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Kristin Lavranstochter 2

Titel: Kristin Lavranstochter 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Undset
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brachte Bier und Essen herbei, seine Frau setzte sich zu ihm, während er aß, redete und fragte nach Neuigkeiten. Als die Kinder schlafen gegangen waren, hob Simon Ramborg auf seine Knie, während er ihr die Grüße überbrachte und von Verwandten und Bekannten erzählte.
    Er fühlte, es wäre schändlich und unmännlich, wenn er nicht zufrieden sein könnte, da es ihm so gut ging.
    Am Tage darauf, Simon saß drüben in der Saemundsstube, kam Arngjerd herein und brachte ihm etwas zu essen. Er dachte, es sei am besten, mit ihr über den Freier zu sprechen, während sie unter vier Augen waren, und so erzählte er der Tochter von seinem Gespräch mit den Männern von Eiken.
    Ach ja, schön ist sie wirklich nicht, dachte der Vater - er betrachtete das junge Mädchen, wie es so vor ihm stand. Gedrungen und breit gebaut, mit einem kurzen derben und blassen Gesicht; das graugelbe Haar war ungleichmäßig verblichen; in zwei dicken Zöpfen hing es über den Rücken, aber vorn über
       der Stirn war es strähnig und fiel ihr in die Augen, So daß sie die Gewohnheit hatte, es unaufhörlich zurückzustreichen.
    „Ihr müßt das nach Eurem Willen ordnen, Vater“, sagte sie ruhig, als er ausgesprochen hatte.
    „Ja, ich weiß, du bist ein gutes Kind, aber was meinst du selbst dazu?“
    „Ich, ich meine nichts. Darin müßt Ihr bestimmen, lieber Vater.“
    „Die Dinge stehen so, Arngjerd - ich würde dir gönnen, erst noch ein paar freie Jahre zu verleben, frei von der Last der Kinder und von Sorge und Verantwortung, von all dem, was die Frauen trifft, wenn sie einmal verheiratet sind. Aber ich denke mir - vielleicht sehnst du dich danach, dein Eigenes zu haben und eine selbständige Frau zu sein?“
    „Um meinetwillen hat das keine Eile“, sagte das Mädchen und lächelte ein wenig.
    „Du weißt, wenn du nach Eiken heiraten würdest, so hättest du deine reichen Verwandten in nächster Nähe - nackt ist des Bruderlosen Hintern.“ Er sah das leise Aufblitzen in Arngjerds Augen und das heimliche Lächeln. „Ich meine Gyrd, deinen Oheim“, sagte er rasch, ein wenig verlegen.
    „Ja, ich verstehe, Ihr meint nicht meine Verwandte Helga.“ Dann lachten sie alle beide.
    Simon wurde es ganz warm ums Herz in Dankbarkeit zu Gott und der Jungfrau Maria und zu Halfrid, die ihn dazu überredet hatte, seine Tochter anzuerkennen. Wenn sie so miteinander lachten, er und Arngjerd, so brauchte es keinen anderen Beweis für seine Vaterschaft.
    Er stand da, klopfte ihr ein wenig Mehl von ihrem Ärmel. „Und der Freier - wie gefällt dir der Mann?“ fragte er.
    „Doch. Ich mag ihn, sowenig ich noch von ihm gesehen habe - man darf wohl nicht auf alles hören, was die Leute reden . . . Aber hierin müßt Ihr bestimmen, Vater.“
    „Dann wird es so, wie ich gesagt habe. Aasmund und Grunde können noch eine Weile warten und sehen, ob sie noch derselben Meinung sind, wenn du ein wenig älter geworden bist. Im übrigen weißt du ja, meine Tochter, daß du deine Heirat selbst bestimmen darfst, soweit du verständig genug bist, dein eigenes Bestes zu beurteilen. Und dein Verstand ist ja gut genug.“
    Er umarmte sie. Sie errötete, als der Vater sie küßte - und Simon dachte daran, daß es wohl schon Jahr und Tag her war, seit er dies getan hatte. Im übrigen gehörte er nicht zu den Männern, die sich davor scheuten, ihre Frau bei Tageslicht anzufassen oder mit ihren Kindern zu scherzen. Aber es war immer wie im Spaß - und Arngjerd ... Simon fühlte plötzlich, daß diese junge Tochter wohl der einzige Mensch hier auf Formo war, mit dem er dann und wann ernsthaft redete.
    Er ging durch die Stube, zog den Zapfen aus dem Guckloch in der Südwand. Durch die kleine Öffnung sah er über das Tal hin. Der Wind kam vom Süden, und große graue Wolken stiegen auf, weiter unten im Tale, wo die Berge einander begegneten und den Blick versperrten. Wenn ein Sonnenstreifen durchbrach, leuchteten alle Farben so innig stark auf. Das Tauwetter hatte den fahlbleichen Reif weggenommen, die Äcker waren braun, der Nadelwald blauschwarz - und oben, entlang den Bergstirnen, strich das Licht mit goldgelbem Glanz vorbei, dort, wo der kahle Fels mit Flechten und Moos überzogen war.
    Simon hatte ein Gefühl, als könne man aus dem Herbstwind da draußen und dem unruhigen Glanz über dem Tal wunderbare Kräfte schöpfen. Kam jetzt noch warmes Wetter zu Allerheiligen, so gab es wohl genug Wasser in den Bächen für die Mühlen, jedenfalls bis kurz vor

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