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Kronhardt

Titel: Kronhardt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralph Dohrmann
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verschwitztes Haar. Willem plauderte mit ihm, dann öffnete Helene die Tür. Sie lächelte Willem an und errötete. Wenn Schlosser in Berlin sei, sagte er zu den Zwillingen, könnten sie jederzeit zu ihm kommen. Warum immer, er sei für sie da.
    Ihr habts gehört, sagte Schlosser. Er hatte ein Zimmer über der Garage und kam von der Seite. Er nahm erst seine Geschwister, dann Willem in den Arm.
    Im Käfer sackte er in den Sitz. Willem zog aus der Einfahrt, im Radio fand er Barockmusik. Schlosser blickte geradeaus durch die Windschutzscheibe. Willem sah, daß es ein Blick war mit einem schönen und kräftigen Gefühl dahinter. Er drehte die Musik lauter, auf der Brill-Kreuzung stießen die Gerüche der Kaffeeröster und Bierbrauer in den Käfer, und der Motor bullerte sonor. Sie fuhren die ausgeschlagene Strecke am Hafenrand; an der Werft vorbei, am Überseehafen und der Getreidemühle. Hinter der Stahlhütte nahmen sie die alte Bogenbrücke über die Lesum, sie sahen die Endmoräne und den Geestrücken und zogen nordwärts. Über Rönnebeck hinaus, und kurz vorm Niedersächsischen bogen sie Richtung Bunker; bald rollten sie in seinem Schatten, bald wurde noch das Bullern des Motors in die mächtige Stille gesaugt. Danach zogen sie unterm Deich dahin bis zur Wurt.
    Die verwitterte Kate war ein vertrauter Ort, sie fühlten sich wohl dort, und als sie sich gegen eine Mauer setzten, hatten sie die absteigende Sonne im Gesicht. Die Luft war warm, über ihnen trieb leichter Wind. Schlosser holte seinen Beutel hervor, dann gab er etwas von seinem Hanf in den Tabak. So saßen sie. Schwiegen und lauschten in die Welt. Manchmal wogten die hohen Gräser, vor einer vom Sturm geknickten Weide stand ein Graureiher. Und als die Sonne hinter der Deichkrone versank, zerfloß die Welt bis zur Kate hin in tiefem Rot.
    Sie hatten Brathering dabei und Brot, und sie sprachen mit vollem Mund. Schlosser sagte, daß er sich einfach nicht als Kommunarde fühle, und Willem konnte das nachempfinden. Ständig irgendwelche Typen um einen herum, meinte er, die das Anderssein zum Dogma machten, die noch Seele und Sex politisieren konnten, und sie beschlossen, für Schlosser eine erschwingliche Bude in Berlin aufzutreiben. Danach machten sie weitere Pläne. Willem wäre jederzeit für die Geschwister da, Blask und die Kaffeewitwe hätten sie auch auf ihrer Seite. Schlosser wollte den Schrotthändler nach einem Gepäckträger für den Käfer fragen und die Tage dann seine Sachen packen. Er wollte nur so viel mit nach Berlin nehmen, wie eine Käferfuhre hergab. Der Abendstern pulsierte über dem Deich, und neben dem Weidenholz rief ein Frosch. Vielleicht auch ein Nachtreiher, und Schlosser gab noch eine Prise Hanf in den Knaster.
    Auch in Berlin gebe es gute Orte, meinte er, der Kreuzberg vielleicht, und ein ruhiges Plätzchen am Wasser sowieso. Sein Teleskop nehme er mit.
    Dann spekulierten sie darüber, wie es sein könnte, wenn auch Willem nach Berlin käme und dort seine Naturwissenschaften anginge. Wie sie gemeinsam schöne Orte aufspüren und, warum nicht: gemeinsam sogar eine richtige Wohnung teilen würden, jeder mit einem großen Zimmer für sich. Von der Weide her quakte es oder quokte, der Wind war gefallen und strich leise durch die Gräser. Über ihnen öffnete sich bald der dunkle Raum; sie sahen weiße Zwerge und blaue Riesen. Sie sprachen davon, wie kleinste Veränderungen in den Anfangsbedingungen stets etwas anderes hervorbrachten und wie sie selber die Welt stets als jemand beschrieben, der von der Welt bereits beschrieben worden war. So saßen sie auf der Wurt.
    Der Gepäckträger wurde auf die Motorhaube des Käfers montiert, und der Schrotthändler hatte noch einen Extrabügel angeschweißt und legte eine Persenning plus Laschgurte obendrauf. Sie bauten die Rückbank aus, und Schlosser freute sich über jeden gewonnenen Stauraum. Doch als sie vor der Villa standen und einluden, mußte er einsehen, daß er sich zuviel Hoffnung gemacht hatte. Trotz der Aufrüstungen blieb es eine schmale Fuhre, und so beschränkte er sich und war zuletzt glücklich darüber, noch ein paar unverhoffte Dinge mit nach Berlin zu nehmen.
    Willem hatte die Fahrt gegen die Mutter hart ausgehandelt und sie zuletzt in der Überzeugung gelassen, er werde die Betriebswirtschaft auch nach Erreichen seiner

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