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Kristin Lavranstochter 2

Titel: Kristin Lavranstochter 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Undset
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allein mit dem Knaben sein, bis sie selbst sie wieder rufen lasse. Auch Ramborg gab er diesen Bescheid, als sie erwachte -Kristin habe gebeten, keiner möge heute in die Frauenstube kommen.
    „Auch du nicht?“ fragte sie rasch, und Simon sagte nein. Er ging hinaus, um den Säbottich zu holen.
    Aber nach der Mittagsmahlzeit blieb er auf dem Hof daheim - er brachte es nicht über sich, weit von den Häusern wegzugehen. Und Ramborgs Blick war ihm nicht ganz geheuer. Kurz nach der Mittagsrast geschah es: Er stand bei der Getreidescheune, da sah er seine Frau über den Hofplatz laufen. Er sprang ihr nach - Ramborg warf sich gegen die Tür des Frauenhauses, schlug mit geballten Fäusten darauf ein und schrie, daß es gellte, Kristin solle ihr aufmachen.
    Simon umfaßte sie mit den Armen, redete ihr gut zu - da beugte sie sich blitzschnell hinunter und biß ihn in die Hand; er sah, sie war wie ein rasendes Tier.
    „Es ist mein Kind! Was habt ihr mit meinem Sohn gemacht?“
    „Du weißt doch genau, daß deine Schwester nur Gutes an Andres tut.“ Als er sie wieder anfaßte, wehrte sie sich und schrie. „Komm jetzt“, sagte Simon und machte seine Stimme barsch. „Ramborg - schämst du dich denn nicht vor unseren Leuten?“
    Sie aber fuhr fort zu schreien:
    „Er gehört doch wohl mir, oder. . . Du warst nicht bei uns, als ich ihn gebar, Simon“, rief sie, „wir waren dir nicht so teuer...“
    „Du weißt selbst, was ich damals zwischen den Händen hatte“, antwortete der Mann müde. Er schleppte sie zum Wohnhaus hinüber und mußte dabei Gewalt anwenden.
    Von da an wagte er nicht mehr, sie allein zu lassen. Ramborg beruhigte sich nach und nach, und als der Abend kam, fügte sie sich und ließ sich willenlos von ihren Mägden auskleiden.
    Simon blieb auf. Seine Töchter schliefen drüben in ihrem Bett, die Dienstmägde hatte er hinausgesandt. Einmal, als er aufstand und auf und ab ging, fragte Ramborg vom Bett her -ihre Stimme klang hellwach -, wo er hin wolle.
    „Ich wollte mich bei dir ein wenig hinlegen“, antwortete er nach einem Augenblick. Er zog Wams und Schuhe aus, kroch zwischen das Fell und die wollene Decke. Dann schob er einen Arm unter den Nacken seiner Frau.
    „Ich verstehe es wohl, meine Ramborg, daß dieser Tag lang und schwer für dich gewesen ist...“
    „Dein Herz schlägt so hart“, sagte sie nach einer Weile.
    „Ja, du weißt ja, auch ich habe Angst um den Knaben. Aber wir müssen in Geduld warten, bis Kristin uns Bescheid gibt. ..“
    Er fuhr im Bett hoch, auf den Ellbogen gestützt - verwirrt blickte er in Kristins weißes Gesicht, es war dicht über dem seinen, glitzernd naß von Tränen in dem Lichtschein,ihre Hand lag auf seiner Brust. Einen Augenblick glaubte er, diesmal habe er es nicht nur geträumt. .. Simon warf sich in die Kissen zurück, mit einem erstickten Jammerlaut legte er die Arme über sein Gesicht. Er fühlte sich krank, so hämmerte das Herz in ihm, rasend schnell und hart.
    „Simon, wach auf!“ Kristin schüttelte ihn wieder. „Andres ruft nach seinem Vater, hörst du - es war das erste Wort, das er sagte.“ Ihr Gesicht strahlte von einem Lächeln, während die Tränen unaufhörlich herabströmten.
    Simon setzte sich auf, fuhr sich ein paarmal über das Gesicht. Er hatte doch wohl nicht im Schlaf geredet, als sie ihn weckte... Er blickte Kristin an, die mit einem Licht in der Hand vor dem Bett stand.
    Leise, um Ramborg nicht zu wecken, schlich er sich mit Kristin hinaus. Immer noch verspürte er diese krankhafte Übelkeit in der Brust. Ihm war zumute, als wolle etwas in ihm brechen -warum blieb es ihm nicht erspart, dieses Entsetzliche zu träumen. Er, der im wachen Zustand kämpfte und kämpfte, um alle solche Gedanken von sich fernzuhalten. Und wenn er dann dalag und schlief, willenlos und wehrlos, dann träumte er das, was ihm offenbar der Teufel selbst eingab - sogar jetzt, während sie bei seinem todkranken Sohn wachte, träumte er wie ein Unmensch ...
    Es regnete, und auch Kristin wußte nicht genau, welche Zeit in der Nacht es sein mochte. Der Knabe war zuerst halb wach gewesen, hatte aber nicht gesprochen. Und erst im Lauf der Nacht hatte sie gefunden, er schlafe so gut und ruhig, daß sie es wagte, sich ein wenig hinzulegen und zu ruhen, mit dem Knaben in ihren Armen, damit sie es fühlen müßte, wenn er sich bewegte. So war sie eingeschlafen.
    Andres sah winzig aus, wie er so allein im Bett lag; entsetzlich bleich war er, aber die Augen waren klar, und

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