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Kristin Lavranstochter 2

Titel: Kristin Lavranstochter 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Undset
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Ihr keinen Schlaf? Soeben ritt Erlend Nikulaussohn vorüber, zu dritt waren sie - es waren gewiß zwei seiner Söhne mit ihm.“ Simon murmelte eine Art Antwort, zornig und unverständlich.
    Er wollte ihnen einen guten Vorsprung gönnen. Im übrigen mußte wohl auch er bald an die Heimfahrt denken ...
    Kaum war er in die Stube gekommen und hatte sein Überzeug abgelegt, nahm Andres ihm seine Pelzmütze ab und stülpte sie sich auf. Während der Junge rittlings auf der Bank saß und zum Oheim auf Dyfrin ritt, rutschte die große Mütze hin und her, bald vor auf die kleine Nase und bald zurück auf seine schönen hellen Locken... Aber es half nicht viel, daß er sich bemühte, an solche Dinge zu denken - Gott mochte wissen, wann der Knabe den Oheim auf Dyfrin jetzt wohl besuchen würde.
    Und statt dessen überfiel ihn die Erinnerung an seinen anderen Sohn - an Halfrids Kind, Erling. Es kam nicht oft vor, daß er an ihn dachte. Eine kleine bläulichblasse Kinderleiche -in den Tagen, in denen Erling lebte, hatte er ihn kaum gesehen, damals mußte er bei der sterbenden Mutter sein. Wäre das Kind am Leben geblieben oder hätte es länger gelebt als die Mutter -so hätte er Mandvik behalten. Da hätte er sich wohl dort unten im Land eine neue Frau gesucht. Und wäre nur dann und wann in das Tal hier heraufgekommen, um nach seinem Hof zu sehen. Da hätte er wohl Kristin - nicht vergessen - sie hatte ihn zu einem allzu seltsamen Tanz geführt, als daß er dies gekonnt hätte. Zum Teufel auch - ein Mann mußte doch wohl, wie an ein merkwürdiges Abenteuer, daran denken dürfen, daß eiserne Braut, eine Jungfrau aus vornehmem Geschlecht, in Christentum und guten Sitten erzogen, aus solch einem Schandhaus und aus dem Bett eines anderen Mannes hatte holen müssen. Aber da unten wäre er doch nicht gezwungen gewesen, sich ihrer in einer Weise zu erinnern, die ihn quälte und ihm jeden Geschmack an all dem Guten, das ihm das Leben sonst bot, verleidete.
    Erling - er wäre jetzt vierzehn Winter alt. Wenn Andres einmal mehr zum Mann heranwuchs, war er selbst alt und abgetan.
    Ach ja, Halfrid - du hattest es bei mir nicht allzu gut. So ganz unverschuldet ist mein Schicksal wohl doch nicht.
    Erlend Nikulaussohn hätte seinen Leichtsinn vielleicht mit dem Leben büßen müssen. Und Kristin säße jetzt als Witwe auf Jörundhof...
    Und er selbst hätte vielleicht darüber geklagt, daß er ein verheirateter Mann war. Nichts war so unverständig, daß er es sich jetzt nicht selbst zutraute . . .
    Der Wind hatte nachgelassen, aber es fielen immer noch große nasse Flocken frühjahrlichen Schnees, als Simon von der Herberge wegritt. Und jetzt fingen die Vögel in den Wäldern wieder zu pfeifen und zu trillern an, dem Schneetreiben zum Trotz.
    So wie ein Riß der Haut durch eine heftige Bewegung wieder aufbricht, schmerzte ihn eine kleine Erinnerung: Kürzlich bei seinem Ostergelage hatte eine Schar Gäste draußen gestanden und sich von der Mittagssonne braten lassen. Hoch oben in der Birke über ihnen saß ein Rotkehlchen und sang in die warme blaue Luft hinaus. Geirmund kam um die Hausecke gehinkt, schleppte sich an seinem Stock herbei, die eine Hand auf die Schulter seines ältesten Sohnes gestützt. Er blickte auf, blieb stehen und ahmte den Vogel nach. Auch der Knabe spitzte den Mund und pfiff. Die beiden konnten fast alle Vogelstimmen nachahmen. Kristin stand ein wenig abseits, mitten unter anderen Frauen. Sie lächelte so schön, während sie lauschte ...
    Gegen die Zeit des Sonnenuntergangs lichteten sich die Wolken im Westen ein wenig, wallten golden an den weißen Berghängen dahin, füllten Schluchten und kleine Täler wie grauer Nebel. Der Fluß glänzte matt wie Messing - eisfrei und dunkel, umbrauste er die Steine in der Strömung, und auf jedem Stein lag ein kleines weißes Kissen von Neuschnee.
    Es ging nicht rasch vorwärts mit den müden Pferden und auf dem schlechten Weg. Die Nacht war milchweiß im Lichte des Vollmondes, der zwischen treibenden Nebeln und Wolken hervorlugte, als Simon auf den Hängen beim Ulafluß hinabritt. Als er über die Brücke und in die flache, mit Kiefern bestandene Talsohle hinausgelangt war, über die der Winterweg führte, griffen die Pferde besser aus - sie wußten, es ging dem Stall zu. Simon klopfte seinem Gaul den dampfenden nassen Hals. Er war trotz allem froh, daß dieser Ritt bald ein Ende nahm. Ramborg schlief wohl schon längst.
    Dort, wo der Weg jäh aus dem Wald herausbiegt, stand

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