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Kristin Lavranstochter 1

Titel: Kristin Lavranstochter 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Undset
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Margret. Und ob es ihnen nicht aufgefallen sei, daß die Hunde bei ihnen eingeschlossen worden waren. Aber sie verneinten, wie es begreiflich war.    
    Da nahm er sich schließlich sein Weib unter vier Augen vor. Herzenskrank und todmüde hörte Kristin ihm zu und versuchte, seinen Ungerechtigkeiten mit sanftmütigen Worten zu begegnen. Sie leugnete nicht, daß sie Angst gehabt hatte, und sie hielt sich zurück, ihm zu sagen, daß sie ihm nicht von ihrer Furcht gesprochen habe, weil sie bei ihren Versuchen, ihm oder Margret Ratschläge zum Besten des Mädchens zu geben, immer nur Undank geerntet hatte. Und sie schwor bei Gott und der Jungfrau Maria, nie hätte sie bemerkt oder sich ausdenken können, daß dieser Mann des Nachts zu Margret in die Kammer käme.
    „Du!“ sagte Erlend höhnisch. „Du sagst selbst, du erinnerst dich der Zeit, da du nicht besser warst als Margret. - Und Gott der Herr im Himmel weiß, du hast mich jeden Tag in den Jahren unseres Zusammenlebens merken lassen, daß du das Unrecht, das ich an dir beging, nicht vergessen hattest - obwohl du ebenso willig gewesen warst wie ich und dein Vater und nicht ich einen großen Teil des Unglücks verursachte, indem er dich mir als Gattin verweigerte; ich war bereit genug, von der ersten Stunde an, die Sünde wiedergutzumachen. Als du den Gimsarschmuck sahst“, er umfaßte hart die Hand seines Weibes, an der zwei Ringe schimmerten, die Erlend ihr gegeben hatte, da sie zusammen auf Gerdarud waren, „konntest du das nicht deuten, du hast ja selbst in diesen Jahren jene Ringe getragen, die ich dir gab, als du mir deine Ehre schenktest.“
    Kristin war vor Müdigkeit und Kummer dem Umfallen nahe; sie antwortete leise:
    „Ich möchte wissen, Erlend, ob du dich noch der Zeit erinnerst, da du meine Ehre gewannst?“
    Da schlang er die Arme um seinen Kopf, warf sich auf die Bank und wand und krümmte sich. Kristin setzte sich in einiger Entfernung von ihm hin - sie wünschte, ihm helfen zu können. Sie verstand, daß dieses Mißgeschick ihn um so schwerer traf, als er selbst so an anderen gesündigt hatte, wie jetzt an ihm gesündigt worden war. Und er, der nie die Schuld für ein Unglück, das er selbst verursacht hatte, auf sich nehmen wollte, vermochte unmöglich die Schuld für dieses hier zu tragen - und es gab niemand andern als sie, auf den er die Schuld abwälzen konnte. Aber sie wurde nicht weniger böse als bekümmert und von Furcht erfüllt vor dem, was nun geschehen würde.
    Dazwischen war sie oben bei Margret. Das Mädchen lag völlig unbeweglich und bleich da und starrte nur vor sich hin. Immer noch nicht hatte sie nach Haakons Schicksal gefragt - Kristin wußte nicht, ob sie nicht wagte oder ob sie über ihrem eigenen Jammer ganz stumpf geworden war.
    Am Nachmittag sah Kristin Erlend und Klöng, den Isländer, durch das Schneegestöber miteinander zur Waffenkammer gehen. Aber es dauerte nur eine kurze Weile, dann kehrte Erlend allein zurück. Kristin sah einen Augenblick auf, als er ins Licht hereintrat und an ihr vorüberging - später wagte sie nicht mehr, ihre Blicke in den Winkel der Stube zu richten, wo er sich verkrochen hatte. Sie hatte gesehen, daß er völlig gebrochen war.
    Eine Weile später, sie war gerade oben in der Kammer, kamen Ivar und Skule hereingelaufen und meldeten der Mutter, daß Klöng, der Isländer, noch am Abend abreisen solle - die Knaben waren traurig darüber, denn der Schreiber war ihr guter Freund. Er packte jetzt seine Sachen, wollte noch in der Nacht nach Birgsi hinunter.
    Sie hatte bereits erraten, was sich zugetragen hatte. Erlend hatte seine Tochter dem Schreiber angeboten, und der hatte das verführte Mädchen nicht haben wollen. Was Erlend dieses Gespräch gekostet haben mochte - ihr wurde schwindelig und krank zumute, und sie vermochte den Gedanken nicht zu Ende zu denken.
    Am Tag darauf wurde vom Pfarrhaus herübergeschickt. Haakon Eindridessohn bat, mit Erlend sprechen zu dürfen. Erlend ließ zur Antwort geben, er habe nichts mit Haakon zu besprechen. Sira Eiliv sagte zu Kristin, Haakon würde, wenn er am Leben bliebe, ein vollkommener Krüppel sein - abgesehen davon, daß er seine rechte Hand verloren hatte, hatte er sich auch noch beim Sturz vom Hausdach Rücken und Hüften schwer verletzt. Aber er wollte heim, so wie er war, und der Priester hatte versprochen, ihm einen Schlitten zu verschaffen. Er bereute jetzt seine Sünde aus vollem Herzen - sagte, Margrets Vater sei im Recht gewesen, wie

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