Kristin Lavranstochter 1
Tages ein paar andere, was traakig - langweilig - auf norwegisch bedeute. Herr Paal hörte das und sagte: „Traakig, lieber Freund, das ist so, wie Frau Elin, Herrn Erlings Gemahlin, ist.“ Der Knabe glaubte nun, dies bedeute schön oder höfisch, denn das war sie doch, und der arme Kerl hatte wohl nicht viel Gelegenheit gehabt, die Frau reden zu hören. Aber eines Tages begegnete Erling ihm auf der Treppe vor der Halle und hielt ihn an und sprach freundlich mit dem Jungen, ob es ihm in der Stadt gefalle und ähnliches, und bat ihn, seinen Vater zu grüßen. Der Junge dankte und sagte, die größte Freude für seinen Vater bedeute es wohl, wenn er nun heimkomme mit Grüßen auch „von Euch, lieber Herr, und Eurer langweiligen Gemahlin“. Da versetzte Erling ihm einen Schlag hinters Ohr, so daß der Bursche drei, vier Stufen rücklings hinuntertaumelte, bis ein Mann ihn in seinen Armen auffing. Nun entstand große Aufregung, Leute kamen hinzu, und die Sache wurde aufgeklärt. Erling war wütend - er wurde ja dadurch zum Gespött -, ließ sich jedoch nichts anmerken. Und alles, was der Kanzler dazu äußerte, waren ein Lachen und die Worte, er hätte besser sagen sollen, traakig, das sei so wie der Reichsverweser - dann hätte der Junge es wohl nicht mißverstehen können.
Die Gäste waren sich darüber einig, daß ein solches Benehmen des Kanzlers wenig würdig sei, aber sie lachten doch darüber. Simon hörte schweigend zu, wie er so, die Wange in die Hand gestützt, dasaß. Er dachte, Erlend zeige seine Freundschaft für Erling Vidkunssohn auf eine seltsame Weise - ja, aus dieser Geschichte ging doch klar hervor, daß Erling ziemlich aus dem Gleichgewicht geraten sein mußte, wenn er glaubte, daß ein junger Bursche, frisch in die Stadt gekommen, wagte, dazustehen und ihn auf der Treppe des Königshofes ins Gesicht zu verspotten. Daß Erlend auf seine, Simons, frühere Schwagerschaft mit Frau Elin und Herrn Erling Rücksicht nehmen würde, konnte Simon wohl kaum erwarten.
„Woran denkst du, Kristin?“ fragte er. Sie saß so still da, mit geradem Rücken, die Hände im Schoß gefaltet. Aber sie antwortete :
„Jetzt dachte ich an Margret.“
Im Laufe der Nacht, als Erlend und Simon einmal auf den Hof hinaustraten, schreckten sie zwei Leute auseinander, die hinter der Hausecke gestanden hatten. Die Nächte waren taghell, und Simon erkannte Haakon von Gimsar und Margret Erlendstochter. Erlend sah ihnen nach - er war ziemlich nüchtern, und der andere verstand, daß ihm diese Sache wenig zusagte, aber er meinte wie entschuldigend, die beiden hätten einander von Kindesbeinen an gekannt und hätten sich stets miteinander geneckt. Simon dachte, wenn auch gar nichts dahintersteckte, so wäre doch trotzdem die junge Frau Ingebjörg zu bedauern.
Aber am Tag darauf hatte der junge Haakon auf dem Nikulaushof etwas zu bestellen, und er fragte auch nach Margit. Da fuhr Erlend ihn an:
„Meine Tochter ist nicht Margit für dich. Und wenn ihr gestern nicht fertig geworden seid mit dem, was du ihr zu sagen hast, dann mußt du es jetzt bei dir behalten.“
Haakon zuckte mit den Schultern, und als er ging, bat er, Margareta zu grüßen.
Die Leute von Husaby blieben bis über das Thing in Nidaros, und Simon fühlte sich nur mäßig wohl. Erlend war oft mißgelaunt, wenn er in seinem Stadthaus wohnte, weil Gunnulv dem Hospital, das auf der anderen Seite des Apfelgartens lag, das Nutznießungsrecht einiger der Häuser eingeräumt hatte, die dem Hospital zugewandt lagen, und ebenso einige Rechte auf den Garten. Erlend wollte durchaus diese Rechte des Krankenhauses ablösen. Es behagte ihm nicht, die Kranken im Garten und auf dem Hofplatz zu haben, auch waren viele von ihnen häßlich anzusehen - und dann befürchtete er die Ansteckungsgefahr für seine Kinder. Aber er konnte mit den Mönchen, die dem Hospital vorstanden, nicht einig werden.
Dann war da Margret Erlendstochter. Simon merkte, daß die Leute ziemlich viel über sie redeten und daß Kristin sich dies nahegehen ließ, während der Vater dagegen gleichgültig zu sein schien; Erlend glaubte sich wohl sicher, daß er seine Tochter verteidigen könne und daß es nichts zu bedeuten habe.
Dennoch erwähnte er eines Tages Simon gegenüber, daß Klöng Aressohn offenbar seine Tochter gern haben möchte und daß er nicht recht wisse, wie er in dieser Sache handeln solle. Er hatte nichts anderes gegen den Isländer einzuwenden, als daß er ein Priesterssohn war - man
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