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Kronhardt

Titel: Kronhardt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralph Dohrmann
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roch ihr Parfüm.
    Doris wohnte im Studentenheim. Auf ihrer kleinen Bude kifften sie und tranken Wodka.
    Später erfüllte er wie von selbst ihre Forderungen; er fand es unglaublich, wie sich ihr biederes Fleisch in gierige Härte verwandelte.
    Sie blieben nackt. Hörten die neueste Scheibe von den Mothers, tranken, kifften, und während Willem schließlich dalag, sein Leib schwer eingesunken in alles Irdische, während sich hinter seinen Augen rauschhaft Raum um Raum eröffnete, sagte Doris: Dieser Feldwebelmord. Schlimme Sache.
    Ihre Worte zerstreuten hinter seinen Augen.
    Und dieses arme Mädchen. Gisela, nichtwahr?
    Willem sagte nichts.
    Du warst doch auch auf dem Alten Gymnasium.
    Willem hielt die Augen geschlossen und hörte Zappas Gitarre.
    Doris rollte noch einen Joint.
    Willem war bedient, und so rauchte sie alleine. Anscheinend wirkte das Haschisch bei ihr anders, und mit jedem Zug schien sie wacher und beweglicher zu werden. Dann spürte er ihre Zunge, bald sein Glied, und aus ihrer Biederkeit schlüpften Gier und Härte. Ihre Stimme klang jetzt rauh und verführerisch. Ob Willem denn gar nichts wisse? Was Gisela denn jetzt mache und wer ihre Freunde seien? Und Willem riß sich zusammen und bündelte all die Räume hinter seinen Augen auf die Frau neben ihm. Er verschloß ihr graumäusiges Fleisch, und dann verwandelte er sein Versagen vor der entscheidenden Metabolie.
    Die Tage überlegte er, wie er Doris einschätzen sollte. In ihrer Erscheinung blieb sie bieder, doch wenn sie nackt war, kamen ihre anderen Eigenschaften hervor. Zudem kannte sie sich aus im APO -Jargon, sie sprach vom Wassermannzeitalter, sie hatte Erfahrungen gemacht in Gruppenmeditation, und sie schien vor allem Mitgefühl für die Tragödie rund um Gisela zu entwickeln. Willem war unsicher, ob sie möglicherweise etwas mit dieser Gesine Albany zu tun hatte, und er fühlte sich nicht in der Lage, etwas über ihren Hintergrund aufzudecken. Er wollte nichts riskieren, er wollte sie nicht verletzen, und er sah zu, diese Affäre anständig zu beenden.
    Die Kombination aus Stickerei und Betriebswirtschaft sei ausgemachte Sache gewesen. Das habe Willem von Anfang an gewußt – meine Güte, was gibts da jetzt zu lamentieren.
    So saßen sie in dem Restaurant an der Kugelbake, und als der Ober das Geschirr abgetragen hatte, orderte Kronhardt eine Runde Weinbrand. Die Alten hoben die Schwenker, sie brachten einen Toast auf Willems Zukunft, und dann überreichten sie ihm den Schlüssel. Er konnte es nicht glauben. Was für eine gestelzte Feierlichkeit; und dabei waren sie fest davon überzeugt, daß er sich den Volkswagen schließlich verdienen, daß er ihre Investitionen schließlich mit Vernunft und Dankbarkeit amortisieren würde.
    Willem schluckte das Glas leer und sah hinaus auf die See. Auf den Wellenbergen hüpfte letztes Tageslicht, aus den Tälern griff die Dunkelheit.
    Und die Alten waren noch nicht am Ende. Sie lächelten und drückten einander die Hand. Jawohl, Willem sei jetzt in dem Alter für eine Junggesellenwohnung. Und sie planten, das kleine Dachgeschoß auszubauen und ihm ihre alte Wohnzimmergarnitur zu überlassen. Nichtwahr, das sei doch mehr als genug, ihm die Flausen von dieser Naturwissenschaft auszutreiben.
    In ihrer Nähe war die Gegenwart immer eng; ein miefiger Spalt, durch den Zukunft und unverbrauchte Möglichkeiten nur mühsam tröpfelten, um gleich darauf in eingefleischter Vergangenheit zu versickern. Willem hielt das leere Glas, und hinter dem Fenster stand jetzt dunkle See.
    In wenigen Wochen wurde das Dachgeschoß zur Junggesellenbude. Im gleichen Zug wurde die Produktion ausgebessert und um einen rückwärtigen Verschlag vergrößert; obendrein setzte Kronhardt seinen langgehegten Wunsch nach einer Kellerbar durch.
    Nach dem Umbau gab es Anlaß einzuladen. Und natürlich war es ausgemachte Sache, daß Willem sich um seine Altersgenossen kümmerte – schließlich lebte man nicht hinterm Mond und mußte den jungen Leuten Gelegenheiten bieten. Und Willem kümmerte sich. Er setzte auf das Zuvorkommen des Gastgebers, mischte sich ein und wirkte arglos, wenn er die Kaufmannstöchter berührte. Engstirnige Dinger im Grunde, doch einige hatten dralle Körper oder waren einfach nur hübsch, und es amüsierte ihn, wenn er hinter ihrer lächelnden Etikette den Widerwillen

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