Kristin Lavranstochter 1
wieder mit halboffenen Augen dalag.
„Schwager - war - war - Erling Vidkunssohn mit bei dieser Sache?“
Erlend schüttelte den Kopf ein wenig, lächelte langsam.
„Bei Jesus, nein. Wir dachten - entweder wäre er nicht verwegen genug, mitzutun - oder er würde bei allem das Hauptwort führen. Aber frage nicht, Simon - ich will nichts sagen - zu niemand - dann weiß ich, daß ich mich nicht verspreche ...“
Plötzlich flüsterte Erlend den Namen seines Weibes. Simon beugte sich zu ihm hinunter - er erwartete, daß der andere ihn bitten würde, Kristin jetzt zu ihm zu bringen. Aber Erlend sagte rasch, wie in einem Aufflackern des Fiebers:
„Sie darf nichts von diesem erfahren, Simon. Sage, es sei ein Befehl des Königs gekommen, daß niemand in meine Nähe dürfe. Bringe sie zu Munan hinaus - nach Skogheim - hörst du - diese französischen - oder maurischen - neuen Freunde -unseres Königs - werden sich noch nicht zufriedengeben! Bring sie aus der Stadt, ehe es dort ruchbar wird! - Simon?“
„Ja.“ Wie ihm das möglich sein sollte, ahnte Simon nicht. Erlend lag eine Weile mit geschlossenen Augen da; sagte dann mit einer Art Lächeln:
„Ich dachte heute nacht - an jenes Mal, da sie unseren ältesten Sohn bekam - ihr erging es damals gewiß nicht besser, wenn man danach urteilen will, wie sie jammerte. Und hat sie das -siebenmal ertragen können - um unserer Lust willen - so kann wohl ich ...“
Simon schwieg. Die unwillige Scheu, die er davor empfand, daß das Leben ihm seine letzten Geheimnisse an Qual und an Lust offenbaren sollte - von ihr schien Erlend nichts zu ahnen. Er ging mit dem Ärgsten und mit dem Schönsten so treuherzig um wie ein unschuldiger Knabe, den die Freunde in ein Dirnenhaus mitgenommen haben, trunken und neugierig...
Erlend schüttelte ungeduldig den Kopf.
„Diese Fliegen - das ist das Ärgste. Ich glaube, sie sind der Teufel selbst...“
Simon nahm seine Kappe, schlug überall nach den blauschwarzen Fliegen, die in Trauben zusammensaßen, sie flogen schwarmweise summend und lärmend auf - er zertrat alle, die betäubt zu Boden fielen, wütend im Schmutz. Es sollte nicht viel helfen, denn das Luftloch in der Mauer gähnte offen - im Winter zuvor war es durch einen mit einer Haut bespannten Holzrahmen verdeckt gewesen, aber das hatte den Raum sehr dunkel gemacht.
Trotzdem fuhr er fort, um sich zu schlagen, auch als Olav Kyrning mit einem Priester zurückkehrte, der einen Trinkbecher trug. Der Priester schob die Hand unter Erlends Nacken und stützte ihn, während Erlend trank. Es floß ziemlich viel in seinen Bart und über den Hals hinab; ruhig und unbekümmert wie ein Kind lag er da, als der Priester ihn danach mit dem Tuch abwischte.
Simon war zumute, als gäre es in seinem Körper, das Blut pochte und pochte im Hals bis zu den Ohren hinauf, und sein Herz schlug seltsam und unruhig. Einen Augenblick stand er in der Tür und starrte auf den langen, ausgestreckten Körper unter dem Umhang. Die Fieberröte kam und ging jetzt wie in Wellen über Erlends Gesicht, er lag mit halboffenen, glänzenden Augen da, aber er lächelte dem Schwager zu, es war ein Schatten seines seltsam unerwachsenen Lächelns.
Am nächsten Tag, als Stig HaakonsS?>hn auf Mandvik mit seinen Gästen, Herrn Erling Vidkunssohn und dessen Sohn, Bjarne, beim Morgenimbiß saß, vernahmen sie vom Hofplatz herauf den Hufschlag eines einzelnen Pferdes. Gleich darauf wurde die Tür der Herrenstube aufgerissen, und Simon Andressohn trat rasch auf sie zu. Er fuhr sich mit dem Ärmel über das Gesicht - er war von seinem Ritt bis in den Nacken hinauf mit Schmutz bespritzt.
Die drei Männer am Tisch erhoben sich und gingen mit leisen Ausrufen, halb Gruß, halb Erstaunen, dem Ankommenden entgegen. Simon grüßte nicht, er stand da und stützte sich auf sein Schwert, dessen Knauf er mit beiden Händen umschloß, er sagte:
„Wollt ihr seltsame Neuigkeiten hören? Sie haben Erlend Nikulaussohn auf die Streckbank gebunden - einige Ausländer, die der König zu Erlends Verhör sandte ..
Die Männer stießen einen Ruf aus und drängten sich um Simon Andressohn. Stig schlug die eine Hand in die andere.
„Was hat er gesagt?“
Gleichzeitig wandten sie sich beide, sowohl er als auch Bjarne Erlingssohn, wie unwillkürlich Herrn Erling zu. Simon brach in Gelächter aus, lachte und lachte.
Er sank auf den Stuhl nieder, den Bjarne Erlingssohn ihm herbeigezogen hatte, nahm den Biernapf, den der Junge ihm bot, und trank
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