Kronhardt
hergab. Vom Kaminzimmer kam man direkt in einen Stall, in dem ihr Lieblingspferd stand. Es hieà Dädalos, und Karin lieà die Tür zum Stall gerne auf; sie mochte es, wenn der Geruch von dort einströmte, wenn Dädalos schnaubte und der Widerschein der Flammen dazu über Willems Haut tänzelte.
Willem fand es interessant, mit welcher Leidenschaft sich Menschen in verschiedenste Richtungen neigen konnten. Ein weites Feld, sagte er, und seine eigene Neigung nannte er gezügelt. Keine Fetische, einfach gemeinsame Erfüllung. Und Karin hatte nichts dagegen. Er brachte ihre Bauchdecke zum Flimmern, er wuÃte, wo er wunderbares Tremolo anschlagen konnte und wo Weichheit sich in Schwellung verwandeln lieÃ. Manchmal legte er es darauf an, daà ihr die Augäpfel in die Stirn wegrollten, und Willem konnte auch im nächsten Semester den Veranstaltungsplan mühelos frisieren. Und wenn Kronhardt der hohe Kilometerstand auffiel, hob Willem nur die Schultern. Kaum einer seiner Studiengenossen könne sich ein Auto leisten. Noch dazu ein Werksmodell. Und oft genug gebe er ihrem Drängen auf eine Spritztour nach und präsentiere Technik und Komfort. Und es sei kaum zu glauben, wie gerade die jungen Frauen heutzutage sich dafür begeistern könnten.
Und so lenkte er bis in den Herbst auf vertrauten Wegen ins Rotenburgische. An den Wümmewiesen vorbei, am Teufelsmoor, dann einen Geestrücken hinauf, und der Buchenwald drängte bis gegen die LandstraÃe. Ihr Gehöft lag abseits. Der Weg dorthin führte vorbei an ausgedehnten Koppeln, und gegen den Horizont standen wieder Buchen.
Karin beendete die Beziehung zu Willem im nebeligen November. Sie wollte es schonend angehen, doch sie konnte ihre Enttäuschung nicht recht verbergen. Willem â sie sagte Herr Przewalski â lasse sich von Pferdestärken chauffieren und bekomme dennoch Ringe unter den Augen und erscheine ausgemergelt. Dabei habe sie gerade ihm diese Urkraft zugetraut, die sie in sich selber verspüre. Als die Männer noch Wildpferde zähmten und die Frauen gerade das wollten.
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Sie saÃen bei Macciavelli. Der kleine Italiener war den Jungs gegenüber aufgeschlossen; rings die Rebellionen gegen die Alten schienen ihn zu faszinieren. Er erzählte, daà er unlängst auf Besuch in Rom gewesen sei bei einem Vetter, der bei den Kommunisten mitmarschiere, und ein paarmal sei er auch schon mit dem Zug durch Paris gefahren und habe einiges gesehen. Den Jungs gefiel es, wie er sprach; sie mochten seinen Tonfall, seine anders geformten Sätze und seine Fähigkeit, fehlenden Wortschatz auf eine Art zu umschreiben, die stets neue Blickwinkel bot. Zudem hatte er Humor und war dabei nicht aufdringlich. So saÃen sie und tranken Espresso, den Macciavellis schöne Frau in einer italienischen Maschine bereitete.
Vor dem Eiscafé blieben zwei Frauen mit ihren Pudeln stehen, und die Tiere beschnupperten einander; dahinter, auf einem von Linden umstellten Platz, saÃen ein paar Hippies. Einer von ihnen spielte auf einer Wandergitarre. Willem beobachtete, wie Macciavellis Frau die groÃe Espressomaschine bediente. Wenn sie den Hebel an der Seite herunterzog, konnte er ihr Achselhaar sehen. Schlosser rollte eine Zigarette; er holte den Benziner vor, und bald wurde der Rauch von den Sonnenstrahlen erfaÃt, die steil durchs Fenster stieÃen. Dann erzählte er von Gisela.
Seit ein Freund sie mit nach Berlin genommen hatte, war sie nicht wieder zurückgekehrt. Sie hatte sich auf eine Liste der Freien Universität gesetzt und war in eine Kommune gezogen. Schlosser war bereits mehrmals dortgewesen, und bald wollte er seinen Wohnsitz nach Berlin verlegen. Sie hatten eine alte Fabrikhalle in einem Hinterhof; ein groÃer Raum mit Eisenträgern, ein paar Flaschenzüge hingen noch, ein paar Werkbänke standen noch, und ständig kamen und gingen irgendwelche Leute. Und abends lief meistens eine Party. Aus der Halle kam man über eine Galerie in den ehemaligen Verwaltungstrakt, und dort lebte die Kommune. Es gab ein schwarz angeschlossenes Telefon, von dem nur wenige wuÃten, und dreimal in der Woche rief Gisela bei der Kaffeewitwe in Bremen an. Mittlerweile war Gisela als Studentin eingeschrieben, doch Schlosser glaubte nicht, daà sie ihre Vorlesungen und Seminare regelmäÃig besuchte. Aus der Kommune heraus kämpfte sie weiterhin für die Sache, das neue Umfeld und die
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