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Kristin Lavranstochter 2

Titel: Kristin Lavranstochter 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Undset
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keine Antwort erhielt, sagte sie wiederum: „Er sehnt sich wohl immer heim nach Kristin, wenn er längere Zeit weggewesen ist..."
    Simon schwieg eine gute Weile, ehe er antwortete:
    „Wir sind nicht als Freunde auseinandergegangen.“ Ramborg drehte sich heftig um - da erzählte er, was er auf Dyfrin gehört hatte, und berichtete den ersten Teil seines Gespräches mit Erlend und dessen Söhnen.
    „Mich dünkt es doch ein wenig unvernünftig, daß ihr wegen einer solchen Sache Feinde werden solltet - da ihr doch die Freundschaft bis heute aufrechterhalten konntet.“
    „Mag sein - aber nun kam es eben so. Doch es würde zu lange dauern, wollten wir dies alles heute abend noch besprechen.“
    Ramborg wandte sich ihrer Webarbeit zu und machte sich wieder daran zu schaffen.
    „Simon?“ fragte sie plötzlich. „Erinnerst du dich jener Sage, die Sira Eirik uns einmal vorlas - aus der Bibel -, von einer Jungfrau, die Abisag die Sunnamittische hieß?“
    „Nein.“
    „In jener Zeit, da König David alt wurde und seine Lebenskraft und sein Mannestum nachzulassen begannen“, fing seine Frau wieder an, aber Simon unterbrach sie:
    „Liebe Ramborg, die Nacht ist schon allzuweit vorgeschritten; es ist jetzt nicht der Augenblick, Sagen zu erzählen. - Auch erinnere ich mich jetzt, was mit ihr war, die du da erwähntest.“ Ramborg schlug den Weberkamm zurück, schwieg eine Weile. Dann sprach sie wieder:
    „Erinnerst du dich vielleicht der Sage, die mein Vater wußte -von Tristan dem Schönen und von Isodd der Blonden und Isodd der Schwarzen?“
    „Ja, an die erinnere ich mich.“ Simon schob die Schüssel zurück, fuhr sich mit dem Handrücken über den Mund und stand auf. Er stellte sich vor den Ofen; mit einem Fuß auf den Rand gestützt, den Ellbogen auf dem Knie und das Kinn in der Hand, stand er da und sah ins Feuer, das in dem gemauerten Loch nach und nach ausbrannte. Drüben aus dem Winkel beim Webstuhl kam Ramborgs Stimme, zerbrechlich und dem Weinen nahe:
    „Immer, wenn ich diese Sagen hörte, dachte ich, solche Männer wie König David und Herr Tristan - es dünkte mich unverständig - und grausam -, daß sie nicht diese jungen Bräute liebten, die ihnen ihr Magdtum und die Liebe ihres Herzens mit Sanftmut und anmutiger Schicklichkeit entgegenbrachten, nicht mehr liebten als jene Frauen, wie Frau Bathseba oder diese Isolde, die Blonde, die sich an andere Männer gegeben hatten. Ich dachte, wäre ich ein Mann gewesen, ich wäre nicht so wenig stolz - und so herzlos gewesen...“ Sie schwieg überwältigt. „Mich dünkte dies das härteste Los - so wie es Abisag und jener armen Isodd von Bretland beschieden war.“ Sie wandte sich heftig um, ging rasch durch die Stube und stellte sich vor ihren Mann hin.
    „Was ist mit dir, Ramborg?“ Simon sprach leise und unwillig. „Ich begreife deine Absicht nicht...“
    „Doch, du begreifst wohl“, sagte sie heftig. „Du bist genauso wie dieser Tristan ..."
    „Das kann ich nicht glauben“, er versuchte zu lachen, „daß ich Tristan - dem Schönen - gleich sein sollte. Und die beiden Frauen, von denen du sprachst - sie lebten und starben, wenn ich mich recht erinnere, als reine Jungfrauen, unberührt von ihren Männern ...“ Er sah sein Weib an: ihr kleines dreieckiges Gesicht war weiß, und sie biß sich in die Lippen.
    Simon stellte seinen Fuß auf den Boden zurück, richtete sich auf und legte beide Hände auf ihre Schulter.
    „Meine Ramborg, wir haben doch zwei Kinder miteinander“, sagte er still.
    Sie gab keine Antwort.
    „Ich habe mich bemüht, dir zu zeigen, wie dankbar ich dir für dieses Geschenk war. Ich glaubte selbst - ich hätte versucht, dir ein guter Gatte zu sein.“
    Als sie immer noch nichts sagte, ließ er sie los, ging hin und setzte sich auf die Bank. Ramborg folgte nach, stand vor ihm und blickte auf den Mann hinab: die breiten, schmutzbespritzten Schenkel, sein mächtiger Körper, das schwere rotbraune Gesicht. Unwillig schürzte sie die Lippen.
    „Häßlich bist du auch geworden mit den Jahren, Simon.“
    „Ja, ich selber habe mich nie für einen schönen Mann gehalten“, erwiderte er ruhig.
    „Und ich bin doch jung und schön ...“ Sie setzte sich auf seinen Schoß, die Tränen stürzten ihr aus den Augen, als sie seinen Kopf mit beiden Händen umschloß. „Simon - sieh mich an -, warum kannst du es mir nicht lohnen? Niemand habe ich es gegönnt, mich zu besitzen, außer dir - ich dachte es schon von ganz klein an, als kleines

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