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Kristin Lavranstochter 1

Titel: Kristin Lavranstochter 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Undset
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ringsumher standen, „seid eurem Herrn so treu, daß ihr nicht eher über dieses Geschehnis reden werdet, ehe er euch erzählt hat, wie dieser Streit zwischen Haakon und ihm entstand.“
    Alle Männer bejahten dies. Einer wagte sich hervor - sie seien davon erwacht, daß sie eine Frau hätten schreien hören, als würde ihr Gewalt angetan, gleich darauf sprang jemand auf das Dach der Reisigenstube herab, dann aber sei er wohl ausgeglitten, sie hörten ein Abrutschen und dann ein dumpfes Auffallen auf der Erde. Aber Kristin bat den Mann zu schweigen. Jetzt kam Sira Eiliv gelaufen.
    Als Erlend sich umwandte und hineinging, eilte ihm sein
    Weib nach, wollte sich an ihm vorbeidrängen. Er ging zur Treppe, da lief sie wieder dazwischen und faßte ihn beim Arm.
    „Erlend - was willst du mit dem Kinde tun?“ fragte sie hastig und blickte ihm in das wilde graue Gesicht.
    Er gab keine Antwort, versuchte sie abzuschütteln, sie aber klammerte sich an ihm fest.
    „Warte, Erlend, warte - dein Kind! Du weißt ja nicht - der Mann war ja völlig angekleidet“, versuchte sie verzweifelt.
    Er schrie laut auf, ehe er antwortete - sie wurde leichenblaß vor Grauen, seine Worte waren so roh und seine Stimme unkenntlich vor wildem Schmerz. Da kämpfte sie stumm mit dem wütenden Mann - er knurrte und knirschte mit den Zähnen. Bis sie in dem Halbdunkel seinen Blick einfing.
    „Erlend - laß mich zuerst zu ihr gehen. Ich habe den Tag nicht vergessen, da ich nicht besser war als Margret.“
    Da ließ er sie los und taumelte rücklings an die Wand, stand da und bebte wie ein verendendes Tier. Kristin ging hin und zündete ein Licht an, kam zurück und stieg an ihm vorbei zu Margrets Kammer hinauf.
    Das erste, was sich ihr im Lichte darbot, war ein Schwert, das nicht weit entfernt vom Bett auf dem Boden lag, und dicht daneben die abgehauene Hand. Kristin riß sich das Kopftuch herunter, das sie, ohne zu wissen, lose über ihr offenes Haar gebunden hatte, ehe sie zu den Männern hinausgegangen war. Jetzt ließ sie es über das fallen, was auf dem Boden lag.
    Margret lag zusammengekrochen auf den Kopfkissen des Bettes - starrte mit großen, weitaufgerissenen Augen Kristins Licht entgegen. Sie hielt die Decke um sich gezogen, aber die weißen Schultern schimmerten nackt unter dem goldenen lockigen Haar. Auf dem Boden und im ganzen Raum war viel Blut verspritzt.
    Kristins Spannung löste sich in einem heftigen Weinen - es war solch ein jammervoller Anblick, dieses schöne junge Kind und dieses Entsetzen zu sehen. Da schrie Margret laut:
    „Mutter - was will der Vater mit mir tun ..
    Kristin konnte es nicht hindern, daß mitten in dem tiefen Mitleid mit dem Mädchen ihr das Herz in der Brust gleichsam kleiner und härter wurde. Margret fragte nicht, was ihr Vater mit Haakon getan hatte. Einen Augenblick sah sie es vor sich -Erlend auf der Erde liegend und ihr eigener Vater mit dem blutigen Schwert über ihm, und sie selbst... Aber Margret hatte sich nicht von der Stelle gerührt. Kristin vermochte es nicht zu hindern, daß der alte verächtliche Unwille gegen Elines Tochter sich wieder regte, als Margret sich ihr an die Brust warf, bebend, vor Angst beinahe von Sinnen. Sie setzte sich auf das Bett und versuchte das Kind ein wenig zu beruhigen.
    So saßen sie, als Erlend in der Treppenluke auftauchte. Er hatte sich jetzt ganz angekleidet. Margret schrie wiederum und verbarg sich in den Armen der Stiefmutter; Kristin sah einen Augenblick zu ihrem Mann auf - er war jetzt ruhiger, aber bleich und fremd im Gesicht. Zum erstenmal sah er so alt aus, wie er war.
    Als er aber ruhig sagte: „Du mußt jetzt hinuntergehen, Kristin - ich will allein mit meiner Tochter sprechen“, gehorchte sie. Behutsam bettete sie das Mädchen in die Kissen, deckte sie bis ans Kinn hinauf zu und ging dann hinunter.
    Sie tat wie Erlend, kleidete sich vollständig an - in dieser Nacht fand gewiß niemand mehr Schlaf auf Husaby - und versuchte die aufgeschreckten Kinder und das Gesinde zu beruhigen.
    Am nächsten Morgen, Schneetreiben hatte eingesetzt, verließ Margrets Magd, ihr Hab und Gut in einem Sack auf dem Rücken, weinend den Hof. Der Herr jagte sie mit den schlimmsten Worten davon und drohte ihr, sie auspeitschen zu lassen, weil sie ihre Herrin so verkauft hatte.
    Dann nahm er das übrige Gesinde ins Verhör - ob nicht die Mägde Unrat geahnt hätten, seitdem Ingeleiv im Herbst und im Winter immer wieder bei ihnen geschlafen hatte und nicht in der Kammer bei

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