Kroenung der Liebe
verlegenen Eindruck. Und sich einem Prinzen zumindest moralisch überlegen zu fühlen, war nach all den Demütigungen des letzten Abends wie Balsam für Allegras angeschlagenes Selbstwertgefühl.
„Okay, ich entschuldige mich“, brummte er widerwillig und ließ gleich darauf einen lästerlichen Fluch in seiner Muttersprache folgen, den sie glücklicherweise nicht verstand. Im nächsten Moment stand er auf, fuhr sich mit allen Fingern durchs Haar und ging ums Bett herum. Einen Moment starrte er brütend auf Allegra hinab, dann setzte er sich zu ihr auf die Bettkante. „Ich war immer äußerst vorsichtig. Du hast also nichts zu befürchten“.
„Ist schon gut.“ Am liebsten hätte sie sanft über die roten Male gestrichen, die ihre Fingernägel auf seiner nackten Haut hinterlassen haben mussten. Immer noch konnte sie kaum fassen, mit welcher Leichtigkeit Alex eine Leidenschaft in ihr geweckt hatte, von der sie nicht einmal gewusst hatte, dass sie in ihr schlummerte.
„Alex …“
Er fing ihre Hand auf halbem Weg ein und hielt sie warm und fest in seiner. Ihr Herz wurde ganz weit. Wie gern hätte Allegra ihren Gefühlen freien Lauf gelassen, aber das würde sie beide erneut verletzen. „Ich weiß nicht, wie viel ich von mir geben kann, nur um schließlich doch abgewiesen zu werden“, bekannte sie ehrlich.
Nach einer kurzen Pause nickte Alex und bedeutete ihr damit, dass er sie verstand.
„In der Öffentlichkeit müssen wir natürlich verliebt tun …“ Ihre Stimme versagte. „Wir … wir teilen sogar ein Bett, und gleichzeitig beschließen deine Familie und das Volk von Santina vielleicht in exakt diesem Moment das Ende unserer Beziehung. Oder es ist schon längst eine beschlossene Sache.“ Sanft entzog sie ihm ihre Hand und beugte sich vor, um an die Morgenzeitungen zu kommen, die in der mittleren Etage des Servierwagens lagen. Allegra nahm sich die oberste, lehnte sich in die Kissen zurück und wappnete sich innerlich gegen das, was sie gleich sehen und lesen würde.
Alex folgte ihrem Beispiel, klemmte sich den restlichen Zeitungsstapel unter den Arm und kehrte auf seine Bettseite zurück.
Sprachlos starrte Allegra auf die riesige Schlagzeile, die ihr entgegenschrie: Bravo Allegra!
Wird die Prinzessin der Herzen den „Verlorenen Kronprinzen“ zurück nach Santina bringen? las Alex, kniff die Brauen zusammen und griff nach dem nächsten Blatt. Die Schlagzeilen waren absolut schockierend, und zwar ausnahmslos! Aber in einem völlig anderen Sinn, als er es erwartet hätte.
„Was heißt Bella Sposa ?“, wollte Allegra wissen.
„Hübsche Braut“, antwortete er mechanisch und räusperte sich, um den Kloß in seinem Hals loszuwerden. „Hier steht, dass die Bevölkerung von Santina unsere Hochzeit kaum erwarten kann. Offensichtlich lieben dich die Menschen und halten dich für die Antwort auf die Probleme, die sie mit der Monarchie haben. Die frische Brise, auf die das Volk seit Langem gewartet hat.“ Er schluckte. „Mir war gar nicht bewusst, dass Santinas Bevölkerung so unglücklich und unzufrieden ist. Hör mal: Wahrscheinlich ist diese Hochzeit genau das, was Santina braucht “, las er laut vor.
Dann knüllte er die Zeitung in der Faust zusammen. Für Allegra fühlte es sich so an, als wäre es ihr Herz, denn seine Reaktion sagte ihr mehr als deutlich, was er selbst von der Idee hielt.
„Maledizione!“ Mit grimmigem Blick musterte der Kronprinz von Santina seine falsche Braut. Die Frau, die ständig über Gefühle redete! Die ihm klipp und klar eröffnet hatte, dass sie nicht hinter Palastmauern eingeschlossen leben könnte und dass sie an Treue glaubte. Dabei hatte sie nicht die leiseste Ahnung, wie ihr Leben als Königin von Santina tatsächlich aussehen würde.
Alex fluchte erneut, schwang die Beine aus dem Bett und begann, wie ein gereizter Tiger im Käfig auf und ab zu laufen. Nicht nur, dass er mit seinem Egoismus Allegra in eine unmögliche Situation gebracht hatte, er betrog auch noch die Menschen in Santina. „So war das nicht geplant!“
„Nein“, bestätigte Allegra. Ihre Stimme klirrte wie sprödes Glas. „Es war alles nur als Theaterstück gedacht, mit dem Ziel, dich aus der Verantwortung zu schleichen und dir mehr Zeit für deine privaten Belange zu verschaffen, nicht wahr? Eine Scharade, die auf wenige Wochen befristet sein sollte und schon viel zu lange dauert.“
„Ich werde dem Ganzen ein Ende bereiten!“, versprach Alex heiser. „Gleich heute Morgen.“
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