Kristin Lavranstochter 1
drei Söhne Trond Gjeslings von Sundbu und Greip und Torvard Toressohn aus der Hatteberg-Sippe.
Erlends Worte hätten großen Eindruck gemacht, fuhr Arne Gjavvaldssohn fort. Dann aber habe er zum Schluß, als er davon sprach, daß sie auf Unterstützung durch die Männer der Kirche gerechnet hatten, auf die Gerüchte hingewiesen aus der Zeit, da König Magnus heranwuchs, und das sei unklug gewesen, meinte Arne. Der Offizial* des Erzbischofs hatte ihm scharf widersprochen; Erzbischof Paal Baardssohn hegte ja, schon als Kanzler und auch jetzt, große Liebe zu König Magnus um dessen frommer Gesinnung willen; man wollte am liebsten vergessen, daß diese Gerüchte je über den König entstanden waren; jetzt sollte er sich ja auch mit einer Jungfrau, mit der Tochter des Grafen von Namur, verheiraten - war jemals etwas Wahres an diesen Gerüchten gewesen, so hatte Magnus Eirikssohn sich jetzt wohl völlig von solchen Dingen abgewandt.
Arne Gjavvaldssohn hatte Simon Andressohn während seines Aufenthaltes in Nidaros die größte Freundschaft erwiesen. Auch jetzt war es Arne, der Simon daran erinnerte, daß es Erlend möglich sein müsse, dieses Urteil als ungesetzlich gefälltes Urteil anzufechten. Nach dem Buchstaben des Gesetzes mußte die Anklage gegen Erlend von einem seiner Standesgenossen vorgebracht werden, Herr Finn von Hestbö aber war Ritter und Erlend ein Mann von Waffen. Es sei doch anzunehmen, meinte Arne, daß ein neues Gericht finden würde, Erlend könne nicht zu einer härteren Strafe als der der Verbannung verurteilt werden. Was Erlends Darlegungen über eine Königsgewalt betreffe, mit der seiner Ansicht nach dem Lande gedient wäre - so hätten sich diese ja schön angehört. Und alle wüßten, wo jener Mann wohl zu finden sei, der gern das Ruder ergreifen und diesen Kurs steuern würde, solange der König noch unmündig wäre - Arne kratzte sich in dem grauen Bart und schielte zu Simon hinüber.
„Man hat in diesem Sommer über ihn weder etwas gehört noch erfahren?“ fragte Simon ebenso leise. „Nein. Ja, er sagte, er stünde beim König in Ungnade und außerhalb aller dieser Sachen, habe ich gehört. Es ist Jahr und Tag her, seit er es
* Vertreter des Bischofs bei der Ausübung der Gerichtsbarkeit.
ausgehalten hat, so lange bei sich daheim zu leben und das Gerede von Frau Elin anzuhören. Seine Töchter sind ebenso schön und ebenso dumm wie die Mutter, heißt es.“
Erlend hatte sein Urteil mit unerschütterlicher Miene angehört, und er hatte, als er hinausgeführt wurde, die Herren des Königsgefolges ebenso höfisch, frei und schön gegrüßt wie bei seinem Hereinkommen. Er war ruhig und heiter, als Simon und Kristin am nächsten Tag mit ihm sprechen durften. Arne Gjavvaldssohn war mit ihnen gekommen, und Erlend sagte, er wolle Arnes Ratschlag befolgen.
„Nie gelang es mir früher, Kristin mit mir nach Dänemark zu nehmen“, sagte er und legte einen Arm um die Mitte seines Weibes. „Und ich hatte stets solche Lust, mit ihr in die Welt hinauszufahren...“ Es lief wie ein Zittern über sein Gesicht -und plötzlich küßte er heftig ihre bleiche Wange, ohne sich um die beiden zu kümmern, die es sahen.
Simon Andressohn ritt nach Husaby, um den Umzug von Kristins beweglicher Habe nach Jörundhof zu ordnen. Er riet ihr, die Kinder mit derselben Gelegenheit ins Gudbrandstal zu senden. Kristin sagte:
„Meine Söhne sollen den väterlichen Hof nicht verlassen, ehe sie von dort verjagt werden.“
„Ich würde an deiner Stelle darauf nicht warten“, erwiderte Simon. „Sie sind so jung, sie können die ganze Sache gar nicht recht verstehen. Es wäre besser, du ließest sie Husaby in dem Glauben verlassen, daß sie nur ihre Muhme besuchen und ihr mütterliches Erbe im Tal sehen sollen.“
Erlend gab Simon Darre recht. Es kam aber dann doch dahin, daß nur Ivar und Skule Simon nach Süden folgten. Kristin brachte es nicht über sich, die beiden Kleineren so weit von sich wegzugeben. Als Lavrans und Munan zu ihr auf den Hof in der Stadt gebracht wurden und sie sah, daß der Jüngste sie nicht wiedererkannte, brach sie zusammen. Simon hatte sie seit jenem Abend, an dem er nach Nidaros kam, nicht eine Träne mehr weinen sehen - jetzt weinte und weinte sie über Munan, der in der engen Umarmung der Mutter zappelte und sich wehrte und zu seiner Pflegemutter wollte; und sie weinte über den kleinen Lavrans, der auf den Schoß der Mutter kletterte und sie um den Hals nahm und mitweinte, weil sie
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