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Kristin Lavranstochter 2

Titel: Kristin Lavranstochter 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Undset
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eine kleine Hütte. Er war schon ganz in der Nähe, als er bemerkte, daß einige Männer zu Pferde vor der Türe hielten. Er hörte Erlends Stimme rufen:
    „Es ist also abgemacht, du kommst gleich nach dem Sonntag -kann ich es meiner Frau sagen?“
    Simon rief einen Gruß hinüber. Es hätte allzu merkwürdig ausgesehen, wenn er nicht angehalten hätte und in ihrer Begleitung weitergeritten wäre, aber Sigurd bat er, vorauszureiten. Dann kam er näher an die anderen heran. Es waren Naakkve und Gaute. Erlend trat aus der Haustüre.
    Sie begrüßten einander noch einmal - die drei anderen etwas gezwungen. Er konnte ihre Gesichter sehen, doch nicht sehr deutlich in dem dämmrigen Licht; es dünkte Simon, als seien ihre Mienen unsicher gespannt und unwillig zugleich. So sagte er denn sofort:
    „Ich komme von Dyfrin, Schwager.“
    „Ja, ich habe gehört, daß du nach Süden geritten seist.“ Erlend hatte die Hand auf den Sattelknauf gelegt und blickte zu Boden. „Du bist rasch geritten“, fügte er hinzu, gleichsam, als wäre das Schweigen peinlich geworden.
    „Nein, wartet ein wenig“, sagte Simon zu den jungen Burschen, die weiterreiten wollten. „Ihr sollt es auch hören. Es war das Siegel meines Bruders, das du auf dem Brief sahst, Gaute. Und ich begreife, daß du glauben mußtest, sie hielten deinem Vater schlecht die Treue, er und jene anderen Herren, die ihr Siegel unter dieses Schreiben an Junker Haakon gesetzt hatten, das dein Vater nach Dänemark bringen sollte ..."
    Der Knabe blickte zu Boden und schwieg. Erlend sagte:
    „An eines dachtest du wohl nicht, Simon, als du zu deinem Bruder fuhrst. Teuer erkaufte ich Sicherheit für Gyrd und meine anderen Genossen - mit all dem, was ich besaß, außer dem Namen eines Mannes, der sein Wort und seine Treue hält. Nun meint wohl Gyrd Darre, daß ich nicht einmal diesen Namen mehr bewahrt habe . .."
    Bcschämt neigte Simon den Kopf. Daran hatte er nicht gedacht.
    „Das hättest du mir sagen können, Erlend, als ich davon sprach, daß ich nach Dyfrin fahren wollte ..."
    „Du mußtest wohl selbst gesehen haben, wie wild und wütend ich war, ich konnte weder denken noch raten, als ich von deinem Hof wegritt..."
    „Auch ich war nicht ganz bei Sinnen, Erlend . ..“
    „Nein, aber ich dachte, du hättest Zeit gehabt, auf dem langen Weg zur Besinnung zu kommen. Schließlich konnte gerade ich dich nicht gut darum bitten, die Frage an deinen Bruder zu unterlassen, ohne dabei Dinge zu verraten, die zu verschweigen ich hoch und heilig geschworen hatte.“
    Simon schwieg eine Weile - zuerst dünkte ihn, der andere habe recht. Dann aber wurde es ihm klar - nein, jetzt war Erlend ganz unbillig. Sollte er es etwa zulassen, daß Kristin und ihre Söhne weiterhin so Schlechtes von ihm glaubten? Ein wenig heftig stellte er diese Frage.
    „Ich habe nie ein Wort darüber gesagt, Verwandter, weder zur Mutter noch zu meinen Brüdern“, sagte Gaute und wandte sein schönes helles Gesicht dem Oheim zu.
    „Nun, zuletzt erfuhren sie dennoch davon“, antwortete Simon störrisch. „Ich meine, nach all dem, was sich an jenem Tag bei mir zutrug, mußten wir die Sache aufklären. Und ich begreife nicht, daß dies deinem Vater so unerwartet kommen konnte; du bist heute noch fast ein Kind, mein Gaute, um so mehr warst du es damals, als du in diese - Geheimnisse eingeweiht wurdest.“
    „Ich durfte doch wohl glauben, daß ich meinem eigenen Sohn Vertrauen schenken könnte“, erwiderte Erlend heftig. „Und ich hatte nicht zwischen zwei Wegen zu wählen, als ich den Brief retten mußte. Da hieß es, ihn entweder Gaute geben oder ihn durch den Vogt finden lassen ..."
    Es dünkte Simon nutzlos, noch mehr über die Sache zu sprechen. Aber er konnte sich dennoch nicht enthalten zu antworten: „Wenig erfreut war ich, als ich begriff, was der Junge vier Jahre lang über mich geglaubt hat. Ich habe dich immer gern gehabt, Gaute.“
    Der Knabe trieb sein Pferd einige Schritte vor, streckte die Hand aus, und Simon sah, daß sein Gesicht sich verdunkelte, als würde es von Röte überzogen.
    „Ihr müßt mir verzeihen, Simon!“
    Simon preßte die Hand des Kindes. Bisweilen konnte Gaute seinem Großvater Lavrans so ähnlich sehen, daß es Simon ganz seltsam zumute wurde. Seine Beine waren ein wenig nach außen gekrümmt, und seine Gestalt war klein, aber er war ein hervorragender Reiter, und zu Pferde sah er aus wie der schönste Jüngling, über den je ein Vater sich freuen konnte.
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