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Kristin Lavranstochter 2

Titel: Kristin Lavranstochter 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Undset
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auf beiden Händen und auf einem Knie, während er das andere Bein zerschmettert hinter sich nachzog. Jetzt konnte er nicht mehr ohne Stock durch die Stube gehen und nicht mehr ohne Hilfe auf seinen steilen Äckern zu Pferde steigen. Mißgeschick verfolgte ihn beständig, ein Dickkopf und Sonderling, wie der Mann war, nicht sehr tüchtig in der Verwaltung seines Hofes und seines Wohlstandes, in Handel und Wandel konnte ihn jedermann betrügen, der das Herz dazu hatte. Aber er war sehr kunstfertig mit seinen Händen, gewandt in der Bearbeitung von Holz und Eisen, klug und gut in seiner Rede. Und wenn dieser Mann die Harfe auf seine Knie nahm, so mußten die Leute lachen oder weinen, je nachdem, wie Geirmund sang und spielte. Ja, wenn Geirmund von dem Ritter sang, der durch sein Spiel den Lindenbaum seines Laubes und die Kuh ihrer Hörner beraubte, war es fast, als höre man den Ritter selbst singen.
    Dann kamen sie alle zusammen und sangen mit dem Vater, die ältesten Kinder - das hörte sich schöner an, als wenn alle Glocken in Bischofs-Hamar läuteten. Das zweitjüngste Kind, Inga, mußte sich noch an der Bank festhalten, um zu gehen, sprechen hatte sie noch nicht gelernt, aber sie summte und sang den ganzen Tag lang, und ihre kleine Stimme war so fein und hell wie eine silberne Glocke.
    Dichtgedrängt wohnten sie in einer kleinen schwarzen alten Feuerstube, alle miteinander: Eltern, Kinder und Gesinde. Den Dachraum, von dessen Bau Geirmund in allen diesen Jahren gesprochen hatte, brachte er wohl nie zustande - es war ihm ohnehin schon kaum geglückt, an Stelle der im vergangenen Jahr niedergebrannten Scheune eine neue aufzubauen. Aber die Eltern konnten sich nicht von einem einzigen der vielen Kinder trennen. Simon hatte sich, sooft er auf Kruke war, erboten, einige von ihnen aufzunehmen und bei sich zu erziehen, Geirmund und Sigrid dankten ihm dafür, schlugen es jedoch stets ab.
    Vielleicht hatte sie es trotz allem von seinen Geschwistern am besten getroffen, dachte Simon bisweilen. Ja, Gyrd sagte zwar, Astrid sei sehr zufrieden mit ihrem neuen Mann - sie wohnten weit unten in Ryfylke, und Simon hatte sie seit ihrer Hochzeit nicht mehr gesehen. Aber die Torgrimssöhne lägen viel im Streit mit dem Stiefvater, erzählte Gyrd.
    Und Gudmund war sehr froh und zufrieden. Aber Simon meinte, wenn dies das Glück eines Mannes sei, könne er, ohne eine Sünde zu begehen, Gott dafür danken, daß ihr Vater nicht mehr lebte und es sah. So schnell es sich geziemenderweise nach Andres Darres Tod machen ließ, hatte Gudmund die Hochzeit mit dieser Witwe gefeiert, von der sein Vater durchaus nichts hatte wissen wollen. Der Dyfrin-Ritter hatte seinen beiden ältesten Söhnen junge, reiche und schöne Jungfrauen aus hervorragendem Geschlecht und mit fleckenlosem Ruf ausgewählt, und es war daraus für Gyrd und für Simon nicht mehr entstanden als ein mäßiges Glück, darum meinte er, es müßte für Gudmund doch das reine Elend werden, wenn er, sein Vater, ihn nach seinem unverständigen Willen handeln ließe. Tordis Bergstochter war viel älter als Gudmund, ziemlich wohlhabend und besaß aus ihrer ersten Ehe keine Kinder. Danach aber hatte sie von einem Priester an der Mariakirche in Oslo ein Kind bekommen, und im übrigen hieß es, daß sie auch zu anderen Männern allzu freundlich gewesen sei - Gudmund Darre mit eingeschlossen, kaum daß sie ihn kennengelernt habe. Grausam häßlich war sie und unhöfisch und derb in ihrer Rede für eine Frau, so dünkte es Simon - aber sie war rasch und witzig, verständig und gutmütig, er wußte, er selbst hätte Tordis gut leiden können, hätte sie nur nicht in seine Sippe hineingeheiratet. Aber Gudmund gedieh bei ihr, daß es über alle Grenzen ging; jetzt war er bald ebenso fett und schwerfällig wie Simon selbst - und das war nicht Gudmunds Natur.
    Als junger Mensch war er schlank und schön gewesen. Jetzt war er so schlapp und faul, daß Simon Lust hatte, den Burschen zu verprügeln, sooft er ihn sah. Ein närrischer Kerl war Gudmund sein Lebtag gewesen, das ließ sich nicht leugnen - und daß seine Kinder von der Mutter den Verstand, von ihm aber das Äußere mitbekamen, war schließlich noch ein Glück im Unglück. Aber Gudmund gedieh ...
    Simon brauchte sich also nicht so viel über den Bruder zu grämen, wie er es tat. Und in mancher Beziehung war es wohl auch unnötig, daß er sich um Gyrds willen soviel Kummer machte. Aber jedesmal wenn er auf den väterlichen Hof heimkam und

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