lachend und voll munterer Scherze sahen sie zu, wie Simon seiner jungen Frau das Frauenlinnen um den Kopf legte. Begrüßungsrufe und Waffengetöse erfüllten den Raum, als Ramborg sich erhob und ihrem Mann die Hand reichte, rank und rotwangig unter dem weißen Tuch. Es geschah nicht so oft, daß zwei Abkömmlinge vornehmer Sippen in derselben Gemeinde einander heirateten - es stellte sich oft eine zu nahe Verwandtschaft heraus, wenn man die Sippen bis in alle Zweige verfolgte. Darum sahen alle diese Hochzeit für ein großes Freudenfest an.
6
Gleich am Anfang war es Kristin daheim aufgefallen, daß alle die alten Männerköpfe, die die Windbretter an den Dachfirsten geschmückt hatten, verschwunden waren. Hingegen war ein Türmchen mit Laubwerk und Vögeln und einer vergoldeten Wetterfahne auf dem neuen Vorratshaus angebracht worden. Auch die alten Pfosten beim Hochsitz in der Feuerstube hatte man gegen neue vertauscht. Die alten waren in der Form von Männern geschnitzt gewesen, häßlich genug, aber sie hatten sicherlich dort gestanden, seitdem das Haus erbaut worden war, und es war eine Gepflogenheit gewesen, sie zu den Festzeiten mit Fett einzuschmieren und mit Bier zu übergießen. In die neuen Pfosten hatte der Vater zwei Männer mit Helm und Schild mit dem Kreuzzeichen geschnitzt. Es sei nicht Sankt Olav selbst, sagte er, denn es dünke ihn unziemlich, daß ein sündiger Mensch Abbilder der Heiligen in seinem Hause habe, ohne vor ihnen seine Gebete zu verrichten - aber sie konnten gleichsam zwei Kämpen von den Getreuen Sankt Olavs sein. Alle die alten Holzschnitzereien hatte Lavrans selbst kleingehackt
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