Kristin Lavranstochter 2
wild erregt hatte, Kristin unter den Brautmüttern zu sehen -und Erlend, seinen neuen Schwager, unter den Männern, die ihn in die Brautkammer begleiteten. Und als er am nächsten Morgen erwachte und seine noch schlafende Braut betrachtete, hatte er es wie eine Wunde und eine böse Schmach tief drinnen im Herzen empfunden - es war, als habe er schlecht gegen ein Kind gehandelt...
1
(lat.) Herr, kehre doch wieder zu uns und sei deinen Knechten gnädig. (Ps. 90, 13) Herr, zürne nicht zu sehr und denke nicht ewig der Sünden. Siehe doch das an, daß wir alle dein Volk sind. (Jes. 64, 9)
Obwohl er wußte, daß er sich diese Sorge hätte sparen können.
Sie hatte gelacht, als sie die großen Augen aufschlug.
„Jetzt gehörst du mir , Simon.“ Sie spielte mit ihren Fingern auf seiner Brust. „Mein Vater ist dein Vater und meine Schwester deine Schwester.“ Und ihm wurde kalt vor Angst, denn er dachte daran, ob sie es wohl gefühlt hatte, daß ihm sein Herz bei diesen ihren Worten in der Brust stehengeblieben war.
Im übrigen war er sehr zufrieden mit seiner Heirat, daran hielt er fest. Seine Frau war reich, aus hervorragendem Geschlecht, jung und gesund, schön und freundlich. Sie hatte ihm eine Tochter und einen Sohn geschenkt - dafür hat ein Mann Verständnis, wenn er es ausgekostet hat, was es heißt, in Reichtum zu leben und keine Kinder zu bekommen, die den Besitz nach den Eltern Zusammenhalten können. Zwei Kinder - und deren Wohlstand war gesichert -, und immer noch war er so reich, daß er Arngjerd eine gute Heirat verschaffen konnte.
Noch einen Sohn hätte er wohl gerne gehabt - ja, er würde nicht traurig sein, wenn noch ein oder zwei Kinder auf Formo dazukämen. Aber Ramborg war wohl froh, solange ihr dies erspart blieb. So hatte doch auch dieses sein Gutes. Denn er konnte es nicht leugnen, es trug viel zur Behaglichkeit im Hause bei, wenn Ramborg guter Laune war. Er hätte es wohl gewünscht, daß sie gleichmäßigeren Sinnes gewesen wäre. Er wußte nicht immer, wie er mit seiner Frau daran war. Und schließlich hätte auch sein Hauswesen gern ein wenig ordentlicher sein dürfen. Aber niemand darf erwarten, daß ihm alle
Becher gefüllt werden, wie das Sprichwort heißt. Das sagte sich Simon immer wieder, während er heimwärts ritt.
Jetzt sollte Ramborg in der Woche vor der Klemensmesse nach Kruke - es munterte sie immer ein wenig auf, eine Zeitlang von daheim weg zu sein.
Obwohl Gott wissen mochte, wie es dort ging - dieses Mal. Es war das achte Kind, das Sigrid jetzt erwartete. Und er war sehr erschrocken, als er die Schwester auf seinem Heimritt aufsuchte - sie sah nicht so aus, als könne sie noch viel mehr ertragen.
Er hatte dem alten Bild der Jungfrau Maria in Eyabu, das besonders wundertätig sein sollte, vier dicke Wachslichte geopfert und hatte reiche Gaben versprochen, wenn Sigrid dieses Mal mit Leben und Gesundheit davonkäme. Denn wie es mit Geirmund und all den Kindern gehen sollte, wenn die Mutter von ihnen wegstarb - nein, das konnte er sich nicht ausdenken.
Und sie lebten sehr gut zusammen, Sigrid und Geirmund, nie hatte sie ein unfreundliches Wort von ihrem Mann gehört, sagte sie, nie hatte er etwas ungetan gelassen, von dem er glauben konnte, daß es sie freue. Als er merkte, daß Sigrid sich in Sehnsucht nach dem Kind verzehrte, das sie in ihrer Jugend von Gjavvald Arnessohn bekommen hatte, hatte er Simon veranlaßt, den Knaben zu holen, damit die Mutter ihn eine Weile bei sich haben könnte. Aber Sigrid erlebte nur Kummer und Enttäuschung bei dem Wiedersehen mit diesem verwöhnten, reichen Knaben. Seitdem hatte Sigrid Andrestochter sich an ihren Mann und die Kinder, die sie von ihm bekommen hatte, angeklammert, wie ein armer kranker Sünder sich an Pfarrer und Beichte anklammert.
Jetzt schien sie in einer Weise völlig glücklich zu sein. Und Simon merkte es wohl, es gab nur wenige Männer, mit denen man so gerne zusammen war wie mit Geirmund. Er hatte eine so schöne Stimme, und selbst wenn er von nichts anderem sprach als von dem schlechten Gaul, den man ihm aufgeschwätzt hatte, so hörte es sich doch fast wie Harfenklang an.
Ein häßliches und sonderbares Gesicht hatte Geirmund Hersteinssohn stets gehabt, aber früher war er doch stark und gut gebaut gewesen, der beste Bogenschütze und Weidmann und allen anderen in jeder Art Leibesübung überlegen. Vor drei Jahren aber wurde er zum Krüppel - damals, als er sich kriechend von einer Jagd heimgeschleppt hatte,
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