Kristin Lavranstochter 1
betete, daß es in den Bergen widerhallte. Jetzt mag es recht nützlich für mich sein, zu fühlen, wie die Läuse sich auf meinem Fell beißen und raufen, und zu hören, wie die guten Hausfrauen, die es sauber und ordentlich in ihren Stuben haben wollen, rufen, dieser dreckige Mönchspelz könne in der Sommerszeit wohl in der Scheune schlafen. Ich will jetzt nach Norden, nach Nidaros, zum Sankt-Olavs-Fest, und es wird gut für mich sein, zu merken, daß die Leute nicht so sehr darauf versessen sind, mir nahe zu kommen ..
Ulvhild wachte auf; da ging Lavrans zu ihr hin, hob sie aus dem Bett und hüllte sie in seinen Umhang.
„Hier ist das Kind, von dem ich Euch erzählte, lieber Vater. Legt ihm Eure Hände auf und betet zu Gott für das kleine Mädchen, wie Ihr für jenen Knaben oben im Meltal gebetet habt, von dem uns erzählt worden ist, daß er seine Gesundheit wiedererlangt hat.“
Der Mönch griff Ulvhild zart unter das Kinn und sah ihr ins Gesicht. Dann hob er ihre eine Hand auf und küßte sie.
„Betet lieber ihr, du und dein Weib, Lavrans Björgulvssohn, auf daß ihr nicht in Versuchung kommt, Gottes Absicht mit diesem Kinde beugen zu wollen. Unser Herr Jesus hat selbst diese kleinen Füße auf jenen Pfad gestellt, auf dem dies Kind am sichersten zum Heim des Friedens gelangen kann - ich sehe es dir an deinen Augen an, du glückliche Ulvhild, daß du deine Fürsprecher in der anderen Heimat hast.“
„Der Knabe im Meltal wurde gesund, habe ich gehört“, sagte Lavrans leise.
„Er war das einzige Kind einer armen Witwe, und keiner wäre dagewesen, ihn zu nähren und zu kleiden, wenn er die Mutter verloren hätte, außer der Gemeinde. Und dennoch betete die Frau nur um den furchtlosen Glauben, Gott würde es also geschehen lassen, wie es für den Knaben am besten wäre. Ich tat nichts anderes, als daß auch ich dieses Gebet mit ihr betete.“
„Es ist nicht leicht für Ragnfrid und für mich, uns damit zufriedenzugeben“, antwortete Lavrans schwer. „Besonders da sie so schön und so lieb ist.“
„Hast du das Kind gesehen, das sie auf Lidstad unten im Tale haben?“ fragte der Mönch. „Wolltest du lieber, daß deine Tochter so wäre?“
Lavrans schauerte zusammen und drückte das Kind an sich.
„Glaubst du nicht“, sagte Bruder Edvin wiederum, „daß wir in Gottes Augen alle wie Kinder sind, über die er trauern muß, so mißgestaltet von der Sünde, wie wir sind. Und doch dünkt es uns nicht, daß es uns am schlechtesten gehe auf der Welt.“
Er trat zu dem Marienbild an der Wand, und alle knieten nieder, während er das Abendgebet sprach. Sie fanden, Bruder Edvin habe sie gut getröstet.
Aber nachdem er die Stube verlassen hatte, um sich eine Schlafstätte zu suchen, fegte doch Astrid, die oberste der Dienstmägde, den Boden sorgsam überall dort, wo der Mönch gestanden hatte, und warf den zusammengekehrten Staub rasch aufs Feuer.
Am nächsten Morgen stand Kristin frühzeitig auf, schöpfte Milchgrütze in einen Napf aus schön geflammtem Wurzelholz und nahm Weizenkuchen mit, denn sie wußte, daß der Mönch niemals Fleisch anrührte, und trug dann selbst das Essen zu ihm hinaus. Es war fast noch niemand auf.
Bruder Edvin stand reisefertig mit Stab und Sack beim Stall; er dankte Kristin lächelnd für ihre Mühe, setzte sich ins Gras und verzehrte die Grütze, während Kristin ihm zu Füßen saß.
Ihr kleiner weißer Hund kam angesprungen, so daß die Glöckchen an seinem Halsband klingelten. Sie nahm ihn auf den Schoß, und Bruder Edvin schnippte vor ihm mit den Fingern und warf ihm kleine Bissen Weizenkuchen ins Maul, während er ihn sehr lobte.
„Das ist die Art, die die Königin Eufemia ins Land gebracht hat“, sagte er. „Bei euch ist es vornehm hier auf Jörundhof, im großen wie im kleinen.“
Kristin wurde rot vor Freude. Sie wußte wohl, daß der Hund für etwas Besonderes galt; und sie war stolz darauf, ihn zu besitzen. Es gab niemand sonst im Tal, der einen Schoßhund besaß. Aber sie hatte doch nicht gewußt, daß er von derselben Art war wie die Lieblingshunde der Königin.
„Simon Andressohn hat ihn mir gesandt“, sagte sie und drückte ihn an sich, während er ihr das Gesicht leckte. „Er heißt Kortelin.“
Sie hatte vorgehabt, mit dem Mönch von ihrer Unruhe zu sprechen und ihn um seinen Rat zu bitten. Aber jetzt verspürte sie keine Lust mehr, sich mit ihren eigenen Gedanken vom Abend vorher zu befassen. Bruder Edvin meinte ja, daß Gott für Ulvhild
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