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Kronhardt

Titel: Kronhardt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralph Dohrmann
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Verhandlungen nicht immer so glatt verliefen. Er überlegte sogar, ob die Mutter und der Brauereidirektor womöglich konspirierten, um seine Tauglichkeit zu prüfen, doch im Grunde war es ihm egal. Er hatte einen Abschluß verhandelt und keine Zeit verschwendet. Und so verabschiedete er sich und fuhr aus der Brauerei direkt zurück auf die andere Weserseite; nahm den Osterdeich und bog bald nach links in die alten großbürgerlichen Seitenstraßen. Er stieß durch den Bogen in der Ligusterhecke und rollte auf den Vorplatz. Auf sein Läuten öffnete die Kaffeewitwe. Sie freute sich, ihn zu sehen, und bat ihn hinein. Die Zwillinge seien nicht da, aber es gehe ihnen sehr gut. Sie hätten Freunde gefunden, brächten gute Noten nach Hause und fühlten sich wohl bei ihr. Dann erzählte Willem von Berlin, und er war selber überrascht, wieviel aus ihm herauskam. Die Witwe hörte interessiert zu; sie fragte, griff Dinge auf, und Willem spürte, wie es ihm guttat, über Berlin zu sprechen. Er nahm den Kaffee, den sie ihm anbot, er nahm das Gebäck und fühlte sich seit seiner Rückkehr zum erstenmal entspannt. Er saß noch bei ihr, als die Zwillinge zurückkehrten. Hannes ließ sich von ihm umarmen, und Helene errötete, als er ihr die Hand drückte. Ihr Umgang mit der Witwe wirkte vertraut, sie schienen eine Basis mit ihr zu haben.
    Helene freute sich, daß er auch zum Abendessen blieb, und sie half der Witwe bei der Vorbereitung. Willem plauderte mit Hannes, und beim Essen erzählte er den Geschwistern von Berlin. Danach schlug Helene vor, bei Schlosser anzurufen. Sie sprach eine Weile, schickte einen Kuß durch die Leitung und übergab den Hörer an Willem.
    Schlosser steckte in schweren Zeiten. So etwas wie Harmonie gestalte sich mit Gisela immer schwieriger; er wisse nicht, ob sie wegen des Vatermordes unter einem psychischen Trauma leide oder ob er zuwenig entgegenkommend sei. Sie schliefen beide wenig, und wenn sie wach seien – na, Willem wisse schon. Er stehe ziemlich neben sich und habe keine Ahnung, welche Schlüsse die richtigen seien. Zum Wochenende könne er endlich seine eigene Bude beziehen, und er hoffe, danach etwas Klarheit zu gewinnen. Zumal ja das Studium auch beginne.
    Zu Hause machte die Mutter ihm Vorhaltungen. Sein unentschuldigtes Fernbleiben sei mit den Abläufen in ihrem Geschäft unvereinbar. Doch Willem hob bloß die Schultern. Was sie denn glaubten, sagte er. Das neue Semester beginne bald, und irgendwann müsse er schließlich Prioritäten setzen. Kronhardt verfiel in Husten und schneuzte sich. Doch die Mutter schien mit der Antwort zufrieden. Sie wechselte das Thema und fragte nach der Verhandlung mit dem Brauereidirektor. Willem hielt sich kurz, und weil die Mutter nur wenig hinterfragte, meinte er bald, sie wisse schon Bescheid. Als er auf seine Bude gehen wollte, sagte die Mutter, daß Kronhardt ab morgen wieder im Einsatz sei. Und daß sie Informationen darüber habe, daß ein alteingesessenes Bremer Geschäft kurz vor der Aufgabe stehe. Focke, sagte sie, Stoffe und Tuchwaren. Sie habe die Absicht, einige lohnende Partien aus den Restbeständen zu erstehen, und sie beauftragte Willem damit, sich in die Materie einzuarbeiten – Gebrauch, Qualität, Preise, und wenn es soweit sei, solle er die Verhandlungen zu den Aufkäufen führen.
    So ging er hoch auf seine Bude. Legte die kleine Moll-Symphonie von Mozart auf, vergaß die alltäglichen Endlosschleifen und war sicher, daß er mit Semesterbeginn die Zeit finden würde, Berlin in sich weiterschwingen zu lassen. Hin zur entscheidenden Metabolie.

24
    Die Automaten kamen aus Amerika und wurden an der Hochschule aufgestellt. Die meiste Zeit brannte das Gestört-Lämpchen, trotzdem gab es ständig Schlangen. Willem sah einen seiner Professoren winken. Kommen Sie, Kronhardt, ich lade Sie ein. Und wie ein Kind schob er die Münzen in den Schlitz.
    Bißchen Zucker dazu, Milch?
    Warum nicht.
    Der Professor drückte die Tastenkombination, sah die Plastikbecher rausflutschen und beobachtete den Strahl. Dann verglich er beide Becher und stellte fest, daß sie annähernd gleich gefüllt waren.
    Was, Kronhardt! Eine Pest, dieses Instantzeugs.
    Und doch verplempern täglich Millionen Zeit und Energie vor diesen Automaten.
    Da sagen Sie was. Im Grunde müßte man eine Abhandlung über dieses Phänomen

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