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Kristin Lavranstochter 1

Titel: Kristin Lavranstochter 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Undset
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sollte ihn holen, wenn er geglaubt hatte, ein Weib könne ihn soviel Neues lehren - hier ging er immer noch mit offenem Mund vor Erstaunen über das, was er erlebt hatte. Er hatte sich eingebildet, doch recht erfahren zu sein in ars atnoris oder wie die gelehrten Männer es nannten. Wäre er jung und grün gewesen, so hätte er sich jetzt wohl stolz gefühlt und hätte es großartig gefunden. Aber er mochte die Frau nicht, dieses verrückte Weib, er war ihrer überdrüssig, er war aller Frauen überdrüssig, außer seiner eigenen - und er war auch ihrer überdrüssig!
    Beim heiligen Kreuz, er war so mit ihr verheiratet gewesen, daß er selbst ganz fromm dabei geworden war, denn er hatte an ihre Frömmigkeit geglaubt - aber es war ein schöner Lohn gewesen, den er für seine Treue und Liebe von seiner frommen Gattin erhalten hatte; welch eine Hexe war sie doch! Er entsann sich ihrer beißenden, boshaften Worte vom Abend zuvor - so, sie fand, er betrage sich, als fließe Knechtsblut in seinen Adern! Und die andere, Sunniva, meinte wohl, er sei noch ganz unerfahren und schüchtern, weil er sich von ihr hatte überrumpeln lassen und weil ihr sein entsetztes Erstaunen über ihre Liebeskünste nicht verborgen geblieben war. Er wollte ihr jetzt beweisen, daß er als Mann nicht heiliger war denn sie als Frau. Er hatte ihr versprochen, zur Nacht zum Baardshof hinunterzukommen - nun gut, das konnte er ja tun; die Sünde war begangen, da konnte er ebensogut die Freude mit in Kauf nehmen, die sich bot.
    Da er ja doch Kristin bereits die Treue gebrochen hatte - und sie selbst mit ihrem bösen und ungerechten Betragen daran schuld war.
    Er ging heim, trieb sich in den Ställen und in den Nebengebäuden herum und suchte etwas, worüber er schelten konnte, zankte sich mit der Magd des Priesters aus dem Spital, weil sie Malz in das Dörrhaus getragen hatte, obwohl er genau wußte, daß seine Leute diesmal bei ihrem Stadtaufenthalt das Haus nicht brauchten. Er wünschte, er hätte seine Knaben hier, an ihnen hätte er Gesellschaft gehabt - er wünschte, er hätte sofort nach Husaby heimreisen können. Aber er war gezwungen, in der Stadt auf die Briefe aus dem Süden zu warten - es war zu gewagt, solche Boten in seinem Heim draußen im Tale zu empfangen.
    Kristin erschien nicht bei der Abendmahlzeit - sie liege in der Kammer zu Bett, sagte Signe, ihre Magd, und blickte ihren Herrn vorwurfsvoll an. Erlend erwiderte barsch, er habe sie nicht nach ihrer Frau gefragt. Als die Leute die Stube verlassen hatten, ging er in den Nebenraum. Dort war es bedrückend dunkel. Erlend beugte sich zu Kristin aufs Bett hinab.
    „Weinst du?“ fragte er sehr leise, denn sie atmete so seltsam. Aber sie antwortete mit zugeschnürtem Hals, daß sie nicht weine.
    „Bist du müde? Ja, ich will jetzt auch zur Ruhe gehen“, sagte er leise.
    Kristins Stimme zitterte, als sie erwiderte:
    „Dann wäre es mir am liebsten, Erlend, wenn du auch heute dort schliefest, wo du in der vergangenen Nacht warst.“
    Erlend gab keine Antwort. Er ging hinaus und holte das Licht aus der Stube herein, öffnete seine Kleidertruhe. Er war gut genug gekleidet, um überall hingehen zu können, denn er trug noch von dem Vormittag auf Elgeseter das veilchenblaue Gewand. Jetzt aber wechselte er dennoch die Kleider, langsam und mit Nachdruck - schlüpfte in ein rotes Seidenhemd und einen mausgrauen halblangen Samtkittel mit kleinen silbernen Glocken an den Zipfeln der Ärmel, bürstete sich das Haar und wusch die Hände. Dazwischen sah er zu seiner Frau hinüber -sie schwieg und rührte sich nicht. Dann ging er weg, ohne gute Nacht zu wünschen. Am nächsten Tag kam er ganz offen um die Zeit des Morgenimbisses auf den Hof heim.
    So ging es eine Woche lang. Da kehrte Erlend eines Abends heim - er hatte oben bei Hangrar zu tun gehabt - und erfuhr, daß Kristin am Morgen nach Husaby geritten war.
    Er war sich bereits darüber klar, daß noch nie ein Mann weniger Freude an einer Sünde gehabt hatte als er bei diesem Handel mit Sunniva Olavstochter. Er fühlte sich innerlich dieser unsinnigen Frau so herzlich müde - war ihrer überdrüssig, während er mit ihr spielte und sie liebkoste. Unbedacht war er auch gewesen, die ganze Stadt und die ganze Gegend wußten wohl bereits, daß er allnächtlich zum Baardshof wanderte - und doch war Sunniva es nicht wert, daß er um ihretwillen seinen Ruf befleckte. Ab und zu auch hatte er daran gedacht, daß es Folgen nach sich ziehen könnte - die

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