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Kronhardt

Titel: Kronhardt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralph Dohrmann
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Hamburg nehmen würde, wenn das Symposium in Uelzen stattfände. Dann zündete sie die Zigarette an, sagte, um siebzehn Uhr werde sie ihren Vortrag halten, schnappte ihre Tasche und verschwand.
    Die Jungs grinsten, ohne etwas zu sagen.
    Später brachte Schlosser Willem zum Käfer.
    Er hatte von Gisela keinen Auftrag bekommen, Willem zu grüßen. Sie hielt seinen Einfluß mittlerweile für schädlich und glaubte, daß er Schlosser davon abgebracht hatte, in die Kommune zu ziehen. Willem sagte, Schlosser solle sie umarmen und ihr einen Kuß von ihm geben. Kann ich machen, sagte Schlosser. Aber helfen werde es nicht, und er selber freue sich wie ein Stint auf seine eigene Bude. Und auch Willem, sagte er, werde dort jederzeit eine Basis haben.
    Zur Abfahrt hupte Willem, und eine Zeitlang sah er Schlosser noch im Rückspiegel. Sein Freund stand da, blickte dem Käfer hinterher und wurde immer kleiner.

23
    Als er ins Teufelsmoor einzog, drangen aus Westen rosafarbene Schäfchenwolken vor, und als er den Käfer bei der Maschinenstickerei parkte, erschien der Himmel fliederfarben. Aus den Vorgärten zirpten Grillen, Mauersegler zogen kreischend um die Häuserecken. Willem schulterte die Tasche und ging den schmalen Weg abwärts. Der Park war bereits heruntergefahren, und Hultschinek deckte die Maschinen ab. Willem grüßte und ging dem Stickmeister zur Hand. Er erkundigte sich nach seiner Frau, und weil er wußte, daß Hultschinek gerne davon erzählte, fragte er nach der Zucht – den Deutschen Widdern, den Rex- und Russenkaninchen. Willem schnappte gerne etwas auf, und manchmal sah er in der Bibliothek genauer nach. Er erzählte Hultschinek von der Zonengrenze, vom Transit und wünschte einen schönen Feierabend.
    Dann ging er durch die Feuertür mit der roten Fraktur seines Großvaters, nahm die Wendeltreppe, und es schien, als warteten die Alten bereits auf ihn. Die Tür zu ihrem Arbeitszimmer stand offen, die Mutter saß in ihrer Hälfte, Kronhardt in seiner. Beide hinterm Schreibtisch, die Registraturen an der Wand. Das wird aber auch Zeit, sagte die Mutter, und Kronhardt begann zu husten. Trotz der milden Temperaturen trug er Hausjacke und Schal. Dann schneuzte er sich. Eigentlich gehört er ins Bett, sagte die Mutter.
    Willem klopfte einmal gegen den Türrahmen und stieg hoch in seine Junggesellenbude. Hinter sich hörte er die Entrüstung.
    Aus dem Bett hatte er Blick durch ein Dachfenster. Er konnte Wega und Deneb sehen und später die Nördliche Krone. Doch er hatte Schwierigkeiten einzuschlafen, und es gelang ihm nicht, diesen Raum in sich zu entwickeln, der ohne Anfang war und ohne Ende. Er lag anders in seinem Bett als auf der Pritsche.
    Die Mutter weckte ihn. Ihr Klopfen war energisch, dann öffnete sie die Tür und rief durch den Spalt, daß Kronhardt Fieber habe. Willem müsse zum Bahnhof und einen Kunden abholen.
    Es war kein Einstieg wie in die Tage zuletzt; von Anfang an lief er den Dingen hinterher und hatte keine Zeit, die Eindrücke aus Berlin einfach weiterschwingen zu lassen. Er ließ dem Kaffee nicht genügend Zeit, und Bauernbrot und Heidehonig, die er sich von unterwegs mitgebracht hatte, aß er viel zu schnell. Die Mutter erwartete ihn bereits, Kronhardt saß mit einem Handtuch über heißen Dämpfen. Willem solle den neuen Mercedes nehmen, der Kunde würde an der Nordseite warten. Ein kleiner Mann mit Hut, Goldrandbrille und Stock. Er werde sicher einen Anzug tragen und zwei kleine Koffer bei sich haben. Der Mann heiße Steiner, und die Mutter gab Willem einen der teuren Geschäftsumschläge mit. Es stand nichts drauf, und der Umschlag war zugeklebt. Willem nahm die Autoschlüssel, und Kronhardt mahnte unter dem Handtuch heraus, vorsichtig zu fahren.
    Als Willem die Nordseite erreichte, war Steiners Zug bereits eingefahren. Willem machte den kleinen Mann auf Anhieb aus. Er stand steif, nur der Stock tanzte auf dem Pflaster. Willem stellte sich vor, und Steiner hörte ihn an. Dabei blieb er in steifer Haltung, und Willem sah, daß der Blick des kleinen Mannes hart und durchdringend war. Wenn ich auf jede Geschichte in ein fremdes Auto gestiegen wäre, nichtwahr, dann stünde ich nicht hier. Er handhabte seinen Stock elegant wie ein Florett und zielte mit der Spitze auf Willems Brust. Hat Ihnen Ihre Mutter nichts mitgegeben?
    Willem schob den Stock beiseite, dann holte er den

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