Kristin Lavranstochter 2
sehr dunkel, mit sehr schönen Gesichtszügen und ziemlich gebeugter Haltung. Er und Gaute wurden sofort gute Freunde. Naakkve und Björgulv hatten sich seit dem Tod des Vaters noch mehr einander angeschlossen und sich von allen anderen zurückgezogen. Aber Ivar und Skule erklärten der Mutter, daß sie Jammaelt gerne leiden mochten ... „Trotzdem dünkt es uns, daß Ramborg Simons Andenken besser geehrt hätte, wenn sie noch etwas länger Witwe geblieben wäre - schließlich kann sich dieser ihr neuer Mann doch keineswegs mit ihm messen.“ Kristin merkte, daß die beiden wilden Burschen sich noch gut an Simon Andressohn erinnerten. Von ihm hatten sie sich sowohl mit scharfen Worten als auch mit ruhigem Scherz zurechtweisen lassen, obgleich diese beiden ungeduldigen Knaben von ihren eigenen Eltern keine Ermahnung duldeten, ohne daß ihre Augen vor Zorn funkelten und ihre Hände sich ballten.
Während Jammaelts Anwesenheit auf Jörundhof kam auch Munan Baardssohn zu Kristin auf Besuch. Es war jetzt nicht mehr viel von dem ehemaligen Ritter Tanz übrig. Früher einmal hatte er groß und stattlich gewirkt, damals bewegte er seinen schweren Körper nicht ohne Anstand, so daß er größer und ansehnlicher schien, als er war. Jetzt hatte die Gicht ihn krumm gezogen, und die Haut schlotterte um seinen abgemagerten Körper, er sah fast aus wie ein kleines Hutzelmännchen, mit kahlem Schädel und nur einigen armseligen Fransen weichen weißen Haares um den Nacken. Einstmals hatten blauschwarze Bartwurzeln das straffe, fleischige Gesicht mit einem dunklen Hauch überzogen, jetzt aber wucherten die grauen Stoppeln üppig in allen schlaffen Falten des Kinns und des Halses, wohin er mit seinem Barbiermesser nur schlecht gelangen konnte. Seine Augen waren rot gerändert, der Speichel rann ihm ein wenig aus den
Mundwinkeln - und außerdem machte ihm ein kranker Magen viel zu schaffen.
Mit ihm kam sein Sohn Inge, den die Leute Fluga nannten, nach seiner Mutter; er war bereits ein älterer Mann. Der Vater hatte diesem Sohn sehr gut in der Welt vorwärtsgeholfen, hatte ihm eine reiche Heirat verschafft und beim Bischof Halvard erreicht, daß dieser sich Inges annahm: Munan war mit einem Geschwisterkind des Bischofs verheiratet gewesen, und Herr Halvard wollte deshalb Inge gern zu Wohlstand verhelfen, damit er nicht Frau Katrins Kindern das Futter schmälere. Dem Bischof war in dem Gau Hedemarken das Amt als Vogt verliehen, und so ernannte er Inge Munanssohn zu seinem Vertrauensmann, so daß dieser nun in Skaun und Ridabu ziemlich begütert war. Seine Mutter hatte sich ebenfalls in jener Gegend einen Hof gekauft. Sie war jetzt eine sehr fromme und wohltätige Frau und hatte gelobt, ihr Leben von nun an bis zu ihrem Tode in Keuschheit zu verbringen. „Ja, sie ist weder gealtert noch hinfällig“, sagte Herr Munan gekränkt, als er sah, daß Kristin lächelte. Er hätte es wohl sehr gerne gesehen, daß Brynhild zu ihm gezogen wäre und ihm auf seinem Hof in der Nähe von Hamar das Haus geführt hätte, aber das wollte sie nicht.
Das Leben bringe ihm so wenig Freude auf seine alten Tage, klagte Herr Munan. Seine Kinder seien so unfriedlich - die Geschwister, die von einer Mutter stammten, lebten stets miteinander in Feindschaft und stritten auch mit den Halbgeschwistern. Am schlimmsten war die jüngste Tochter, die er von einer Buhlerin bekommen hatte, während er verheiratet war, so daß er ihr keine Erbschaft hinterlassen konnte, darum schröpfte sie den Vater noch zu seinen Lebzeiten, soviel sie nur konnte. Sie war Witwe und hatte sich auf Skogheim niedergelassen, jenem Hof, der Herrn Munans eigentlicher Wohnsitz war; weder der Vater noch die Geschwister konnten sie von dort vertreiben. Munan hatte eine heillose Angst vor ihr, wenn er aber den Versuch machte, zu einem seiner anderen Kinder zu ziehen, so wurde er auch dort mit Klagen über die Habgier und das unredliche Vorgehen der übrigen Geschwister geplagt. Am besten ging es ihm bei seiner jüngsten ehelichen Tochter, die als Nonne in Gimsöy lebte. Er war sehr gerne eine Zeitlang dort in der Gästeherberge, gab sich dann redliche Mühe, seine Seele unter der Anweisung der Tochter durch Buße und Gebete zu bessern,
aber lange Zeit hintereinander dort zu wohnen, hielt er nicht aus. Kristin konnte nicht glauben, daß Brynhilds Söhne zu dem Vater so viel freundlicher seien als die anderen Kinder, darin aber wollte Munan Baardssohn ihr nicht recht geben. Er hatte sie von
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