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Kristin Lavranstochter 2

Titel: Kristin Lavranstochter 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Undset
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Gesinde versammelt -Ingrid hatte erzählt, daß die Hausfrau eine Pilgerfahrt nach Nidaros antreten wolle.
    Kristin ergriff den schweren eisenbeschlagenen Stab, und da sie nicht reiten wollte, legte Gaute ihren Reisesack dem Pferd auf und trieb es vor sich her.
    Oben auf dem Kirchenhügel wandte Kristin sich zurück und blickte auf ihren Hof hinunter - wie schön lag er in dem betauten, sonnenerfüllten Morgen da. Der Fluß leuchtete silbern. Die Leute standen noch beieinander - sie konnte Jofrids helles Kleid und Kopftuch unterscheiden und das Kind als einen roten Fleck auf ihrem Arm.
    Gaute sah, daß das Gesicht seiner Mutter vor Bewegung bleich wurde.
    Der Weg führte unter dem Schatten des Berges in den Wald hinauf. Leicht wie ein junges Mädchen schritt Kristin dahin. Sie und der Sohn sprachen nicht viel miteinander. Und als sie zwei Stunden gegangen waren, kamen sie an die Stelle, wo der Weg unter dem Rostkamm nach Norden umbiegt und die ganze Dovregemeinde unter einem daliegt. Da sagte Kristin, weiter solle Gaute nicht mit ihr gehen, aber vorher wolle sie noch eine Weile dasitzen und rasten.
    Unter ihnen lag das Tal, durch das sich das weißgrüne Band des Flusses schlängelte, und an den waldigen Hängen lagen die Höfe wie kleine grüne Flecke. Aber weiter oben wogten braune und von Flechten gelbliche Höhen bis zu den grauen Geröllhalden und nackten schneegefleckten Höhenrücken hinauf. Die Schatten der Wolken wanderten über das Tal und die Bergweiten hin, aber im Norden war der Blick ins Gebirge hinein ganz klar. Ein Bergleib nach dem anderen hatte sich von dem Nebelgewand befreit und ragte nun blau in die Luft hinauf. Und Kristins Sehnsucht flog mit den Wolken nach Norden, auf dem langen Weg, den sie,vor sich hatte, eilte über das Tal hin, zwischen den beengenden hohen Bergen hindurch, über steile Pfade im Gebirge. Noch einige Tage, dann war sie auf dem Weg hinunter zu den schönen grünen Tälern des Drontheimischen, folgte den Flußläufen bis zu dem großen Fjord. Sie erschauerte bei der Erinnerung an die bekannten Gemeinden an jenem Fjord, an dem sie in ihrer Jugend geweilt hatte. Erlends schöne Gestalt lebte vor ihrem Blick auf, mit wechselnder Haltung und Miene, rasch, unklar, als sähe sie ihn in laufendem Wasser widergespiegelt. Zuletzt würde sie nach Feginsbrekka kommen, zu dem Marmorkreuz - dann lag die Stadt dort im Dunst zwischen dem blauen Fjord und dem grünen Land, auf der An-höhe die mächtige helle Kirche, mit schwindelnden Türmen und goldenen Windfahnen, mit dem Brand der Abendsonne in der Rose mitten auf der Brust. Und weit drinnen im Fjord unter den blauen Bergen von Frosta lag Tautra tief und dunkel gleich dem Rücken eines Wales, mit dem Kirchturm wie eine Rückenflosse. O mein Björgulv, o Naakkve...
    Aber wenn sie über die Schulter zurückblickte, konnte sie noch einen Teil der heimischen Berge sehen. Sie lagen im Schatten, aber ihr geübtes Auge vermochte zu unterscheiden, wo der Weg durch den Wald zur Alm führte. Die Felskuppen, die sich oberhalb des Waldteppichs erhoben, kannte sie - die schlossen die alten Almwiesen der Silbauern ein. Von den Bergen erklang die Lure - einige leise hohe Töne, die hinstarben und wieder auflebten; es hörte sich fast an, als übten sich Kinder im Blasen. Fernes Glockengeläut - und das Flußrauschen, das schläfrig herauftönte, und die tiefen Seufzer des Waldes an dem stillen, warmen Tag. Kristins Herz zitterte vor Unruhe in der Stille.
    Wie Heimweh zog es sie vorwärts, wie Heimweh zurück in das Tal und zum Hof. Die Bilder wechselten schnell und zahllos vor ihrem inneren Blick - alltägliche Ereignisse: sie sah sich selbst mit den Hüterbuben auf dem Pfad durch den lichten Wald unterhalb ihrer Alm dahinlaufen - eine Kuh war ins Moor geraten - die Sonne schien klar; als sie einen Augenblick stillstand und lauschte, fühlte sie, wie ihr eigener Schweiß sie auf der Haut brannte. Sie sah den Hofplatz daheim mit großen Wächten von Schnee - ein grauweißer stürmischer Tag, der wilden Winternacht entgegendämmernd, sie wurde fast in die Vorstube zurückgeweht, als sie die Türe öffnete, der Sturm raubte ihr den Atem, aber da tauchten sie auf, zwei bis zur Unförmigkeit verschneite Bündel von Männern in Pelzkitteln: Ivar und Skule kamen heim. Die Spitzen ihrer Schneeschuhe versanken tief in dem Schnee, der stets auf dem Hofplatz zusammengefegt wurde, wenn der Wind aus Nordwesten kam. Da entstanden immer an zwei Stellen auf dem

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